Smart Home

Energieetikette

Wer den Energieverbrauch im Blick hat, kann darauf reagieren. Smart-Building-Upgrades sind vor allem im Energiebereich sinnvoll. (Bild: iStock)

Aufrüsten mit Mass

Eine Sanierung bietet eine gute Gelegenheit, ein Gebäude zu einem Smart Building umzurüsten. Sinnvoll sind vor allem energetische Massnahmen – und solche, die zur Erhöhung der Sicherheit beitragen.

Einen Neubau kann man von Grund auf smart planen – umso einfacher, wenn das Gebäude mittels Building Information Modelling (BIM) realisiert wird. Der bei diesem Planungsverfahren erstellte und immer wieder anpassbare «digitale ­Zwilling» des Gebäudes ermöglicht es, haustechnische Elemente smart zu planen: so, dass die einzelnen Elemente nicht nur perfekt aufeinander abgestimmt sind, sondern auch innerhalb des Systems optimal miteinander interagieren.

Ein weiterer Vorteil BIM-unterstützter Gebäudeplanung ist, dass die Daten und Pläne nach der Fertigstellung vorhanden sind. Bei Renovationen und Sanierungen können einzelne Elemente der Haustechnik so ausgetauscht werden, dass das System als Ganzes optimiert bleibt. Technische Flickenteppiche, die mehr schlecht als recht aufeinander abgestimmt sind, gehören damit der Vergangenheit an.

Smart Home oder Smart Building?

Doch dies ist ein Idealfall, der auf den Grossteil des bestehenden Gebäudeparks nicht zutrifft. Trotzdem lassen sich auch ältere Bauten smart aufrüsten, wenn auch oft nur bis zu einem gewissen Grad – ­zumindest, wenn Aufwand und Ertrag in einem sinnvollen Verhältnis stehen sollen.

Zuerst einmal stellt sich die Frage der Definition: Im Gegensatz zum Smart Home, bei dem es um die Vernetzung einzelner Komponenten innerhalb einer Wohneinheit geht, bezeichnet Smart Building die intelligente Vernetzung und Automation ganzer Gebäude.

«Beim Smart Building geht es auch nicht primär darum, sein Gebäude so zu vernetzen, dass man Storen zentral bedienen oder das Licht per App einschalten kann», sagt Turan Babuscu, Head of Product Line Comfort bei Siemens Smart Infrastructure. Im Zentrum stehe vielmehr die Optimierung des Energieverbrauchs.

Smarte Gebäude können diesen differenziert und nutzergerecht steuern: Sensoren erfassen den effektiven Bedarf an verschiedenen Stellen im Gebäude in Echtzeit und koordinieren den Verbrauch zum Beispiel mit der Verfügbarkeit von Strom aus einer Photovoltaikanlage. So werden Überschüsse laufend erkannt, die entweder ins Stromnetz zurück ­gespeist oder für eine spätere Nutzung in Speichersysteme geleitet werden können: zur Ladestation fürs Elektrofahrzeug, in Batterieeinheiten usw.

Ohne Daten geht es nicht

Im Zentrum jedes smarten Haussystems steht das Sammeln und Auswerten von Umgebungs- und Nutzerdaten. Basierend auf diesen Daten koordinieren Algorithmen den Verbrauch mit der Verfügbarkeit von Energie und leiten die entsprechenden Massnahmen in Echtzeit ein.

Der Markt bietet mittlerweile Systeme, mit denen sich Gebäude auf diese Weise aufrüsten lassen, ohne dass dazu grössere bauliche Interventionen notwendig sind. Hubs, welche die Energiedaten erfassen, werden extern installiert. Sie speichern die Daten zumeist in einer Cloud.

Die Steuerung sorgt anschliessend dafür, dass die zur Verfügung stehende Energie aus allen installierten Quellen möglichst effizient und kostenoptimiert genutzt oder gespeichert wird. Über eine App erhält der User jederzeit einen umfassenden Überblick und damit die Kontrolle über seinen Energieverbrauch. So lassen sich ohne aufwendige bauliche Massnahmen nur durch die automatisierte Regulierung bereits bis zu 25 Prozent Energie sparen.

Mehr Sicherheit

Ein weiterer Bereich, in dem es sinnvoll sein kann, ein Gebäude nachträglich smart aufzurüsten, ist die innere und äussere Sicherheit.

«Durch die Vernetzung verschiedener Systeme und Gewerke wie Kameras, Türen oder Beleuchtung kann man ein individuelles Sicherheitssystem aufbauen», sagt Turan Babuscu von ­Siemens Smart Infrastructure. «Standardfunktionen sind Einbruchmeldung oder Feueralarm. Dank der Überwachung der Stromflüsse kann ein Smart Building aber auch erkennen, ob zum Beispiel der Herd eingeschaltet ist, obwohl die Bewohner weg sind – oder ob ein Ladegerät defekt ist und einen Brand auslösen könnte.»

Mit einer Abwesenheits- und Ferienfunktion lassen sich auch Licht und Rollläden ­bedienen, was die Anwesenheit von ­Bewohnern simuliert und vor Einbrechern schützt. Geht es um die Videoüberwachung von Gebäuden, ist jedoch datenschüt­zerische Vorsicht geboten.

So muss sich gemäss den Richtlinien des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) der Überwachungsbereich auf das eigene Grundstück beschränken. Weder der öffentliche Raum noch Nachbargrundstücke dürfen erfasst werden. ­Zudem muss die Videoüberwachung klar erkennbar sein – und zwar, bevor Aussenstehende den Überwachungsraum betreten.

Um rechtliche Probleme zu vermeiden, empfiehlt es sich daher, die Installation von Überwachungssystemen spezialisierten Unternehmen zu überlassen.

Herausforderung Kompatibilität

Noch immer ein grosses Problem der Hausautomatisierung ist, dass sich verschiedene Systeme nur begrenzt miteinander kombinieren lassen. Der Designer Dominik Rohr hat sich in seiner Masterarbeit im Bereich Service Design an der Hochschule Luzern unter anderem mit dieser Thematik ­befasst. Er sagt: «Es ist wie zu Beginn der Videotechnologie, als es eine Weile dauerte, bis sich ein System, nämlich VHS, durchsetzte.»

Zwar habe sich die Kompatibilitätssituation schon wesentlich verbessert. Welcher Standard sich langfristig durchsetzen wird, ist aber immer noch nicht klar. Dabei ist es für den Kunden und User ­wesentlich, sich auf sein installiertes System langfristig verlassen zu können.

Denn wie jedes digitale System – ob Smartphone, Computer oder GPS-Navigator im Auto – braucht auch ein smartes Gebäudesystem regelmässige Updates. Rohr: «Falls ein Produkt nicht mehr angeboten oder zumindest unterstützt wird, weil es vom Markt verschwindet, könnte dies durch das Ausbleiben fortlaufender Updates zu Sicherheitslücken führen.»

Trau, schau wem

Apropos Sicherheit: Dominik Rohr empfiehlt, beim Aufrüsten eines Gebäudes zum Smart Building wenn immer möglich auf Kabel zu setzen: «Kabelverbindungen sind sicherer als die Funktechnologie.»

Grundsätzlich findet der Fachmann auch, dass es nicht in jedem Fall sinnvoll ist, alle auf dem Markt erhältlichen Optionen zu nutzen. Muss man ein Schliesssystem wirklich aus den Ferien über eine App bedienen können? «Man sollte sich zudem gut überlegen, ob man seine Daten für ‹Smarte Produkte›, die eine Online-Registrierung benötigen, preisgeben will – bloss für etwas mehr Bequemlichkeit», sagt er.

Gespeicherte Daten wie etwa Benutzerprofile der ­Bewohner sollten in einem Gebäude durch eine integrale Lösung geschützt werden, selbst wenn es nur ums Ein- und Ausschalten des Lichts geht.

Andererseits kann das Monitoring von Aktivitäten über Benutzerprofile auch von grossem Nutzen sein. Ambient-Assisted-Living-Systeme (AAL) unterstützen hilfsbedürftige Menschen. Wenn Sensoren in einem solchen System zum Beispiel feststellen, dass die Tür zum Schlafzimmer nicht zu den üblichen Zeiten geöffnet wird, könnte dies einen Alarm auslösen. «Für den Nutzer müsse jedoch transparent sein, wie seine Daten erfasst und wofür sie verwendet werden», meint Dominik Rohr.