Licht

Quelle: zVg.

Licht ist etwas für Profis

Zu viel Licht? Zu wenig? Zu grelles oder zu düsteres Licht? Beleuchtung ist eine komplexe Materie. Um gute Resultate zu erzielen, braucht es neben einem soliden Fachwissen auch viel Erfahrung.

Längst steht die Frage «Wie hell hätten Sie es denn gern?» beim Thema Lichtplanung nicht mehr über allem – oder sie sollte es zumindest nicht. Denn erfahrene Lichtplaner wissen, dass gutes Licht komplex ist und dass Planungsfehler zu technischen, energetischen und sogar gesundheitlichen Problemen führen können.

Fundiert argumentieren

Gute und erfahrene Lichtplaner zu beauftragen, die das Thema Licht in seiner ganzen Komplexität erfassen können, sei deshalb das Gebot der Stunde, findet Felix Kessler, Beleuchtungstechniker und Inhaber von LIGHT ON in Zollikon ZH. Da die Berufsbezeichnung Lichtplaner nicht geschützt ist und entsprechende Crash-Kurse schnell zu absolvieren sind, sei dies jedoch einfacher gesagt als getan. Die Referenzliste eines Planungsbüros und die Zeit, während der das Unternehmen im Geschäft ist, seien gute Hinweise auf deren Qualität – und die äussere sich nicht darin, Architekten und Designern einfach bei all ihren Ideen zuzustimmen. «Oft haben diese im Vorfeld bereits konkrete Vorstellungen von bestimmten Leuchten, die super ins Gesamtkonzept oder -design passen», sagt Felix Kessler. «Die Lichtqualität dieser Leuchten ist dann eher nebensächlich.» Hier müsse der Lichtplaner Gegensteuer geben und klar darlegen können, weshalb die gewünschte Leuchte vielleicht nicht ideal sei, um zum Beispiel einen Arbeitsplatz blendfrei auszuleuchten. «Manche Leuchten eignen sich, um Atmosphäre zu schaffen, manche für direkte, andere für indirekte Beleuchtung», ergänzt Reinhold Paschinger, Technical Leader Lighting Department bei LIGHT ON. «Man möchte Emotionen wecken, Lichtinseln oder Akzente schaffen», führt er weiter aus, «und das ist mit einer simplen Leuchte an der Decke nicht möglich.» Lichtplanung ist komplex geworden!

Alles ist möglich

Dies umso mehr, als natürlich auch Nachhaltigkeitsüberlegungen eine immer wichtigere Rolle bei der Lichtplanung spielen. «Generell wird mit Licht viel zu verschwenderisch umgegangen», sagt Felix Kessler. «Hier noch eine Beleuchtung, da noch ein Licht – einfach, weil man es kann und weil LED ja im Vergleich zur Glühbirne von früher kaum mehr Strom benötigt.» Übersehen werde dabei gern der Wirkungsgrad von LED, der je nach Qualität durchaus nur 60 Prozent betragen könne. «Dadurch entstehen Blindströme, die das Netz enorm belasten und zu Problemen und Schäden führen können», sagt Reinhold Paschinger. Zumal heute Hausbeleuchtungen drei-, vier- oder gar fünfmal so gross dimensioniert sind wie früher. Ähnlich wie die elektrischen Gebäudeinstallationen generell. Für Felix Kessler ist deshalb klar: Eine moderne, intelligente Lichtplanung muss hinterfragen, ob alles, was gewünscht wird und machbar ist, auch wirklich notwendig ist. «Muss wirklich jede Schublade, jede Duschnische beleuchtet sein? Solche Fragen müssen wir als Lichtplaner den Kundinnen und Kunden stellen, und wir müssen unsere Überlegungen begründen können.» Zum Beispiel mit Hinweisen zum Energieverbrauch, zur Lichtverschmutzung und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Zu einer nachhaltigen Lichtplanung gehört aber auch das langfristige Denken. «Dass jede energiesparende LED, die grosszügig verbaut wird, auch erst einmal mit Energieaufwand hergestellt werden muss, wird oft vergessen», sagt Felix Kessler. «Wir setzen deshalb auf langlebige Produkte, die zudem reparierbar oder komponentenweise austauschbar sind.» Das alles hat natürlich seinen Preis.

Licht und Gesundheit

Ein gängiges Problem bei Leuchtmitteln ist das Flimmern, das oft nicht auf den ersten Blick wahrnehmbar ist. Mit der Zeit kann es aber zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Kopfschmerzen oder Augenbrennen führen. «Man kann das Flimmern ganz leicht mit einem Handy testen», weiss Felix Kessler. Dazu öffnet man die Kamera-App und hält das Handy nahe an die eingeschaltete Lichtquelle. Ist auf dem Bildschirm nun ein Flimmern zu erkennen, sollte das Leuchtmittel ausgetauscht werden. «Es geht eben nicht mehr nur um Sichtbarkeit, sondern auch um die Gesundheit», sagt Oliver Stefani, Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Themenfeld Licht an der Hochschule Luzern. Er ist Gründer von Chronolight, einem unabhängigen Beratungsunternehmen für Fragen zu den Themen Licht und Gesundheit. Die Untersuchung der Einflüsse von Licht auf das menschliche Wohlbefinden ist eine noch recht junge Forschungsdisziplin. Ihre Erkenntnisse werden bei der Lichtplanung auch noch wenig berücksichtigt. «Es gibt zwar Empfehlungen des Biologen Timothy Brown, doch diese sind noch viel zu wenig bekannt», weiss Oliver Stefani. Umgesetzt im Rahmen eines Human Centric Lighting (HCL) – eines Lichtkonzepts, das neben der visuellen auch die emotionale und nicht- visuelle Wirkung von Licht in die Planung einbezieht – werden die Empfehlungen noch viel seltener. «HCL ist unter Lichtplanern ein wenig in Verruf geraten», sagt der Experte. «Oft wird einfach nicht verstanden, dass viel mehr dahinter steckt, als nur mit der Lichtfarbe zu spielen.»

Licht simuliert den Tag

In der Tat lässt sich das Konzept der melanopischen Beleuchtung, gemessen in Lux Melanopic EDI (Melanopic Equivalent Daylight Illuminance), nicht so einfach erfassen. «Vereinfacht gesagt, beschreibt die Masseinheit die nicht visuell wirksame Lichtdosis in einem vorhandenen Lichtspektrum», erklärt Oliver Stefani. Und damit jene Lichtdosis, die dem natürlichen Tageslicht entspräche. Der Empfehlung nach sollte der Mensch am Tag mindestens 250 Lux Melanopic EDI am Auge haben; zu niedrige Werte können sich negativ auf seine Gesundheit und seine Leistungsbereitschaft auswirken. Korrekte Messungen sind aufwendig, und die empfohlenen Werte zu erreichen, ist gerade im modernen Büroumfeld mit seinen Computerbildschirmen komplex. Denn korrekte Melanopic-EDI-Werte können zum Beispiel dazu führen, dass Reflexionen in Bildschirmen entstehen oder die Leuchtdichteunterschiede zwischen Bildschirm und Umgebung zu gross werden. «Die Herausforderung ist dann, über die Lichtverteilung und das Lichtspektrum möglichst nah an die Idealwerte zu kommen», sagt Oliver Stefani. Ein ähnlicher Spagat zwischen Lichttheorie und subjektiver Praxisempfindung kann auch abends entstehen, wenn nur noch 10 Lux Melanopic EDI am Auge empfohlen sind – was so manchem zu düster sein mag. «Gute, erfahrene Lichtplaner finden hier aber oft intuitiv vernünftige Lösungen», findet Oliver Stefani, «auch wenn ihnen meist gar nicht bewusst ist, dass sie dadurch die Gesundheit ihrer Kundschaft fördern.»

Software kann helfen

Was das Thema Lichtplanung so komplex macht, ist seine Vielschichtigkeit. «Vom elektrotechnischen Standpunkt lässt sich Lichtplanung fast schon mit Dimensionierung gleichsetzen», sagt Robert Heinze, CTO bei Relux in Münchenstein BL. Man sucht die richtigen Leuchten mit den idealen Leuchtmitteln und positioniert sie so im Raum, dass die gewünschten Beleuchtungswerte erreicht werden. Heinze: «Da geht es vor allem um das Erfüllen des Normengerüsts, das es im europäischen Raum zum Thema Licht gibt.» Lichtplanung kann aber auch Lichtgestaltung sein, bei der Licht dazu eingesetzt wird, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu lenken und Atmosphäre zu schaffen. Die Kunst ist, beide Seiten zu einem idealen Ganzen zu verbinden. «Und das schaffen nur wenige», sagt Robert Heinze. Aller Digitalisierung zum Trotz, werde bei der Planung immer noch viel und oft mit physischen Plänen gearbeitet, sagt der Experte. «Es gibt auf dem Markt aber Lichtberechnungssoftware, die Planer beim Dimensionieren unter verschiedenen Gesichtspunkten von Norm bis Energieverbrauch unterstützt.» Auch Relux bietet eine solche Software an, die den gestalterischen Aspekt berücksichtigt, indem geplante Lichtlösungen visualisiert werden können.

Hingehen, ansehen

Planungssoftware hilft zwar, kann aber Fehler und Versäumnisse niemals automatisch verhindern – erst recht nicht, wenn sie nicht korrekt angewendet wird. «Im Normenbereich hören gerade unerfahrene Planer oft bei Beleuchtungsstärke und Gleichmässigkeit auf und schenken Aspekten wie den Blendungswerten zu wenig Beachtung», sagt Robert Heinze. Auch die Zonierung des zu beleuchtenden Raums wird oft nicht oder nur ungenügend vorgenommen. «Dabei muss man bei der Lichtplanung wissen, was in einem Raum wo geschieht, damit die Beleuchtung ideal geplant werden kann», so Heinze. Ein Büro ist eben nicht einfach ein Büro, sondern ein Raum, der vom Beleuchtungsplaner in verschiedene Bereiche eingeteilt werden kann und muss. «Das ist anstrengend und aufwendig und wird deshalb gern weggelassen – ein Standardproblem», sagt Heinze. Das Resultat dieses Versäumnisses sind meist überdimensionierte Beleuchtungen. Robert Heinze rät deshalb besonders den unerfahrenen Lichtplanern, sich nach Abschluss der Arbeiten vor Ort anzusehen, wie ihre Planung in der Realität wirkt. «Wenn ich mir meine Arbeit nicht ansehe, erhalte ich keine Rückmeldung und kann keine realen Erfahrungen sammeln», sagt Robert Heinze. «Dabei ist es so wichtig, selbst zu erfahren, wie eine bestimmte Beleuchtung wirkt.» Dieser Schritt ist jedoch mit zusätzlichem Aufwand verbunden und wird daher gern ausgelassen, weil das nächste Projekt bereits wartet. Werden suboptimale Beleuchtungslösungen denn nicht von den Kunden angemahnt? «In der Regel nur, wenn sie sehr auffällig sind», so der Lichtplaner. Denn der Mensch komme mit nicht idealen Lichtsituationen meistens erstaunlich gut zurecht. Viele Fehler werden nicht bewusst wahrgenommen – und deshalb auch nie behoben.