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«Zur Erfüllung der Ziele der Energiestrategie bedarf es einer grösseren Weitsicht und intensiveren Zusammenarbeit der Branche»

Andreas Fahrni, CEO Style System-Technik GmbH und Styleboiler AG, ist seit über 47 Jahren in der Haustechnikbranche verwurzelt sowie bestens vernetzt und in den massgebenden nationalen und internationalen Fachverbänden, Normen-Kommissionen sowie anderen Fachgremien aktiv tätig. Im Interview mit dem «planer+installateur» spricht er über die künftigen Herausforderungen in der Gebäudetechnik in Bezug auf Energieeffizienz und Sicherheit der Systeme.>

Andreas Fahrni, heute sind in der Gebäudetechnik energieeffiziente und ökologisch sinnvolle Lösungen gefragt. Die Energiestrategie 2050 ist beschlossen. Wie zufrieden sind Sie mit den aktuellen Entwicklungen und wo sind Hindernisse aus dem Weg zu räumen?

Die Voraussetzungen für energieeffiziente und ökologisch sinnvolle Lösungen sind in der Gebäudetechnik vorhanden. Hersteller und Systemanbieter haben die Anforderungen angenommen und bieten heute eine umfangreiche Palette an Produkten und Systemen an, mit denen die Ziele erreicht werden können.

Die Problematik besteht in der Gebäudesanierung; mit den wiederkehrenden Restriktionen neuer gesetzlicher Anforderungen, so in kantonalen Energiegesetzen, werden Investitionen für die Gebäudesanierung verhindert, und damit wird die Umsetzung der Energiestrategie 2050 in der Gebäudetechnik erschwert. Das ist schade.

«Die Voraussetzungen für energieeffiziente und ökologisch sinnvolle Lösungen sind in der Gebäudetechnik vorhanden.»

Daneben fehlt es in der Branche der Gebäudetechnik an qualifiziertem Personal, mit der Folge, dass anspruchsvolle neue Produkte und Systeme gar nicht umgesetzt werden können, mangels fehlendem Personal mit entsprechender Fachkompetenz. Hier müssen wir in der Branche dringend für Abhilfe sorgen.

Smart Energy, Smart Grid und digitale Entwicklungen sind in aller Munde. Doch mit Stichworten allein ist noch nichts gewonnen. Was müsste zuerst angepackt werden?

Die Verbindung des Smart Grids mit den Endverbrauchern braucht einen Konsolidierungsprozess zwischen den Verteilnetzbetreibern und den Endnutzern. Der Verein Smartgrid Schweiz VSGS und die Konferenz der Gebäudetechnikverbände KGTV haben gemeinsam einen solchen Prozess gestartet. Durch die Erstellung einer Open-System-Schnittstellendefinition, die in der Marke SmartGridready abgebildet ist, wird der dazu notwendige Dialog auf dem Informationslayer generiert. Diese Initiative wird von Energie Schweiz unterstützt und mit der internationalen Standardisierung gekoppelt. Die Anforderungen müssen nicht nur der Smart-Grid-Architektur entsprechen, sondern müssen auch europäisch kompatibel sein. Auch ist die Mitarbeit von Herstellern, Systemintegratoren, Planern, Verbänden, Arealentwicklern/Investoren in Arbeitsgruppen möglich.

«Die Anforderungen müssen nicht nur der Smart-Grid-Architektur entsprechen, sondern müssen auch europäisch kompatibel sein.»

Bei der Legionellenthematik ist im Moment auch bei uns viel los. Zwischen Panikmache und sachgerechten Lösungen ist zu unterscheiden. Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Wenn die SRG in der Sendung «Kassensturz» ein Thema aufnimmt und die Printmedien versuchen, dies zu thematisieren, wird es für die Branche hart, sich gegen falsche Interpretationen zu wehren. Insbesondere ist es unverständlich, dass das Bundesamt für Gesundheitswesen BAG mit der Meldung der Gründung einer Taskforce argumentiert. Dasselbe Bundesamt hatte im Jahr 2014 auf Nachfrage einer Klarstellung und Erstellung eines Merkblatts betreffend «Hygiene – Legionella pneumophila» dessen Bedarf nicht gesehen und aufgrund fehlender Ressourcen eine Mitwirkung abgelehnt.

Auch fehlen klar die Hinweise, wer in dieser BFE-Taskforce Einsitz nehmen wird, die Hersteller und die Industrie wurden meines Wissens nicht kontaktiert. Hersteller der Haustechniksysteme kennen und haben machbare und funktionierende Anwendungen zur Vorbeugung gegen die Vermehrung von Legionellen, so u. a. Frischwasserstationen mit Energiespeicher, Hochleistungs-Warmwasser-Systeme mit aussenliegendem Wärmetauscher und Magros-Ladung.

Es fehlen bei der Angabe der 500 betroffenen Personen mit der Legionärskrankheit auch die Hinweise auf die Verursacher der Übertragungsart, ein massgebender Faktor für die zu treffenden Massnahmen. Denn es ist wichtig zu wissen, ob diese Vorfälle mit Trink-Warmwasser, Kühlwasser von Klimaanlagen, Rührkühlwerken, Klimaanlagen, Sprudelbrunnen, Schwimmbädern, Whirlpools oder öffentlichen Anlagen wie Schulen, Badeanstalten, Kreuzfahrtschiffen, Sportcenter im Zusammenhang stehen.

«Es fehlen klar die Hinweise, wer in dieser BFE-Taskforce Einsitz nehmen wird, die Hersteller und die Industrie wurden meines Wissens nicht kontaktiert.»

Die Ansprüche nach Energieeffizienz und Hygiene stehen sich gegenüber. Wo sind die Kompromisse zu machen?

Dem ist so, seitens BFE und der Kantone, u. a. mit den MuKEn – Mustervorschriften der Kantone, den erweiterten Anforderungen für das Gütesiegel und dem Wärmepumpen-Systemmodul werden hohe Forderungen an die Energieeffizienz gestellt. So müssen z. B. Wärmepumpen Höchstwerte beim SCOP – Saisonal Coefficient of Performance – erreichen, um den Anforderungen zu genügen.

Aufgrund der SIA 364/1 wird für Fussbodenheizungen eine maximale Vorlauftemperatur von +35°C zugelassen, dementsprechend wurden auch WP weiterentwickelt und erreichen bei ca. 52°C einen optimalen SCOP. Werden aus rein prophylaktischen Gründen Temperaturen von +60°C und höher gefordert, ist ein schlechterer SCOP die Folge, das bedeutet natürlich eine schlechtere Energieeffizienz und in der Folge einen höheren Energiekonsum und höhere Energiekosten, nicht nur der Wärmepumpe, sondern auch der Warmwasser- und Energiespeicher.

Das BAG sowie weitere Regelwerkschaffende unterliegen der Panikmache, ohne auf die Verursacher, wie oben erwähnt, einzutreten, und fordern ungesehen eine minimale Dauertemperatur von mindestens +60°C; dies behindert die Zielsetzungen der Energiestrategie, insbesondere bei fehlenden bzw. ungenügenden wissenschaftlichen Nachweisen und aus der Sicht der Verhältnismässigkeit.

Es existieren keine geeigneten Regelwerke. Was sind die aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich?

Es bestehen Regelwerke, diese sind jedoch für Planer und Installateure unverständlich und nicht praxiskonform; es sind sogenannte «Akademische Schreibtischpapiere». Die SIA 385/1 ist in Revision, in erster Linie basiert diese auf einer generellen Temperaturerhöhung. Zwischenzeitlich ist auch eine Vernehmlassung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV in Arbeit. In der Schweiz fehlen ganz klar gegenüber Deutschland die Voraussetzungen eines Vollzugs, und ebenso wird der Wartung von Anlagen zu wenig Beachtung geschenkt.

«Es bestehen Regelwerke, diese sind jedoch für Planer und Installateure unverständlich und nicht praxiskonform.»

Was nützt eine reine Temperaturerhöhung in einem Warmwasserspeicher, wenn dabei die Kalt- und Mischwasser-Zone nicht erwärmt wird? Ausserdem sind damit Leitungen und Armaturen mit einer Temperaturerhöhung allein nicht keimfrei; auch mit dem Verfahren an allen Zapfstellen mit einer Temperatur von +60°C und einer Spülung, was ja eigentlich nur auf dem Papier realisierbar ist, findet keine vollständige Abtötung der Legionellen statt. Es müsste daher noch mehr kommen.

«Auch mit dem Verfahren an allen Zapfstellen mit einer Temperatur von +60°C und einer Spülung findet keine vollständige Abtötung der Legionellen statt.»

Weshalb gibt es bei den Warmwasser-Wärmepumpen (WW-WP), Ihrem Steckenpferd, keine besseren Fortschritte?

Der Markt von Warmwasser-Wärmepumpen hat zwischen 2009 und 2017 von ca. 400 Stück pro Jahr auf 7200 zugenommen. Es gibt aber für Endkunden, Planer und Installateure immer noch offene Fragen, insbesondere der Wärmediebstahl – ein «nicht existentes» Problem bei der Umluft-WW-WP.

Es fehlen die Basiskenntnisse der Varianten und Möglichkeiten von WW-WP, zum Beispiel der Kompakt-WW-WP mit Kanalsystem, d. h. mit Nutzung der Aussenluft, und womöglich der Nutzung der kühleren Fortluft, oder der Split-WW-WP, des Sortiments ab 80 bis 300 Liter.

Sie sagen, dass gemäss Feldanalysen eine bedeutende Anzahl der Installationen von Warmwasser-Wärmepumpen nicht normgerecht angeschlossen und/oder falsch dimensioniert sind. Weshalb diese Zustände und was ist zu tun?

«Es werden kontinuierlich erhebliche Mängel der Dimensionierung und der Installationen festgestellt.»

Bei den Feldanalysen handelt es sich um Messungen von Warmwasser-Wärmepumpen durch die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW im Auftrag des Verbands GKS, zwecks Nachweis der Energieeffizienz. Die ersten Messungen erfolgten in den Jahren 2016 und werden bis heute weitergeführt. Es werden kontinuierlich erhebliche Mängel der Dimensionierung und Installationen festgestellt. Seitens der Hersteller wurden die Montage- und Installationsanleitungen erweitert, die GKS mit der FHNW erstellte ein Merkblatt «Warmwasser-Wärmepumpen: Auslegungs-(Dimensionierungs-)Checkliste». Auch zeigen Messungen des BFE dieselben Merkmale auf.

Im Verband GKS werden diese Themen in den entsprechenden Fachgruppen diskutiert, ebenso wird dies an Veranstaltungen wie Round Table und an eigens durchgeführten Updates detailliert erläutert. [vgl. folgenden Beitrag]

Was sind die häufigsten Fehler, die gemacht werden?

In erster Linie ist es die falsche Dimensionierung einer WW-WP, diese werden immer noch oft gleich einem Warmwasserbereiter ausgelegt, was grundsätzlich falsch ist.

«In erster Linie ist es die falsche Dimensionierung WW-WP, diese werden immer noch oft gleich einem Warmwasserbereiter ausgelegt, was grundsätzlich falsch ist.»

Ein Warmwasserbereiter wird innerhalb 24 Stunden für einen Tagesbedarf berechnet, bei einer Warmwasser-Wärmepumpe wird kontinuierlich das bezogene Warmwassers erwärmt, analog einem Kühlschrank. Dadurch entstehen unnötige Wärmeverluste des Speichers und demzufolge höhere Energiekosten und ein schlechterer Wirkungsgrad – COP-Wert.

Ebenso sind wiederkehrend keine, oder falsch dimensionierte Wärmedämmungen an den Warmwasser- und Kaltwasser-Leitungen feststellbar. Auch das führt zu unnötigen Energiekosten.

Die Mehrzahl der geprüften Installationen weist keine Syphonierung auf, d. h. es entsteht eine Schwerkraftzirkulation im Warmwasserrohr mit Rückführungen bis in den Speicher. Auch dies führt zu unnötigen energetischen Verlusten.

Was muss bei der Ausbildung in dieser Hinsicht geschehen?

Da es sich um Planungs- und Installations-fehler handelt, sollten sich die entsprechenden Verbände und Organisationen wie Suissetec (Installationsunternehmen), VSSH (Installateure), SSHL (Fachlehrer), SWKI (Gebäudetechnik-Ingenieure), FH-Fachhochschulen darum kümmern, den betroffenen Gewerken das benötigte Fachwissen zu vermitteln.

Seitens der Energieeffizienz werden wiederkehrend die schlechten COP-Werte bemängelt, es ist jedoch eine erwiesene Tatsache, dass dies nicht auf die Warmwasser-Wärmepumpen zurückzuführen ist, sondern auf Planung und Installation.

Welche Projekte verfolgen Sie im Moment und welche sind auf gutem Wege?

Die Richtlinien von Ecodesign/ErP (Energy related Products) der EU für eine bessere Energieeffizienz werden sukzessive auch in der Schweiz übernommen. Diese sind bereits in die neue Energieeffizienzverordnung EnEV SR 730.2 des Bundes eingeflossen. Teilweise aber leider immer noch mit Abweichungen, so wird das Verbundlabel noch nicht übernommen.

Sind die Ziele der Energiestrategie zu schaffen, und was muss vom Staat getan werden, damit dies auch in der Gebäudetechnik gelingt?

Es bedarf seitens aller beteiligten Akteure einer grösseren Weitsicht und einer intensiveren Zusammenarbeit in der Gebäudetechnik-Branche. Insbesondere sollten wiederkehrend Massnahmen mit entsprechender Verhältnismässigkeit getroffen werden. Die Anforderungen nehmen kontinuierlich zu, das fordert natürlich «Schreibtischtäter» dazu auf, neue, unnötige Regelwerke zu erarbeiten ohne deren Konsequenzen zu überdenken; damit werden aber Zielsetzungen verfehlt – insbesondere wird die Energiestrategie damit gefährdet.

«Zur Erfüllung der Ziele der Energiestrategie sollten wiederkehrend Massnahmen mit entsprechender Verhältnismässigkeit getroffen werden.»

Auch wird der Kunde als Investor mit der neuen Vielfalt an Regelwerken verunsichert und verzichtet auf den Einbau einer energieeffizienten Wärmepumpe; nicht zuletzt aufgrund der Vielfalt an Anforderungen, wie z. B. der Lärmschutzverordnung LSV, den Anforderungen an Erdwärmesonden, der ChemRRV (Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung – Kältemittel).

Es fehlt halt in vielen Bereichen der Vollzug, ohne den Regelwerke zur Makulatur werden und nicht zum gewünschten Ziel führen. Daran müssen wir alle hart arbeiten. Doch es ist zu schaffen. Denn was wir alle wollen, ist die Mühe wert!

 

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