Immer weniger Menschen sind bereit, Sanitärgeräusche in Gebäuden als unabänderliche Tatsache hinzunehmen. Mit der Wahl der richtigen Systeme und Apparate und einer fachgerechten Installation lassen sich die Schallemissionen, etwa einer Abwasserleitung oder einer WC-Spülung, erheblich reduzieren.
Die Akustikspezialisten von Geberit jedenfalls sind überzeugt, dass die Zukunft den schalloptimierten Sanitärprodukten gehört. «Um die akustischen Eigenschaften einer sanitären Installation zu verbessern, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: eine Modifikation der Schallquelle oder eine Reduktion der Schallübertragung. Wir machen beides», sagt Oliver Wolff, der als Leiter Bauphysik von Geberit ein zehnköpfiges Team führt.
Realitätsnahe Bedingungen
Vollkommen eliminieren lassen sich Geräusche in sanitären Anlagen nicht, doch «um die Geräusche der Sanitäranlagen möglichst zu vermeiden, testen wir in unserem Forschungslabor für Sanitärtechnik und Materialentwicklung alle unsere eigenen Produkte mit modernen akustischen Verfahren», erklärt Wolff. In dieser Form sei das Labor weltweit in der Haustechnikbranche einzigartig und bestens ausgerüstet, fügt er hinzu. Alleine für die Akustik verfüge man über 19 Prüfräume, in denen sich unter anderem Schwingungen mit dem Laserscanning-Vibrometer messen oder mit einer akustischen Kamera die Schallquellen in den Entwässerungssystemen orten lassen.
Im bauphysikalischen Labor werden einzelne Komponenten wie ganze Entwässerungssysteme auf ihre hydraulischen, akustischen und statischen Eigenschaften überprüft. So können beispielsweise die Schallübertragung der vielfältigen Installationssysteme über mehrere Stockwerke unter realitätsnahen Bedingungen getestet und optimiert werden. «Es werden nicht nur die Produkte selbst erforscht, sondern auch der Einfluss der unterschiedlichen Installationstechniken auf die Schallemissionen», betont Wolff.
Veränderte Lärmempfindlichkeit
Der Schallschutz werde im Sanitärbereich immer wichtiger, meint Wolff. Nicht nur wegen der vorgeschriebenen Werte, die in der SIA Norm 181 festgelegt sind, sondern auch wegen der sich laufend verändernden Lärmempfindlichkeit der Menschen. Für Wolff ist die Schallschutz-Norm, die seit Juni 2006 in Kraft ist und den Schallschutz gegen Aussen- und Innenlärm an Gebäuden und Räumen regelt, auf eine differenzierte Bauweise ausgerichtet. Sie regle nicht alles, aber sehr viel und begründe sich unter anderem durch das gestiegene Ruhebedürfnis der Menschen.
«Ein Geräusch wird in der Regel dann als störend empfunden, wenn es mindestens zehn Dezibel über dem Ruhepegel, dem Grundgeräusch, liegt. Und bei einer geringen Lautstärke wird eine Pegelerhöhung von 3 bis 5 Dezibel als Verdopplung wahrgenommen», meint der Bauphysiker auf dem Rundgang durch das Forschungslabor. «Die Anforderungen der Norm gelten ohne Toleranzen», betont Wolff, und «letztendlich ist nicht entscheidend, was wir in den eigenen vier Wänden hören, sondern was unsere Nachbarn hören könnten.»
Grundlage für Innovationen
Wer ein Sanitärprodukt von Geberit einsetzt, ahnt kaum, wie viel technologisches Wissen in dessen Entwicklung geflossen ist. «Die Ergebnisse und Erkenntnisse der Tests und Messwerte fliessen in unsere Produkteentwicklung», betont Beat Aebi, Leiter Marketing und Produktmanagement von Geberit. Das Unternehmen nimmt die Forschung und die Produkteentwicklung ernst. Muss es auch, denn einerseits sind die festgelegten Normen des Schallschutzes das Mass der Messwerte. Nach der Fertigstellung eines Gebäudes würden die effektiven Schallwerte gemessen, erklärt Aebi. «Werden diese nicht eingehalten, kann das im schlimmsten Fall bis zu einem Rückbau der Installationen führen», betont Aebi.
Andererseits will man mit den eigenen Produkten weiterhin neue Massstäbe setzen. Im Jahr 2016 waren es rund 72 Mio. Franken oder rund 2 Prozent des Umsatzes, die in die Forschungsarbeit geflossen sind. «Es ist die Grundlage für künftige Innovationen», sagt Aebi. Das Unternehmen hat sich die Erwartungen von geräuscharmen Sanitärinstallationen zum Auftrag gemacht und gibt das Know-how in unzähligen Workshops und Schulungen an Architekten, Planer und Installateuren weiter. Der Andrang ist gross. Alleine das Forschungszentrum in Jona verzeichnet rund 6000 Besucher pro Jahr.
Austausch entscheidend
Damit die Qualität hoch gehalten werden kann und die Produkte und Installationssysteme im Markt weiterhin ihre Akzeptanz haben, ist auch für Oliver Wolff der Austausch innerhalb und ausserhalb des Unternehmens entscheidend. «Ich selbst bin in verschiedenen Normungsgremien in der Schweiz, in Deutschland aber auch auf internationaler Ebene aktiv.» Es gehe ihm darum, die Fühler auszustrecken, in welche Richtung sich die Normenwelt bewegen könnte.
«Wir haben in den letzten 20 Jahren im Labor mit unseren Messungen und Tests einiges an Erfahrungen sammeln können», sagt Wolff. Abweichungen stelle man sehr schnell und sehr genau fest. «Hier im Labor arbeiten wir nicht mit Rechenmodellen, in der viele Annahmen zu grossen Abweichungen führen könnten, sondern empirisch.» Man teste unter realitätsnahen Bedingungen. «Die Daten, die gemessen werden, geben wir eins zu eins weiter.»
Doch der Schallschutz ist nur eine Komponente unter vielen. Bis ein Produkt auf den Markt kommt, arbeiten in den Entwicklungsteams Spezialisten aus den Bereichen Brandschutz, Elektronik, Hygiene, Werkstofftechnik oder virtuelles Engineering zusammen. «Das verlangt hohe Anforderungen an die Innovations- und Gesprächskultur», betonen Wolff wie auch Aebi.