(Fortsetzung von S. 1)
«Die Effizienz manuellen Lüftens ist sicherlich auch abhängig von der baulichen Situation, d.h. welche Fenster man vorfindet.
Das manuelle Lüften funktioniert gut mit hohen Fenstern, vor allem im Winter. Unten fliesst die kalte Luft rein, senkt sich auf den Boden, die warme, belastete Luft in der Nähe der Decke strömt nach draussen. Die in einer kurzen Pause eingeströmte Aussenluft wird sich sehr schnell aufwärmen und der Unterricht kann weitergehen. Als unangenehm wird hingegen das Öffnen von Kippfenster empfunden, da die Schüler, die in der Nähe der Fensterfront sitzen, sehr schnell kalte Füsse bekommen.
Welche einfachen Regeln kann man bei der manuellen Lüftungsstrategie umsetzen, um auf die mindestens drei Luftwechsel pro Stunde im belegten Schulzimmer zu kommen?
Unser vorhin skizziertes Norm-Schulzimmer mit 64 m2 und 3,5 Meter Raumhöhe fasst ein Luftvolumen von fast 225 m3. Um diesen Luftinhalt drei Mal pro Stunde auszutauschen, ist es ratsam nach jeder halben Stunde das Schulzimmer mittels grosszügigem Fensteröffnen während ca. 5 Minuten zu lüften. Bei einer CO2-Messung sollte der Wert unter 500 ppm sinken. Bei tiefen Aussentemperaturen funktioniert das recht gut. Schwierig wird es, wenn es draussen wieder wärmer wird und der Luftaustausch nicht mehr durch grosse thermische Effekte begünstigt wird. Bei etwas Wind hilft allenfalls auch eine Querlüftung durch zusätzliches Öffnen der Korridortüre und Korridorfenster.
Manuelles Lüften kollidiert aber mit dem Ziel, bei modernen, gut gedämmten Schulgebäuden eine möglichst hohe Energieeffizienz zu erreichen. Dies setzt voraus, ein vollwertiges mechanisches Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung einzubauen.
Das ist völlig klar. Wenn eine Baukommission die Lüftung rausstreicht, begeht sie einen groben Fehler. Es ist unverantwortlich, eine mechanische Schulzimmerlüftung aus dem Budget zu streichen. Denn dies gefährdet erstens die Gesundheit und den Lernerfolg der Kinder und führt zweitens zu unnötiger Energieverschwendung während des Schulbetriebs. Denn die Lüftung muss in jedem Fall sichergestellt werden; bei Fensterlüftung gibt es aber keine Energierückgewinnung und auch die Behaglichkeit und somit Gesundheit ist im Winterhalbjahr in Frage gestellt.
Es mag ein etwas spitzfindiges Argument sein. Mit einem CO2-Messgerät kann man die tatsächliche Virenlast nicht messen.
Das ist richtig. Da aber eine erkrankte Person nicht nur Aerosole mit Viren ausatmet, sondern auch CO2, kann dieser Leitwert als Indikator gute Hinweise auf die Luftqualität geben. Man darf jedoch nicht vergessen: Wir wollen mit einer Lüftungsstrategie gleich mehrere Grössen im Auge behalten. Erstens braucht der Mensch schlichtweg genügend Sauerstoff. Zweitens spricht man aktuell vom Coronavirus, aber es gibt ja noch andere Viren und Bakterien, die Kinder krank machen können. Und schliesslich möchte man auch flüchtige organische Verbindungen (VOC), die von Baustoffen und Mobiliar stammen und man als unangenehme Gerüche wahrnimmt, sowie Feinstaub aus dem Raum entfernen.
Einige Experten legen den Fokus auf die genügende Befeuchtung der Zuluft. Eine relative Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60% vermindere das Risiko, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Wie sehen Sie das?
Die Forderung von mindestens 40% relative Feuchte (rF) hat ungeahnte Konsequenzen. Wollte man in allen Schulzimmern der Schweiz eine Raumluftfeuchte von mehr als 40% gewährleisten, würde dies im Winterhalbjahr einen gewaltigen Mehrbedarf an elektrischem Strom auslösen. Bekannt ist: Eine relativ trockene Luft führt dazu, dass mehr Wasser verdunstet wird und so mehr an Aerosolen haftende Viren freigesetzt werden. Doch dies ist ein Vorgang, der sich über Stunden vollzieht, während man eine kritische Virenlast bereits in kurzer Zeit einatmen kann. Das heisst: Der Einfluss der relativen Feuchte im Raum auf die «Überlebensfähigkeit» der Viren ist unerheblich, bedenkt man, dass durch eine überlegte Lüftungsstrategie die Virenlast innert Minuten effizient reduziert werden kann.
Worauf ist zu achten, wenn Schulen mobile Raumluftreiniger anschaffen, die im Umluftbetrieb arbeiten?
Hier stellt sich die Frage, wie man eine hohe Lüftungseffizienz und ein hygienisch unbedenkliches Luftströmungsmuster erreichen kann. Es ist besser, statt ein Gerät mit HEPA-Filter (99,95%) und nur einfachem Luftwechsel einzusetzen, viel Luft zu fördern mit einem 95%-Filter (z.B. 4-facher Luftwechsel und EPA11-Filter). Da so die Raumluft mehrfach pro Stunde filtriert wird, erreicht man bessere Filtrationswerte und zudem ist die Luftverteilung im Raum und somit die Lüftungseffizienz wesentlich besser.
Wichtig: solche Geräte sollte man nur zusammen mit einem CO2-Messgerät betreiben. Salopp gesagt: was nützt es uns, viren-, pilzsporen- und feinstaubfreie Luft zu produzieren, wenn wir gleichzeitig quasi an einem zu hohen CO2-Pegel (Sauerstoffmangel) ersticken?
Ausserdem ist dem Aspekt Lärm grosse Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Gerät sollte während dem Unterricht – als Kompromiss - einen gemessenen Schalldruckpegel von 40 dB(A) nicht übersteigen. Das SIA-Merkblatt 2024 verlangt für Schulzimmer bei Dauergeräuschen sogar maximal 30 dB(A). Sehr viele Geräte am Markt sind aber wesentlich lauter oder haben bei reduzierter Leistung eine zu geringe Luftförderung und sind deshalb für den Unterricht nicht geeignet.