In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Planer und Betreiber Frequenzumrichter ausschliesslich nach der Leistung in kW auslegen. Grundsätzlich muss die Auswahl aber aufgrund des jeweiligen Motornennstroms INenn bei höchster Belastung der Anlage erfolgen. Dieses Auswahlkriterium ist sicherer, da sich die Motorleistung nicht auf die elektrische Anschlussleistung, sondern auf die mechanische Wellenleistung bezieht. Der Motorwirkungsgrad bleibt dabei also unberücksichtigt. Die kW-Angabe zu einem Frequenzumrichter dagegen bezieht sich auf die Motornennleistung PNenn von Motoren.
Weiterhin haben Motoren, abhängig vom Motorenhersteller und der Effizienzklasse, für ein und dieselbe Leistungsklasse unterschiedliche Nennströme. Diese reichen beispielsweise für einen 11-kW-Motor von 19,8 bis 22,5 A. Ein Beispiel dazu: Ein 11-kW-Frequenzumrichter der VLT-AQUA-Drive-Serie von Danfoss hat einen Nennstrom von 24 A. Damit steht genügend Stromreserve zur Verfügung, um einen Motor mit einer Leistung von 11 kW anzutreiben.
Der Nennstrom allein ist allerdings nicht ausreichend, um die entsprechende elektrische Anschlussleistung zu erreichen. Hierzu muss der Frequenzumrichter auch eine ausreichend hohe Motorspannung zur Verfügung stellen. Im 400-V-Spannungsnetz sind das volle 400 V bei 50 Hz am Motorklemmbrett. Es gibt heute immer noch Frequenzumrichter auf dem Markt, die dazu nicht in der Lage sind. Wegen des Spannungsabfalls an den Filtern, Drosseln und beim Motorkabel reduziert sich die Ausgangsspannung. Wenn sich die Ausgangsspannung z.B. auf 390 V reduziert, benötigt der Motor einen höheren Strom, um die geforderte Leistung zu erreichen. Da mit dem Strom die Wärmeverluste quadratisch zunehmen, erwärmt sich der Motor stärker, was seine Lebensdauer reduziert. Natürlich muss der Anwender auch den höheren Strombedarf bei der Auslegung berücksichtigen.
Beim VLT-AQUA-Drive von Danfoss sorgt ein spezielles Modulationsverfahren für die volle Motorspannung. Sogar mit bis zu 10 % Unterspannung am Netz werden Motornennspannung und Motornenndrehmoment aufrechterhalten.
Konstantes oder quadratisches Drehmoment
Für die Auswahl des richtigen Frequenzumrichters ist die vom Motor angetriebene Last massgeblich. Zu unterscheiden sind Lasten mit quadratisch zur Drehzahl ansteigender Drehmomentkennlinie (Kreiselpumpen und Ventilatoren) und solche, die über den gesamten Arbeitsbereich, also auch schon bei niedrigen Drehzahlen, dem Motor ein hohes Drehmoment abfordern können (Drehkolbengebläse).
Bei den meisten Antriebssystemen in der Wasser-/Abwassertechnik steigt die Lastkennlinie bis zum Nennmoment quadratisch zur Drehzahl an. Um einen wirkungsgradoptimalen Betrieb bei diesen Lastverhältnissen zu erreichen, stellt der Frequenzumrichter unter anderem eine quadratisch zur Motordrehfeldfrequenz ansteigende Motorspannung bereit.
Bei Anwendungen mit konstant hohem Drehmoment sind meist noch Anforderungen für die Beschleunigung bzw. bei Schweranlauf zu beachten. Der Frequenzumrichter muss dann in der Lage sein, dem Motor für kurze Zeit, über das Motornennmoment hinaus, zusätzliche Antriebskraft zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise eine Pumpe, in der sich Schlamm gesammelt und abgesetzt hat, loszubrechen. Dieses kurzzeitig maximal zur Verfügung stehende Moment wird als Übermoment bezeichnet.
Für Anwendungen, die beim Starten kein wesentlich grösseres Drehmoment benötigen, als das Motornennmoment, reicht auch eine geringere Überlastfähigkeit durchaus aus (z. B. bei Drehkolbengebläsen mit entlastetem Anlauf nur 110 % des Motornennmoments). Verdrängerpumpen, Drehkolbengebläse und Verdichter zählen dabei nicht zu den Strömungsmaschinen. Aufgrund des Funktionsprinzips sind hier Frequenzumrichter auf konstantes Drehmoment auszulegen.
Anwendungen mit konstantem Drehmoment
normales Anlaufmoment [110 % Überlast]
- Dosierpumpen
- Drehkolbengebläse
- Oberflächenbelüfter
- Rezirkulationspumpen
- Seitenkanalverdichter
hohes Anlaufmoment [150 % Überlast]
- Axialkolbenverdichter
- Drehkolbenverdichter
- Exenterschneckenpumpen (Anlaufmoment beachten)
- Kolbenpumpen
- Rührwerke
- Schlammentwässerungspressen
- Verdichter (ausser Turboverdichter)
- Verdrängerpumpen
- Zahnradpumpen
- Zahnradschleusen
Anwendungen mit quadratischem Drehmoment
- Kreiselpumpen
- Brunnenpumpen1)
- Druckerhöhungspumpen
- Filterbeschickungspumpen
- Grundwasserpumpen1)
- Heisswasserpumpen
- Heizungspumpen (Primär- & Sekundärkreislauf)
- Kanalradpumpen (feste Stoffe)
- Kühlwasserpumpen (Primär- & Sekundärkreislauf)
- Regenbeckenentleerungspumpen
- Rücklaufschlammpumpen
- Tauchmotorpumpen1)
- Turboverdichter
- Unterwasserpumpen1)
- Überschussschlammpumpen
- Ventilatoren
1)Empfehlung eines Sinusfilters.
Auslegung
Ist es das Ziel des Betreibers, mehrere Motoren an einem Frequenzumrichter gleichzeitig parallel zu betreiben, so gilt für die Auslegung folgendes:
- Es sind jeweils die Nennströme und die Leistungen der Motoren zu addieren.
- Die Auswahl des geeigneten Frequenzumrichters erfolgt auf Grundlage der beiden summierten Leistungen und Ströme.
- Für den Motorschutz muss der Betreiber die Kaltleiter der Motoren durchschleifen und der Frequenzumrichter wertet dann dieses durchgeschleifte Signal aus.
- Die angeschlossenen Motoren arbeiten, bezogen auf ihre Nenndrehzahl, gleich. Das heisst, der Frequenzumrichter steuert sie alle mit derselben Frequenz und derselben Spannung an.
Wegen sich addierender Kaltwiderstände der in Reihe zu schaltenden Wicklungskaltleiter ist es nicht sinnvoll, die Kaltleiterauswertung des Frequenzumrichters als Motorschutzfunktion für mehr als zwei parallel betriebene Motoren zu nutzen.
Bei Mehrmotorenbetrieb zu vermeiden: Parallele Leitungen erzeugen zusätzliche Kapazitäten. Daher sollte der Anwender auf jeden Fall auf diese Art des Anschlusses verzichten. Aufgrund der mit einem LC-Filter herausgefilterten Taktfrequenzen sinken die Ableitströme. Dies erlaubt einen Parallelanschluss von Motoren. Notfalls auch mit längerem parallel geführtem Motorkabel. Bei Mehrmotorenbetrieb empfohlen: Die Motorleitung ist von Motor zu Motor durchzuschleifen.
Praxis: FI-Schutzschalter
Der Begriff FI-Schutzschalter für spannungsunabhängige Geräte und Differenzstrom-Schutzschalter für spannungsabhängige Geräte wurde bisher im deutschsprachigen Raum verwendet. International werden diese Geräte als Residual Current operated Circuit-Breaker (RCCB) bezeichnet. Der übergeordnete Begriff lautet Residual Current operated Device (RCD) nach EN 61008-1.
FI-Schutzeinrichtungen sind in allstromsensitiver Ausführung zu verwenden, falls man im abzusichernden Bereich Geräte einsetzt, die im Fehlerfall einen glatten Gleichstrom erzeugen können. Dies trifft auf alle elektrischen Betriebsmittel zu, die eine B6-Gleichrichterbrücke (z. B. Frequenzumrichter) am Drehstromnetz nutzen. Dieser allstromsensitive FI-Schutzschalter trägt gemäss IEC 60755 die Bezeichnung „Typ B“. Frequenzumrichter verursachen prinzipbedingt Erdableitströme, die die Anlagenbauer und/oder Betreiber bei der Wahl des Bemessungsfehlerstromes berücksichtigen müssen. Man sollte sich beim Hersteller des Frequenzumrichters nach der Anwendung geeigneter Fl-Schutzschaltertyp erkundigen. Der Einbauort für den FI-Schalter muss direkt zwischen speisendem Netz und Umrichter liegen. Die Einbindung in einen hierarchischen Aufbau mit anderen Fl-Schutzschaltern ist nicht zulässig.
Höhe des Ableitstromes
Verschiedene Faktoren beeinflussen die Höhe des auftretenden Ableitstromes. Generell gilt: je grösser die eingesetzte Leistung, desto höher die Ableitströme, die im Frequenzumrichter und Motor auftreten. Ein Frequenzumrichter ohne Funkentstörmassnahmen und mit kurzer Leitungslänge (ca. 2 m) zum Motor wird in der Leistungsklasse 1,5 kVA einen Ableitstrom von ca. 4 mA erzeugen. Wird Funkentstörgrad B gefordert, steigt der Ableitstrom bei gleicher Konstellation auf ca. 22 mA an. Ein 20 kVA-Frequenzumrichter wird mit Funkentstörgrad B und kurzer geschirmter Motorleitung einen Ableitstrom von ca. 70 mA erzeugen. Für das Motorkabel kann der Anwender mit 0,5 bis 2 mA/m Motorkabel rechnen. Symmetrische Kabel erreichen dabei geringere Werte als Einzeladerverlegung.
Datenaustausch
Moderne Frequenzumrichter sind intelligent und damit in der Lage, viele Funktionen in Antriebssystemen zu übernehmen. Trotzdem arbeiten die Geräte auch heute noch häufig mit nur 4 Datenpunkten in einem Leitsystem oder an einer SPS und fungieren nur als Drehzahlsteller. Betreiber nutzen so die vielen nützlichen Funktionen nicht aus und gespeicherte Anlagendaten bleiben ihm verborgen. Dabei lässt sich das volle Potenzial von Frequenzumrichtern einfach ausschöpfen, indem Anwender sie mittels einer Feldbusanbindung wie z.B. Profinet in das Leitsystem integrieren. Mit nur einem einzigen Hardware-Datenpunkt haben sie dann den vollen Zugriff auf alle Parameter der installierten Frequenzumrichter. Inbetriebnahme und Verdrahtung vereinfachen sich, was bereits bei der Installation zu Kosteneinsparungen führt. Ohne zusätzliche Komponenten steht eine Vielzahl von Daten für ein effektives Anlagenmanagement zur Verfügung. Die Aufschlüsselung der Sammelstörmeldungen ermöglicht es, bereits aus der Ferne Ursachen einzugrenzen und die richtigen Schritte zur Fehlerbehebung einzuleiten. Die Einbindung mittels Bussystem müsste heute eigentlich zum Standard gehören.
Besseres Alarmmanagement
Detaillierte Alarmmeldungen vereinfachen die Lokalisierung möglicher Fehlerursachen und unterstützen somit wirksam die Anlagenfernüberwachung. Durch Fernwartung über Modem oder Internet ist es möglich, Zustands- und/oder Störmeldungen auch von entlegenen Anlagen oder Anlagenteilen schnell zu visualisieren.
Die Leitwarte hat die Möglichkeit, alle Einstellungen der Frequenzumrichter aus der Ferne zu überwachen und anzupassen. Zustandsdaten, wie z.B. die Ausgangsfrequenz oder den Leistungsverbrauch, kann sie jederzeit auslesen und auswerten. Zusätzliche Daten für ein effektives Energie- und Spitzenlastmanagement stehen so ohne externe Komponenten zur Verfügung.
Einsparung bei der Installation
- Nicht jeder Frequenzumrichter benötigt ein eigenes Display. Der Anwender/Betreiber hat bereits über das Leitsystem Zugriff auf alle relevanten Daten des Frequenzumrichters
- Vereinfachte Verdrahtung durch Zweidrahtverbindung
- Nicht genutzte Ein- und Ausgänge des Frequenzumrichters können als I/O andere Komponenten wie z.B. Messfühler, Filter und Endschalter in das Leitsystem integrieren
- Wegfall von Ein- und Ausgangsbausteinen, da zur Ansteuerung der Frequenzumrichter ein Hardwaredatenpunkt ausreicht
- Ohne zusätzliche Komponenten stehen Überwachungsfunktionen wie Motorkaltleiterüberwachung, Trockenlaufschutz, usw. sowie Leistungs- und Betriebsstundenzähler zur Verfügung
Vereinfachte Inbetriebnahme
Die Parametrierung erfolgt von der Leitwarte aus. Alle Einstellungen lassen sich schnell und einfach von Frequenzumrichter zu Frequenzumrichter kopieren. Im Speicher des Displays lässt sich eine Sicherung der Einstellungen dauerhaft ablegen. Planer und Inbetriebnahmepersonal können eine Dokumentation der Einstellungen per Knopfdruck erstellen.