Daniel Rohrer, Ihr Unternehmen feiert heuer sein 80-Jahr-Jubiläum. Sie haben Lasso-Technik, die Firma Ihres Grossvaters, übernommen, der in der Rückflussverhinderung Pionierarbeit geleistet hat. Erzählen Sie uns davon.
Ja genau, ich bin die stolze 3. Generation, und es freut mich sehr, dass wir dieses Jubiläum feiern können. Mein Grossvater mit Jahrgang 1903 hatte nach seinen Lehr- und Wanderjahren sowie den Widrigkeiten dieser Zeit - 1. und 2. Weltkrieg, Wirtschaftskrise, Spanische Grippe - den Mut gehabt, die Lasso Technik AG zu gründen. Mit seinem Erfahrungsschatz und den Verbindungen in ganz Europa konnte er mit zwei Aktivitäten bald einige Erfolge verbuchen. Das eine ist Lasso Cable, ein kurvengängiges Seilbahnsystem, das in der tropischen Landwirtschaft den Transport und die Qualität der Früchte innerhalb der Plantage sicherstellte. Das andere war der Handel von Gummimembran-Rückflussverhinderern, bei denen er schnell merkte, dass die Idee eines «Ventils ohne mechanisch bewegte Teile» ein grosser Vorteil ist. Diese Eigenschaft reduziert den Unterhalt und erhöht die Lebensdauer. Der Nachteil der importierten Rückschlagventile war ein relativ hoher Widerstand/Druckverlust in der Rohrleitung, was ihn antrieb seinen Stop-Silent-Rückflussverhinderer zu entwickeln. Die Funktion ist so einfach wie genial, ein elastomere Kegel deformiert sich durch den Durchfluss und kommt wieder zurück in Position bei Stillstand, ähnlich der Bewegung einer Qualle, die auch in unserem Logo ersichtlich ist.
Ihr Grossvater hatte seine Ventile eigentlich für die Trinkwasseranwendung konstruiert. Wie kam es zur Verwendung für das Abwasser?
Sein Schwiegersohn, mein Vater, war 1977 in die Firma eingetreten und hat sie erfolgreich weitergeführt, bis ich sie 1996 übernommen habe. Um die Geschäfte weiterzuentwickeln, haben wir uns entschieden, andere Gummiventile mit Synergien im Schweizer Markt einzuführen, was uns auf die andere Seite, zum Abwasser gebracht hat. Die damals gehandelten Rückstausicherungen zeigten Mängel, sodass wir eine Eigenentwicklung anstrebten. Es war für uns eine Triebfeder, das Wissen und die Erfahrung mit Gummimembranen aus der Trinkwasser- in die Abwasseranwendung zu bringen. Eine Membran, eine Expander-Klemme und die grosse Stunde von Stop Silent Light (SSL) hatte geschlagen.
Es ist das weltweit einzige Ventil, das sich kraftschlüssig in eine Rohrleitung spannen lässt. Mit dieser Bauform haben wir einen Membran-Rückflussverhinderer, der in Medien mit Feststoffen eingesetzt werden kann, üblicherweise in Niederdruck-Anwendungen.
Welche weiteren Anwendungsvorteile ausserhalb des Rückstaus sind bei Ihren Produkten zu nennen?
Der Rückstau in der Kanalisation ist die wichtigste Anwendung, für die wir das Ventil auch entwickelt haben. Den Zusatzeffekt «Geruchsverschluss» haben wir eigentlich erst realisiert mit der Aussage unserer Kunden «seit dem Einbau des SSL stinkt es nicht mehr im Keller». Das hat unsere Sensibilität auf diesen Bereich geschärft, und wir können damit ein weiteres Problem unserer Kunden lösen und sie besser beraten - zum Bsp. bei Fallleitungen, die eine Terrasse entwässern; diese sind wie ein Kamin und transportieren die Kanalgase nach oben, sobald der Siphon trocken liegt. Mit der Installation von SSL ist das Problem dauerhaft zu lösen. Eine weitere Anwendung ist die «Froschklappe»: SSL wird ins Rohr geklemmt und verhindert, dass sich Kleintiere darin verirren oder dass sich Geröll einschwemmt und die Leitung verstopfen kann.
Wir haben auch Kunden, die SSL als «Schalldämpfer» in eine Rohrleitung eingebaut haben, denn Lärm in einem Entwässerungssystem kann sich über die Rohrleitung unangenehm verbreiten. Unsere weiche Gummimembrane mit stehendem Wasser kann diese Emissionen zum grossen Teil abfangen.
Wie Sie sehen, ist Stop Silent Light ein Multitalent - die Alleinstellungsmerkmale Membrane mit Expander-Klemme ermöglichen, verschiedene Probleme einfach und dauerhaft zu lösen, und die Montage ist rekordverdächtig schnell.
Ihre Rückstausicherungen und Rückschlagventile unterscheiden sich von anderen Ventilen. Was ist anders, was ist das Spezielle bei Ihnen?
Das Gros der handelsüblichen Ventile sind mechanische Baugruppen, bei denen sich mechanische Teile in ihrer Funktion bewegen. Diese Mechanik benötigt bedeutend mehr Pflege als eine Membran. Im speziellen im Schmutzwasser sind mechanische Systeme anfällig. Für den Unterhalt an einer Anlage muss diese öfters durch Spezialisten stillgelegt und revidiert werden. Das bedeutet Produktionsausfall, Ersatzteil- und Facharbeiterkosten. Der Unterschied zu anderen Ventilen findet sich auch im Namen «Stop Silent»: es steht für geräuscharmes Schliessen, und die Qualle repräsentiert die Bewegung der Membrane.
Ganz klar ist die Membrane als Funktionsteil das zentrale Element, es wird aus verschiedenen Elastomeren hergestellt, mit denen wir mannigfaltige Anwendung bedienen. Durch unsere langjährige Erfahrung beraten wir unsere Kunden, um das für ihre Anwendung beste Material einzusetzen. Wichtig ist, dass durch chemische wie auch mechanische Beständigkeit die Bedürfnisse von Anwendungen bestmöglich zu erfüllen sind. Ein Paradebeispiel für Nachhaltigkeit sind die Ventile, die mein Grossvater 1963 der Wasserversorgung Luzern liefern durfte: Vor 3 Jahren haben wir die Funktionsteile ersetzt bzw. an moderne Anforderungen angepasst, obwohl sie immer noch voll funktionsfähig waren; eine Kosten-Nutzenrechnung zu machen ist hinfällig.
Mit dem Klimawandel kann es regional zu enormen Regenmengen kommen, die auch von grosszügig dimensionierten Kanalisationen nicht aufgenommen werden können. Wie ist damit umzugehen?
Ja, Sie sagen es, die Kanalisation hat ein Fassungsvermögen, die mit den heutigen Unwettern schnell ans Limit stossen. Das heisst der Überlauf endet als erstes im Keller, wenn dieser nicht dagegen geschützt wird. Bei einem DN150-Anschluss und einem Rückstaudruck von 3 m Wassersäule kann viel Wasser pro Sekunde in den Keller fliessen. Das heisst bei einem Starkregen während 5 Minuten ist ein Keller mit 50 m2 Fläche zu 84 cm unter Wasser.
Aus diesem Grund ist sehr wichtig, dass Rückstau verhindert wird! Jedes Gebäude muss für sich analysiert werden, um auch das Risiko des Austritts durch Regenwasser und Eigenwasser zu verhindern. Grundlegend soll der Rückstau aus der Kanalisation verhindert werden. Als nächstes soll sichergestellt werden, dass Regenwasser nicht in die Hauskanalisation fliessen kann; dieses kann je nach Fläche und Intensität des Regens ein erstaunliches Volumen sein. Als drittes sollte während dieser Zeit möglichst wenig Eigenwasser produziert werden bzw. keine Badewanne entleert werden.
Wie sieht es bei Ihren Produkten mit der Normierung aus? Wie sind Sie hier vorgegangen?
Teil der Entwicklung unserer Rückstausicherung waren die Tests gemäss der Norm EN DIN13 564, die wir zusammen mit der Hochschule Luzern gemacht und bestanden haben. Unsere innovative Lösung entspricht jedoch nicht der Norm, die zwei mechanische Klappen vorsieht, eine davon wird über einen elektronischen Sensor angesteuert, sobald der anspringt. Unsere Rückstaumembran ist dieser Norm jedoch überlegen, da sie in sich autonom ist, keinen Strom benötigt und somit ausfallsicherer ist. Für die Montage benötigen wir weder den Maurer noch den Elektriker - der Sanitär oder der gewandte Hausbesitzer montiert ein Stop Silent Light in wenigen Minuten. Als weiteres Kostenelement überzeugt die optische Dichtheitskontrolle des SSL dem jährlichen zweimaligen Einsatz eines Fachspezialisten gegenüber.
Zurückkommend auf die Frage «Normierung»: glücklicherweise ist eine Norm nicht ins Gesetz geschrieben, und der Markt hat sich zu unseren Gunsten verändert - oder anders gesagt: es ist heute ganz normal, dass man eine SSL-Rückstausicherung montiert.
Was bedeutet das für die Anwender? Wie sicher sind Ihre Anwendungen?
Stop Silent Light ist nun seit 2013 auf dem Markt; in diesem Jahr hatten wir auch eine SSL150 in Bern installiert, die alle 20 Min. im Rückstau steht. Das ist für uns eine sehr interessante Situation, denn niemand würde eine Testanlage aufstellen, die über solch einen Zeitraum einen Materialtest macht. Dieses Ventil ist immer noch in Betrieb und leistet jeden Tag seinen Dienst. Diese ist repräsentativ für die meisten Anwendungen unserer Rückstaumembrane. Letztes Jahr hatten wir eine Rücklaufquote von weniger als 1/1000, und etwas näher betrachtet waren diese entweder Manipulationsfehler oder fehlende Wartung.
Der Mark verändert sich. Was ist Ihrer Ansicht nach hier anzumerken?
Wie uns 2021 gezeigt hat, werden Unwetter mit der globalen Erwärmung schlimmer. Das heisst der Schutz der Gebäude gegen Wasser wird immer wichtiger, nicht nur aus der Kanalisation, auch Regen – Oberflächenwasser hat grosses Schadenpotential.
Es ist je länger je mehr im Trend, «Nachhaltigkeit» als Etikette und Marketingelement zu sehen. Nachhaltigkeit war bei Lasso nie ein Thema, es ist unsere Philosophie! Wir entwickeln Produkte, die dauerhaft sind und für welche wir immer Ersatzteile liefern können. Wir staunen immer wieder, mit welchen Wachstumsraten unsere Kunden uns voranbringen. Dieses ist nur möglich durch die gute Reputation, die unser «Quallenventil» geniesst.
Was ist bei Lasso für die nächste Zukunft geplant?
Wir haben verschiedene Entwicklungen in der Pipeline. Im Wasser - bis 16 bar - planen wir neue Ventilkörper, optimiert und auf die heutigen Bedürfnisse angepasst. Im Abwasserbereich - für Niederdruck - wird es noch einiges zu tun geben. Was sicher ist, wir werden kontinuierlich SSL in Grössen DN400 und weitere entwickeln. Die Lasso Technik AG exportiert nach Europa und hat sich zudem entschieden, mit dem wachsenden Umsatz eine Niederlassung, die Stop Silent Europe GmbH in Kirchzarten, in Deutschland zu gründen.
Was nicht planbar, aber aus Erfahrung absehbar ist, Kunden werden auch im 2022 dafür sorgen, dass wir ein weiteres Stück vom Kuchen am Rückstausicherungsmarkt abbekommen werden.