Für das Wasserressourcenmanagement eines Schulgeländes in Tansania wurde ein Konzept (Bachelorarbeit an der HSLU) erstellt. (Bilder: zVg)

Bauphase des neuen Schulgebäudes in Tansania.

Wasserressourcenmanagement durch autarke Kreislaufsysteme

Für unsere Bachelorarbeit an der HSLU wurde ein Konzept für das Wasserressourcenmanagement eines Schulgeländes in Tansanias erstellt. Es präsentiert eine Lösung zur lokalen und dezentralen Abwasseraufbereitung. Das Konzept beinhaltet die Nutzung von Regenwasser, die Wiederverwendung von Grauwasser sowie die Nutzung von aufbereitetem Abwasser.

Die Wasserknappheit nimmt weltweit zu und betrifft immer mehr Regionen, einschliesslich europäischer Länder wie Italien, Frankreich, Portugal und Spanien, die bereits seit einigen Sommern mit diesem Problem kämpfen. Derzeit sind über zwei Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen. Daher ist ein bewusster Umgang mit Wasser wichtiger denn je, dabei spielt das dezentrale Wasserressourcenmanagement eine entscheidende Rolle.

Erfassen der Ausgangslage

Das zentrale Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung einer Abwasseraufbereitung für eine Schule im Norden Tansanias, die das Wasser lokal aufbereitet und wiederverwendbar macht. Das Schulgelände verfügt über keinen öffentlichen Anschluss an eine Kanalisation, Wasser- oder Stromversorgung. Weiter ist die Materialwahl durch die lokal verfügbaren Ressourcen sowie die erschwerte Erschliessung beschränkt.

Der abgelegene Standort der Schule (zu sehen in den Abb.), der kulturelle Hintergrund der Nutzer und die begrenzten technischen Möglichkeiten vor Ort müssen sorgfältig in die Gestaltung des Konzepts des Wasserressourcenmanagements (WRM-Konzepts) integriert werden.

Die Analyse der Ausgangssituation führte zu wichtigen Erkenntnissen, welche die Konzeptentwicklung beeinflussten: Die bestehende WC-Anlage ist kapazitätsmässig an ihre Grenzen angelangt, entspricht nicht einem nachhaltigen WRM-Gedanken und muss daher ersetzt werden. Die neue Abwasseraufbereitungsanlage sollte leicht zu warten sein, eine Anforderung, die durch die abgelegene Lage der Schule noch wichtiger wird. Da kulturell bedingt die Reinigung nach dem Stuhlgang mit Wasser erfolgt, wird ein wassergeführtes System für die Konzeptfindung favorisiert. Dieses sollte, aufgrund des jungen Alters der Schüler, einfach zu bedienen sein.

Konzeptfindung

Neben den Erkenntnissen aus der Ausgangslage, wurden die möglichen Risiken und Nutzungspotentiale des Abwassermanagements analysiert. So bietet es sich am Standort an, ein Urin-Recycling umzusetzen und Urindünger herzustellen. Damit könnte die Ernte auf den schuleigenen Gemüsefeldern gesteigert werden. Mit dem aufbereiteten Schwarzwasser sollen diese Felder bewässert werden, was eine pathogene Reduktion von 3-4 Log-Einheiten durch die Aufbereitungsanlage erfordert. Das Lösungskonzept darf dabei keine Komponenten mit offenen Wasseroberflächen beinhalten, da besonders für kleine Kinder ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bei direktem Kontakt mit unbehandeltem Abwasser besteht.

Lösungsvorschlag Abwassermanagement

Mit einer Nutzwertanalyse wurden verschiedene Abwasseraufbereitungskonzepte bewertet. Diese wurden mit Hilfe einer Online-Datenbank mit bestehenden Anlagen verglichen. Das Konzept, das die effizienteste pathogene Reduktion verspricht, wurde ausgewählt und bildete die Grundlage für den ausgearbeiteten Lösungsvorschlag.

Wiederverwendung von 65% des Abwassers

Die finale Konfiguration für die Schwarzwasseraufbereitung besteht aus einem Schlammabscheider, einem anaeroben Tauchwandreaktor, anaeroben Filtern und einem horizontalen Pflanzenfilter. Mit dieser Kombination wird eine uneingeschränkte Bewässerung nach WHO-Standards ermöglicht.

Das entwickelte Abwasseraufbereitungskonzept ermöglicht die Wiederverwendung von rund 65% des anfallenden Abwassers. Weiter wird eine Regenwassernutzung vorgesehen. Beide Massnahmen tragen einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Wasserknappheit bei. Mit einem Regenwasserspeichervolumen von 20 m³ kann der Bedarf an Brauchwasser für die Handwaschanlagen ganzjährig gedeckt werden. Zudem wird das Grauwasser aus den Handwaschbecken für die WC-Spülung wiederverwendet, was zu einer jährlichen Wassereinsparung von ca. 13% führt.

Erläuterungen zum Abwasseraufbereitungskonzept

Das vorgeschlagene Abwasseraufbereitungssystem besteht aus einem mehrstufigen Aufbereitungsverfahren. Der unterirdische Schlammsammler dient als Vorbehandlung und soll die Feststoffe im Abwasser durch Reduzierung der Fliessgeschwindigkeit und Turbulenz zu einer Sedimentation zwingen. Der nachgeschaltete anaerobe Tauchwandreaktor dient der Primärbehandlung. Durch die lange Kontaktzeit mit der aktivierten Biomasse (Klärschlamm) in den Aufwärtsstromkammern erfolgt eine Umwandlung von Feststoffen in lösliche Substanzen und Methan.

Die anaeroben Filter bieten neben konstruktiven Vorteilen in Verbindung mit dem Tauchwandreaktor eine effiziente Reduktion von Schwebstoffen und können als Primärnachbehandlung betrachtet werden. Das Abwasser durchfliesst das Filtermedium im Aufwärtsstrom und kann je nach Filtermedium einen erheblichen Beitrag zur Reduktion von Helminthen-Eiern leisten.

Als Sekundärbehandlung ist ein horizontal fliessender Pflanzenfilter vorgesehen. Er soll dabei den Geruch des Abwassers neutralisieren und garantiert durch die lange Verweilzeit eine effiziente Reduktion der Pathogene. Der biologische Abbauprozess kann je nach Durchlässigkeit des Filters als anaerober oder aerober Prozess erfolgen. Die Vegetation leistet dabei einen wichtigen Beitrag, die Sauerstoffzufuhr in das Filtermaterial zu gewährleisten.

Das Abwasseraufbereitungskonzept berücksichtigt neben den örtlichen Gegebenheiten, wie den verfügbaren Fachkräften für Erstellung und Wartung, auch die Materialverfügbarkeit am abgelegenen Standort. Es werden ausschliesslich örtlich verfügbare und leicht verständliche Technologien verwendet. So kann die Umsetzung des Schlammabscheiders, des anaeroben Tauchwandreaktors sowie der anaeroben Filter mit örtlich verfügbaren und kostengünstigen Polyethylen-Tanks erfolgen. Die Tanks werden in Tansania produziert und überzeugen durch ihre lange Lebensdauer. Als Filtermaterial kann Vulkanstein des nahgelegenen Mount Meru verwendet werden. Die grosse Oberfläche des Vulkangesteins bietet einen optimalen Nährboden für die im Abbauprozess notwendigen Bakterien.

Die Bewässerung der Landwirtschaftsflächen …

… kann je nach effektivem Höhenverhältnissen vor Ort durch Schwerkraft mittels Bewässerungskanal oder durch ein pumpengestütztes Berieselungsfeld erfolgen. In den Konzeptplänen wird letzteres mit 2x10 000-Liter-Speicher und einer solarbetrieben Tauchwasserpumpe berücksichtigt. Die Speicher sind mit einem Überlauf ausgestattet und ermöglichen eine Überbrückungszeit von ca. 2 Wochen ohne Überlauf.

Die Beseitigung des anfallenden Klärschlamms erfolgt mit einem bepflanzten Trocknungsbeet. Um den Trocknungsvorgang zu beschleunigen, ist eine Überdeckung vorgesehen. Nach einer Verweilzeit (zur Hygienisierung) von ca. 1 Jahr kann der hummunisierte Klärschlamm zur Nährstoffrückgewinnung auf die Landwirtschaftsflächen ausgebracht werden. In einem weiteren Schritt können in das Konzept selbstgezüchtete Kompostwürmer implementiert werden. Dies kann eine Volumenreduktion von bis zu 90% des Klärschlamms ermöglichen.

Bei der Dimensionierung der Abwasseraufbereitung wurde neben der Effizienz auch die Umsetzbarkeit, wie beispielsweise die Aushubtiefe, berücksichtigt. Dies, da sämtliche Grabarbeiten mit reiner Muskelkraft erfolgen.

Ausblick

Für die Umsetzung des Konzepts wurde ein Zeitplan erstellt, der eine Bauzeit von 12 Wochen vorsieht. Das dezentrale Abwassermanagement bringt die Verantwortung zurück zum Nutzer, was zur Stärkung des Bewusstseins für den Wert des Wassers beitragen soll. Überwachungs- und Wartungsverfahren wurden definiert, einschliesslich der Kontrolle des Fluoridgehalts im Trinkwasser sowie der E.coli-Bakterien und Helminthen-Eier im aufbereiteten Abwasser.


*Studenten des BSc-Studiums in Gebäudetechnik HLKS am IGE der HSLU – Technik+Architektur

Der vollständige Beitrag ist in p+i 06/23 erschienen