Die oben aufgeführten Zahlen sind seit 2008 rückläufig, was auf die Auslagerung von Produktionsstätten zurückzuführen ist. Das weiss auch der Branchenverband SwissMEM. Er zeigt auf seiner Homepage, dass dieses Thema in der Branche angekommen ist. Aber ist das wirklich so? Es gibt gute Beispiele dafür:
Avesco frischt Motoren oder Komponenten auf und verkauft sie als Re-Manufactured-Ersatzteile mit derselben Garantie wie Neuteile zu 40–60 Prozent des Preises fabrikneuer Ersatzteile. Um die gebrauchten Teile zurückzuerhalten, sind die Kernkomponenten von verkauften Maschinen indirekt mit einem Pfand belegt. Günstige Re-Manufactured-Ersatzteile können nur im Austausch gegen gebrauchte Komponenten gekauft werden.
Allerdings belegt das noch keinesfalls einen ökologischen Nutzen. Dazu müsste erst geprüft werden, wie gross die Einsparungen bei Emissionen und Kraftstoff neuer Motoren sind. Hier fehlen aber noch belastbare Daten.
Dagegen sind moderne Kompaktleistungsschalter nicht mehr wartbar. Eine Reinigung der Kontakte ist nicht mehr möglich. Das ist ein Rückschritt in der Reparierbarkeit. Begründet wird dies mit den tiefen Marktpreisen, die eine Reparatur wirtschaftlich uninteressant machen.
Oft werden Produkte als rezyklierbar oder gar kompostierbar angepriesen. Das bedeutet aber nicht, dass sie auch tatsächlich wiederverwertet oder kompostiert werden. Aussagekräftiger ist die Angabe, wie viel Anteil an Recyclingmaterial bei einem Produkt verarbeitet wurde.
Nicht immer ist die Wiederverwertung ökologisch besser. Zum Beispiel schneidet in der Strassensanierung das Asphaltgranulat in der Verwendung als Kaltmischfundation AFK insgesamt schlechter ab als neuer Betonasphalt AC T. Gemäss einer EMPA-Studie fallen an Ausbruchasphalt aber 3 Millionen Tonnen jährlich an. Mindestens im Kanton Zürich wurde hier ein Kompromiss gefunden, indem Neuasphalt höhere Mengen an Recyclingmaterial beigemischt wird, als in der Norm vorgesehen (Nachhaltig Bauen, ZUP Nr. 99 April 2021, Nachhaltiges Recycling von Strassenasphalt). Solche Beispiele von divergierenden Umweltkriterien werden uns auch in der Haustechnik in Zukunft noch oft begegnen. Es braucht in Zukunft belastbare Daten, aus denen neutral gute Lösungen abgeleitet werden. Recycling ist längst ein rentables Geschäft mit handfesten Interessen.
Generelle Aufarbeitung
Der Bauherr soll die Stoff- und Materialflüsse nicht nur bezüglich des Recyclings, sondern auch bezüglich Wiederverwendbarkeit von ganzen Bauteilen ergänzen. Die Trennbarkeit von Materialen soll in Konstruktionsvorgaben Niederschlag finden. Die spätere Umnutzung muss in der konzeptionellen Architektur erkennbar sein usw.
Architekturwettbewerbe, Generalplaner-Ausschreibungen
In Architekturwettbewerben und Generalplaner-Ausschreibungen sollten messbare Vorgaben eingebaut werden. Die Bewertungskriterien für Planer müssen erarbeitet werden. Denn wenn die Planer keine Motivation in der Kreislaufwirtschaft finden, bleibt das Vorhaben ein Papiertiger. Bei der Ausschreibung ist es zielführend, wenn die Planer bei der Bewerbung ein Konzept abgeben müssen, das überzeugt und messbar ist. Ein Projekt soll die Materialkreisläufe, die Stoffverwertung und Umnutzungsflexibilität messbar und inhärent enthalten. Das sollte als Zuschlagskriterium bewertet werden. Das wiederum setzt eine schlüssige Bewertung voraus. Genau diese schlüssige Bewertung wird sinnvollerweise generell-abstrakt für alle Projekte und individuell-konkret vor jeder Ausschreibung ermittelt.
Anspruch an die Konzepte
Die Erschliessung soll für verschiedene denkbare Nutzungen möglich sein. Die spätere Umnutzung eines Gebäudes wird gleich mitgeplant. Das lohnt sich aus zwei Gründen: Zum einen, weil der funktionale Wert des Gebäudes damit steigt und zum anderen, da der politische Druck wächst, die Deponien nicht weiter anwachsen zu lassen.
Ausschreibungen
Die ausführenden Arbeiten sollen so spezifiziert werden, damit die ökologisch gewichtigen Kriterien einer Arbeitsgattung beurteilt werden können. Dazu hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) die Relevanz für verschiedene Warengruppen insbesondere für das öffentliche Beschaffungswesen erarbeitet. Denn nicht alle Kriterien sind für jede Warengruppe gleich wichtig. Für die Elektrotechnik sind die folgenden Kategorien relevant:
Informatik und Telekommunikationsmittel inkl. Wartung und Reparatur
Elektrische Haushaltsgeräte inkl. Wartung und Reparatur (was u. a. auch die gewerbliche Beleuchtung einschliesst)
Güternahe Dienstleistungen ❭
Die Abbildung 1 zeigt einen Ausschnitt der Relevanzmatrix «Informatik und Telekommunikationsmittel». Hier können auch elektronische Steuerungen und Komponenten der Gebäudesystemtechnik, aber auch der Schutztechnik subsumiert werden. Die Beschaffungskategorien wurden in der Übersichtstabelle bezüglich ihrer Relevanz auf die ausgewählten Kriterien beurteilt. Die Grafik in der Abb. 2 zeigt nun die Kriterien mittlerer und hoher Relevanz in der Prozesskette: Rohstoffgewinnung, Herstellung, Transport, Betrieb und Entsorgung/Recycling. Daraus lassen sich die Ursachen und die Handlungsmöglichkeiten ableiten.
Teilbarkeit
Bauteile wie Bürostühle, Schaltschränke, Klimageräte, Beleuchtungskörper etc. enthalten Komponenten, die technologisch eine unterschiedlich lange Lebensdauer haben, Modetrends unterworfen sind, aber auch unterschiedlich starken Abnutzungen ausgesetzt sind. Diese Materialien und Komponenten sollten so zusammengebaut sein, damit sie trennbar sind und so der kleinstmögliche nicht verwertbare Abfall entsteht.
Beispiel 1: Ein Schaltschrank enthält Speicherprogrammierbare Steuerungen, die technologisch in etwa 10 bis 15-Jahreszyklen veralten. Die gesamten Schaltschränke werden in etwa alle 15 Jahre ersetzt. Dabei ist der Stahl- oder Aluminiumschrank noch intakt, aber die Ausschnitte am falschen Ort. Das kann mit einem geschickten Design verhindert werden.
Beispiel 2: Eine Leuchte enthält neben dem Gehäuse ein Betriebsgerät, Verdrahtung und ein Leuchtmittel, das üblicherweise aus LEDs unterschiedlicher Technologien besteht. Oft werden Leuchten mit fest verbauten Leuchtmitteln verwendet. Die Leuchtmittel haben zwar eine weitaus grössere Lebensdauer. Da oft sehr viele solcher LEDs in den Leuchtmitteln verbaut werden, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass nach einigen Jahren einzelne Leuchtpunkte ausfallen und dann ein lausiges Bild abgeben. Aus der Sicht der Nachhaltigkeit müsste die Konstruktion einfachen Leuchtmittelersatz gewährleisten.
Ein Konzept, das der Kreislaufwirtschaft gerecht wird, macht den Ersatz der Komponenten derart einfach, dass es sich lohnt, die Komponenten und nicht das Gesamtsystem zu ersetzen.
Modulare Schaltanlagenkonzepte, mit denen es möglich wird, Anlagenteile mit unterschiedlichen Nutzungsdauern separat zu ersetzen, ohne dass die ganze Schaltanlage abgebrochen werden muss. USV-Anlagen sollen so konstruiert sein, dass das Rack über mehrere USV-Generationen nutzbar bleibt.
Nutzen statt besitzen
Wenn die Produkte nicht verkauft, sondern nur in Form einer Miete oder eines Leasings zur Nutzung den Kunden zur Verfügung gestellt werden, liegt das Interesse an einem reparierfähigen, erneuerbaren langlebigen System beim Anbieter. Er hat es dann in der Hand, die Produkte so zu gestalten, dass sie modular ausgetauscht und repariert werden können. Am Ende der Nutzungsdauer hat er leicht zerlegbare Rohstoffe, die er wieder aufbereiten kann. Die Firma Signity (früher Philips Lighting) bietet Licht als Dienstleistung an. Der Kunde bestimmt die Anforderungen an das Licht und die Firma entwickelt darauf passende Beleuchtungslösungen. Danach realisiert, betreibt, wartet und repariert Signity das System. Das beinhaltet auch die Stromkosten.
Vielleicht werden dereinst auch Elektroinstallationen, Schaltanlagen, USV-Anlagen und Trafos vermietet. Die Kreislaufwirtschaft bringt also nicht nur ökologische Vorteile, sondern ist auch eine Chance für gute Geschäfte. ■
Autor
* Markus Gehrig, MG Power Engineering AG,Dozent an der HF und Lehrbeauftragter an der HSLU, Tech-Blog: power-affairs.ch
Text Markus Gehrig*
Bilder BAFU
kompakt
4.38
Gemäss Statistia beträgt die Bruttowertschöpfung für die Herstellung von elektrischen Ausrüstungen in der Schweiz im Jahr 2020 rund 4.38 Milliarden Schweizer Franken.
Kriterien
Umweltkriterien
Klima Das Kriterium «Klima» beinhaltet die Ursachen für den Klimawandel und somit die Menge an Treibhausgasen, die durch Prozesse/Aktivitäten wie z. B. den fossilen Energieverbrauch oder Abholzungen der Wälder emittiert werden.
Boden Zum Kriterium Boden gehören jegliche Prozesse, welche die Bodenqualität verschlechtern. Dazu gehören: Bodendegradation, Erosion, Bodenversalzung, Bodenverdichtung sowie der Eintrag von Schadstoffen wie Pestizide oder Schwermetalle. Zudem wird der Bodenverbrauch in Form von Landnutzung berücksichtigt.
Luft Das Kriterium «Luft» berücksichtigt die Emissionen von Luftschadstoffen, die bei Menschen oder Tieren/Pflanzen die Gesundheit beeinträchtigen oder die Ökosysteme oder Gebäude schädigen.
Biodiversität Das Kriterium Biodiversität wird mit dem Biodiversitätsverlust beurteilt. Dazu gehören Landnutzungsänderungen, die meist in Verbindung mit Lebensraumzerstörung stehen, und weitere schädigende Wirkungen wie beispielsweise Monokulturen oder der Einsatz von Pestiziden.
Wasser Beim Kriterium Wasser werden einerseits der Wasserverbrauch und andererseits die Schadstoffe, die in die Gewässer gelangen können, beurteilt – nebst toxischen Substanzen gehören dazu auch Stoffe, welche die Versauerung und die Überdüngung der Gewässer fördern.
Abiotische Rohstoffe Das Kriterium Ressourcen bezieht sich auf den Abbau von abiotischen, nicht erneuerbaren Ressourcen wie z. B. Mineralien oder Energiequellen.
Die Betriebs-, Unterhalts- und Entsorgungskosten sind wichtig im Vergleich zu den Anschaffungskosten.
Bei der Marktabklärung und der Bedarfsdefinition wird empfohlen, Total Cost of Ownership resp. Lebenszykluskosten zu berücksichtigen.
LCC Anwendbarkeit Einschätzung der Wichtigkeit von Total Coast of Ownership resp. LCC (Life Cycle Costing) aufgrund des Verhältnisses der Betriebs-, Nutzungs- und Entsorgungskosten zu den Anschaffungskosten.
Lebenszykluskosten
Kreislauffähigkeit Bei der Kreislauffähigkeit werden die Wiederverwendungsmöglichkeiten von Produkten und/oder deren Bestandteilen beurteilt. Dabei können Produkte und/oder Bestandteile direkt durch die Weitergabe an «neue» Benutzerinnen oder indirekt durch Recyclingprozesse wiederverwendet werden.
Reparierbarkeit Die Reparierbarkeit bezieht sich auf die Möglichkeit, Produkte zu reparieren, sodass ihre Lebensdauer verlängert wird. Dabei spielen vor allem der Produktaufbau, das Ökodesign und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen eine Rolle. Ausserdem erleichtern benutzerfreundliche Angebote wie z. B. ein Reparaturservice oder Reparaturanleitungen das Durchführen von Reparaturen .
Langlebigkeit Die Langlebigkeit beschreibt die Eigenschaft der Ware, möglichst lange benutzbar zu sein.
Lebenszykluskriterien
Soziale krtiterien
Kinderarbeit Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) definiert die Obergrenze für Kinderarbeit unter normalen Umständen als 15 Jahre (ILO Übereinkommen Nr. 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung). Personen unter 15 Jahren dürfen nur zu Ausbildungszwecken (ab 14 Jahren) oder für leichte Arbeiten (ab 13 Jahren) am Produktionsprozess teilnehmen. Die ausgeführten Tätigkeiten dürfen in keiner Weise ihre Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit beeinträchtigen (ILO Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Massnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit).
Zwangsarbeit Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) definiert die Zwangsarbeit als unfreiwillige Arbeit oder Dienstleistung, die unter Androhung einer Strafe ausgeübt wird (ILO Übereinkommen Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit und ILO Übereinkommen Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit).
Vereinigungsfreiheit Dieses Kriterium bezeichnet das Recht für ArbeitnehmerInnen, Organisationen nach eigener Wahl zu bilden und solchen Organisationen beizutreten (ILO Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes) und das Recht auf Kollektivverhandlungen (ILO Übereinkommen Nr. 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen).
Geschlechtergerechtigkeit Dieses Kriterium bezeichnet jede Unterscheidung, Ausschliessung oder Bevorzugung, die dazu führt, die Gleichheit der Gelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigung oder Beruf aufzuheben oder zu beeinträchtigen (ILO Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf) und die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (ILO Übereinkommen Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte, gleichwertige Arbeit).