Kältemittel

Eindrückliche Vorführung: Den Besuchern auf diesem Bild wurde verdeutlicht, dass man den Umgang mit brennbaren Gasen ernst nehmen muss. (Bild: Westfalen)

Das in Autoklimaanlagen verwendete Kältemittel HFO 1234yf bleibt auch weiterhin umstritten, denn es ist brennbar und kann in Unfallsituationen giftige Flusssäuregase entwickeln. (Bild: Mercedes Benz)

Kälteanlagen und Wärmepumpen, in denen Flüssiggase als Kältemittel eingesetzt werden, unterstehen den Anforderungen der EKAS-Richtlinie 6517, sofern deren Füllmenge 1,5 kg übersteigt. (Bild: zVg)

Keine Angst vor brennbaren Kältemitteln

Denn Angst ist auch hier ein schlechter Ratgeber. Respektvoller Umgang ist hingegen angebracht. In der Kälte- und Klimabranche werden natürliche Kältemittel durch die F-Gase-Verordnung vermehrt gefragt und eingesetzt. Im Prinzip hat jedermann Erfahrung mit brennbaren Kältemitteln – bewusst oder unbewusst.

Bei handelsüblichen Kühlschränken wird seit Jahren Isobutan R600a eingesetzt. Die dort als Kältemittel lange Zeit verwendeten FCKW sind ökologisch nicht mehr tragbar, da sie stark ozonabbauend wirken. Isobutan ist brennbar, aber niemand würde deswegen aus Sicherheitsgründen auf den Kühlschrank verzichten. Die Füllmenge pro Gerät und Kältekreis ist mit 60 bis 80 Gramm auch verhältnismässig gering. Der beliebte Gasgrill im Garten oder auf dem Balkon wird mit in der Regel mit Butan betrieben und eine Brandgefahr wird kaum hinterfragt. Die verwendeten Gasflaschen haben immerhin einen Inhalt von 5 bis 13 Litern und sollten nicht in geschlossenen Räumen aufbewahrt werden. Gemäss Sicherheitsempfehlung der Hersteller, sollten Gasflaschen an einem offenen, aber nicht zu warmen und sonnigen Ort gelagert werden. Dass dies in der Praxis immer so ausgeführt wird, hoffen wir jedenfalls.

Feuerzeuge werden auch ohne Bedenken in die Tasche gesteckt, obwohl dies im Prinzip ein kleiner mit Butan gefüllter Druckbehälter ist. Allerdings sind es nur ein paar wenige Gramm Flüssiggas. Trotzdem werden jährlich zahlreiche Unfälle mit Feuerzeugen registriert, die grösstenteils vermieden hätten werden können. Nicht zu vergessen die Sprühdosen im Haushalt, welche Propan oder Isobutan als Treibgas enthalten können. Bei Grossverteilern im Lebensmittelbereich setzt sich bei Kühlmöbeln Propan als Kältemittel immer mehr durch. Die Hersteller begrenzen bei diesen Geräten die Füllmengen auf 150 Gramm pro Kältekreis, sodass die Explosionsschutzbestimmungen nicht zum Tragen kommen. Die Sicherheit kommt nicht zu kurz, was Unfallstatistiken belegen können.

Gas und Sicherheit

Die Gasversorgungen der Schweiz weisen einen sehr hohen Sicherheitsstandard auf. Der Bau und Betrieb von Gasleitungen und Nebenanlagen sind durch eine Vielzahl von strengen Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien genau geregelt – Arbeiten an Gasversorgungs-Einrichtungen und Installationen dürfen nur von geschulten Fachleuten ausgeführt werden und müssen von Installationskontrolleuren der Erdgas-Versorgungsunternehmen geprüft werden. Geschultes Personal und die nötige Vorsicht sind absolut zwingend.

Die meisten Unfälle mit Campinggas

Die Mehrheit aller Unfälle mit Gas ereignet sich mit Flüssiggas in Flaschen, dem so genannten Campinggas (Propan, Butan). Dieses Gas ist schwerer als Luft und kann sich deshalb nicht so leicht verflüchtigen. Zudem liegt die Zündtemperatur deutlicher tiefer als bei Erdgas. Das Risiko eines Unfalls mit Erdgas ist somit erheblich geringer als etwa mit Flüssiggas oder Strom, beim Sport oder im Strassenverkehr.

Protokollierte Unfallgründe

Explosion eines Propan-Kühlcontainers

Bei der Explosion eines Kühlcontainers auf dem Gelände einer Tiefkühlspedition sind im Jahr 2017 mehrere Menschen verletzt worden. Zwei Servicetechniker erlitten schwere Brandverletzungen. Ausserdem gab es vier Leichtverletzte, teils durch umherfliegende Trümmerteile im Bereich eines örtlichen Fastfood-Restaurants. Als mögliche Ursache vermutete die Polizei nach ersten Ermittlungen, dass die Explosion durch unsachgemässe Wartungs- und Reparaturarbeiten an einem Kälteaggregat ausgelöst wurde. In der Nähe des Kühlcontainers waren Schweissarbeiten durchgeführt worden. Das mit dem brennbaren Kältemittel Propan betriebene Kälteaggregat wurde offenbar gerade mit Stickstoff gereinigt. Dabei musste Propangas abgelassen werden. Das Propan-Luft-Gemisch hat sich wohl durch Funkenflug entzündet, wodurch es zur Explosion kam.

Kiosk gesprengt – Fehlmanipulation

Beim Anschliessen der Propanflasche schraubte ein Kioskbesitzer die Überwurfmutter mit einer Rohrzange so fest, dass sie einen Riss bekam. Während der Nacht strömte das Gas langsam aus (ungefähr 100 g/h).  Als der Kioskbesitzer das Licht einschaltete, explodierte das Gas-Luftgemisch. Der Unfall wurde begünstigt durch die Tatsache, dass der Kioskbesitzer schwerhörig war und nicht riechen konnte.

Flüssiggasanlage – Unkorrektes Entleeren durch Gasversorger

Der Lagertank in einem Garten sollte von einem Mitarbeiter des Gasversorgungs-Unternehmens zur Inspektion geleert und geöffnet werden. Ein Teil der Flüssigphase wurde in einen Strassentankwagen umgepumpt. Der Inspektionsflansch des Lagertanks wurde geöffnet, wobei eine Restmenge austrat, zum Haus floss (12 m entfernt, leicht abfallendes Gelände) und an einem Gasofen in der Küche entzündet wurde.

Sporthotel Garmisch-Partenkirchen

Eine verheerende Explosion in einem Sporthotel in Garmisch-Partenkirchen D, bei welcher leider Tote und Verletzte zu beklagen waren, führte auf fahrlässigen Betrieb der Warmwasser-Tankheizung und einer mangelhaften Konstruktion der Gasableitung vom Sicherheitsventil zurück. Zudem war die Entfernung vom Tankraum zum Hotelgebäude zu gering. Im Tank mit einem Inhalt von 34 m3 befand sich ein Gemisch von 95 % Propan und 5 % Butan.

Die Tankheizung wurde so manipuliert, dass sie ständig in Betrieb war. Der Druckwächter, welcher die Warmwasserpumpe bei Überschreitung des voreingestellten Tankdruckes automatisch abschaltet, war nicht angeschlossen. In der Folge wurde der Tankinhalt kontinuierlich erhitzt. Als der maximale Betriebsdruck des Tanks erreicht war, sprach das Sicherheitsventil an und entliess das Gas in den unterirdischen Domschacht. In nur 6 m Entfernung lag der Ansaugschacht der Klimaanlage des Hotels. Obwohl Gasgeruch von Gästen und der Rezeption wahrgenommen wurde, hatte noch keine Evakuierung begonnen, als sich die schwere Explosion ereignete. Das tragische Ereignis wurde hervorgerufen durch eine Verkettung unglücklicher Umstände, welche durch geeignete Vorsichtsmassnahmen und einwandfrei ausgeführten Arbeiten hätten vermieden werden können.

Fehlmanipulation häufiger Grund

Über einen Zeitraum von 10 Jahren wurde von einem deutschen Institut rund 178 Unfälle beim Umgang mit Flüssiggas ausgewertet. Die meisten Unfälle ereigneten sich beim Flüssiggasverbrauch (sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich), in Tankanlagen wie auch beim Umgang mit Druckgasflaschen. Eine weitere Häufung gab es bei der Befüllung oder Entleerung von Strassentankfahrzeugen. Die an Unfällen hauptsächlich beteiligten Anlagenkomponenten sind Absperr- und andere Armaturen, gefolgt von Rohrleitungen, Rohranschlüssen und Schläuchen. Als Unfallursachen dominierten Fehlmanipulationen, Montagefehler, gefolgt von Fehlfunktionen und mechanischen Einwirkungen; bemerkenswert war die Eisbildung in Anlagenteilen als Ursache von drei schweren Raffinerieunfällen. In ca. 80 % aller ausgewerteten Unfälle war die Unfallfolge eine Gasfreisetzung mit Explosion bzw. Brand. Die Unfälle bei Tanktransporten führten nicht zu nennenswerten Gasfreisetzungen, wobei die Nichtüberschreitung des höchstzulässigen Füllgrades und die Verwendung hochduktiler Tankwerkstoffe als schadenbegrenzende Massnahmen hervorzuheben sind. Die Unfälle mit den schwerwiegendsten Folgen traten gehäuft bei Rohrleitungen, Rohrverbindungen und Schläuchen auf.

Fazit

Der grosse Anteil menschlicher Fehlhandlungen an den Unfallursachen gebietet eine verbesserte Schulung der Personen, die mit Flüssiggas umgehen, insbesondere bei privaten, aber auch bei gewerblichen Verbrauchern. Interessanterweise deckt sich diese Folgerung mit der Konsequenz einer verbesserten Verbraucheraufklärung.