Licht

«Frauen werden unterschätzt»

Frauen sind in der Beleuchtungsbranche in der Unterzahl. Je technischer das Betätigungsfeld ist, desto weiter driftet das Geschlechterverhältnis auseinander. Woran liegt das? Und wie werden Frauen wahrgenommen?

Die Beleuchtungsindustrie in der Schweiz ist tendenziell eine Männerdomäne. Philippe Kleiber ist Geschäftsführer der Schweizer Licht Gesellschaft (SLG), dem führenden Fachverband für alle, die sich profes-sionell mit Licht und Beleuchtung ausei-nandersetzen. Er schätzt, dass über alle Bereiche hinweg etwa 20 bis 30 Prozent Frauen in Licht-Berufen tätig sind.

Die Umfrage

Das sehen auch Julia Hartmann, Melanie Heilgeist und Francesca Feltrin so. Die drei Frauen sind für das Lichtplanungsbüro Lightsphere in Zürich tätig. Als Unterstützerinnen von Women in Lighting Switzerland (WIL) beschäftigen sie sich intensiv mit dem Thema. Unter dem Lead von Lichtplanerin Francesca Feltrin startete WIL Switzerland vor einigen Monaten die Schweizer Umfrage des globalen Projekts WIL (siehe Box). Inzwischen sind die damals verschickten Fragebögen beantwortet zurückgekommen, und sie werden in Kürze ausgewertet. Mit Ergebnissen ist im Frühling oder Sommer zu rechnen.

Gleich wenig Frauen

Eins können die drei Lichtplanerinnen aber aufgrund ihrer jahrelangen Berufs- und Branchenerfahrung jetzt schon sagen: In der Lichtplanung ist die Verteilung der Geschlechter einigermassen ausgeglichen. «Geht es aber in Richtung Elektrotechnik oder Elektroplanung, sind die Frauen definitiv in der Unterzahl», weiss Projektleiterin Melanie Heilgeist. Es sei ähnlich wie in der Baubranche: Während in der Architektur, also dem gestalterischen Bereich, viele Frauen tätig seien, gelte das etwa für Ingenieurinnen, also den technischen Bereich, nicht. Diese Tendenz ist auch in der Verbandstätigkeit auszumachen. Philippe Kleiber: «Bei technisch orientierten Fachveranstaltungen der SLG kann man sowohl die Referentinnen als auch die Teilnehmerinnen an einer Hand abzählen.» Das gilt ebenso für die sieben Fach- und Arbeitsgruppen, die für das Erarbeiten und die Pflege von Normen, Richtlinien oder Broschüren verantwortlich zeichnen. «Aktuell sind sie noch sehr technisch ausgelegt», weiss Philippe Kleiber. «Und weil in diesem Umfeld sehr wenig Frauen arbeiten, findet man auch nur wenige für die Fachorgane.»

Frage der Wahrnehmung

Die Gründe dafür sind nur schwer auszumachen. Philippe Kleiber vermutet, dass es für Frauen nicht unbedingt einfach ist, sich in einem technischen Umfeld zu beweisen. Die subjektiven Erfahrungen der drei Lightsphere-Frauen bestätigen diese Vermutung. Melanie Heilgeist: «Als Frauen müssen wir beweisen, dass wir technisch versiert sind, während man es bei Männern eher voraussetzt. Frauen werden unterschätzt.» Der technische Aspekt spielt im Bereich der Lichtplanung nämlich eine nicht unwesentliche Rolle. Geschäftsführerin Julia Hartmann: «Das Spektrum ist sehr breit: Das Verständnis und Fachwissen aus Architektur, Innenarchitektur, Engineering oder Produktdesign gehören unter anderem zum Grundwissen einer Lichtplanerin, eines Lichtplaners. Wir sind nicht nur für die Ästhetik zuständig, sondern verfügen tatsächlich über viel technisches Wissen.» So richtig wahrgenommen werde das jedoch nicht. «Als Lichtplanerinnen müssen wir erstens erklären, welchen Mehrwert wir in ein Projekt einbringen, und zweitens, dass wir als Frauen auch über die Kompetenz verfügen, diesen Mehrwert zu erbringen.»

Es tut sich was

In der Beleuchtungsindustrie ist hinsichtlich Gleichstellung also noch Luft nach oben. Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels. Julia Hartmann: «Die Sichtbarkeit von Frauen ist gewachsen. Ich bin seit rund 20 Jahren in der Branche tätig. Als ich anfing, lag der Frauenanteil in der Lichtplanung bei etwa zehn Prozent, jetzt sind es ungefähr 40 Prozent. Seit etwa vier bis fünf Jahren beziehen Frauen zunehmend auch als selbstständig Erwerbende auf dem Markt Position.» Und die SLG? Die ist gerade auf der Suche nach einer Frau als neues Vorstandsmitglied.