BIM

Bild: Jean-Pierre Reinle.

Brandschutz dank BIM

Zu immer komplexer werdenden Bauprojekten führen verschärfte Richtlinien, gestiegene Kundenanforderungen, neue Technologien und anhaltender Kostendruck. Die Digitalisierung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Die Baubranche ist mit dem Thema BIM definitiv in der Digitalisierung angelangt.

Als Teil der neulich stattgefundenen Swissbau 2022 referierte Urs Käser als Vorstandsmitglied Interessengemeinschaft BIM & Brandschutz zu deren Prozessen und Informationen. Dabei ging er zunächst auf Herausforderungen, Probleme und Lösungsansätze im Kontext mit BIM & Brandschutz ein. Als Erstes wollte er von den anwesenden Bau-Experten wissen, ob sie mit Skizzen, digitalen 2D-Plänen, 3D-Modellen oder gar bereits mit BIM-Modellen arbeiten und welche Erfahrungen sie damit in der Praxis erzielt hatten. «Muss das Bauvorhaben für Bauherren doch eine gute Qualität aufweisen, wozu ihnen die Arbeitsmittel egal sind; Besteller hingegen schnell und günstig bauen, jedoch Mehrkosten bei der Arbeitsweise verhindern wollen», so Käser.

Für Behörden wiederum solle das Bauvorhaben umfassend und qualitativ einwandfrei sein, während für Projektteam und Fachplaner die Zeitpunkte der Informationen und Entscheidungsfindung massgebend sind. Und hätten letztlich alle Beteiligten selbst die notwendigen Ressourcen für Innovationen? Oder würden gemeinsame Bedürfnisse bedeuten, allen gerecht zu werden? Hier spiele hinein, was die Automatisierung der Modellvalidierung und -prüfung ermöglicht und was nicht. Käser: «Die Lösungsansätze für neue Prozesse sind darin zu finden, dass bestimmt werden muss, wann wer zusammenarbeitet, welche Infos für welche Tätigkeit unabdingbar sind und wann die Transaktionen am BIM-Modell erfolgen. Hierzu sind vorerst die Grundanforderungen, dann die Konzeption und zuletzt die Planung des Brandschutzes zu definieren.»

Gebäude- und Raumnutzung

Es folge die Prozessübersicht zur Gebäude- und Raumnutzung mit der Transaktion zu den Produkten des Raumprogramms, dem Betriebskonzept zum Vorabzug und Situationsplan, den Schnitten und Grundrissen, dem Baubeschrieb sowie dem Projektorganigramm und digitalen Bauwerksmodell. Rein inhaltlich seien dabei Themen wie die Objektart der Gebäude nach OAG, die Gebäudeabstände und Brandmauern sowie die Geschossigkeit abzuklären. Und der Lösungsansatz bestehe in neuen Werkzeugen wie maschinenlesbaren Daten, die Informationen des Brandschutzes im Modell abzubilden, allfällige Kollisionen in Erfahrung zu bringen und Kontrollen automatisiert und manuell umzusetzen. Und Käser erklärte dzu weiter: «Zwar bestehen einheitliche Informationsanforderungen in modellbasierten Brandschutzprozessen für Planer, Spezialisten und Behörden, es sind jedoch zusätzliche Standards notwendig.»

Für die Standards im Brandschutz bestünde die herkömmliche 2D-Version mit Brandschutz-, Flucht- und Rettungsweg- sowie Feuerwehr-Plänen, welche im entsprechenden VFK-Merkblatt festgelegt seien. Und aktueller die 3D-Version per BIM-Modell: «Die Interessengemeinschaft BIM & Brandschutz erarbeite die Lösung, welche als Produkt mit dem VKF, dem SIA und dem Projekt Innosuisse (BHF Biel) abgestimmt ist», so Käser. 2021 sei der Verein dazu mit Link bim-bs.ch/home gegründet worden und daran Interessierte seien jederzeit willkommen. Worauf er einen Ausblick einblendete, welcher aus den Parametern «Phase der Planung bis Baugesuch abgeschlossen», «Pilotprojekt und Vernehmslassung 2022/23», «Grundlagen für Software-Entwickler» sowie «Praxistauglichem Arbeitsablauf mit» noch nicht erprobt, aber beabsichtigt sowie «Rückmeldungen durch Anwender erwünscht» bestünden.

Urs Käser schloss seine Ausführungen zu BIM und Brandschutz mit unmittelbar nachstehender Zusammenfassung ab:

1. Seien die Herausforderungen erkannt

2. Konzentriere sich die Automatisierung auf QSS 1

3. Seien Prozesse für das Werkzeug massgebend

4. Schweizweite Anwendung des Standards sinnvoll durchsetzbar

5. Befinde sich die Lösung auf dem Weg zum Ziel

6. Sei das Modell BIM&Brandschutz ein Arbeitsmittel, das Brandschutzkonzept Denkarbeit.

Brandschutz heute und morgen

Im Anschluss referierte Stefan Arnaldi als Brandschutzexperte VKF der Gebäudeversicherung Bern zum Themenkreis, wo Planer und Behörden bezüglich BIM im Brandschutz heute und morgen stehen würden. Und wie Planer, Spezialisten und Behörden im Gebäudemodell kooperieren täten. Zu den Themata gehörten überdies die Folgen, welche einheitliche Informationsanforderungen in modellbasierten Brandschutzprozessen haben.

Zu Beginn seines Vortrags stellte Arnaldi gleich die Frage an die Runde anwesender Bauexperten, ob sie BIM als Lösung sämtlicher Probleme sähen. Um unmittelbar daran selbst die Antwort zu liefern: «Vielleicht ... Aber es ist noch ein weiter Weg.» Die Reise führe zu maschinenlesbarem Brandschutz, Dimensionierungs-Software, welche längst Stand der Technik sei, sowie diversen Aufgaben, die heute schon per Knopfdruck erledigt würden. Das BS-Standortkonzept sei zudem relativ einfach, in Regelsätzen zu formulieren.

«Heute nehmen Planer und Behörden die Baueingabe meistens mit Dokumenten in Papierform vor; es besteht kaum eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Behörden», so Arnaldi. Und weiter: «Es gibt keine modellbasierte Kommunikation und falls Vorabklärungen notwendig sind, finden diese auf Basis von Papierplänen statt.» Wir stünden mithin noch ganz am Anfang! Und dies, obwohl der Bund seit 2018 eine sog. «digitale Strategie Schweiz» hätte und Behörden in Arbeitsgruppen im Thema «BIM-Standards» mitarbeiten würden. Arnaldi: «Brandschutzspezialisten setzen sich bereits intensiv mit BIM auseinander, einheitliche Prozesse zu BIM &  Brandschutz werden aktuell erarbeitet.» Ergo werde BIM innerhalb der Branche ernst genommen.

Digitalisierung

«Inskünftig müssen Planer und Behörden jedoch den Trend zur Digitalisierung wahrnehmen, zumal das eGovernment vorangetrieben wird. Dieses beinhaltet etwa die digitale Datenablage auf zentralen Datenbanken (z. B. eBau Kt. Bern), medienbruchfreie Kollaboration am digitalen Bauwerksmodell und digitale Unterschriften», so Arnaldi. Im digitalen Gebäudemodell würden vorerst Architekt und Planer eine Konzeptstudie auf Basis räumlicher Ebene erstellen und diese mit dem Spezialisten für Grundanforderungen des Brandschutzes abstimmen. Von Architekt und Planer folge das räumliche Gebäudemodell, welches mit Brandschutzkonzept des Spezialisten in Absprache mit der Brandschutzbehörde und Feuerwehr abgesprochen wird. Worauf Architekt und Planer die Anforderungen an Bauteile und -Elemente bestimmen und dies mit dem brandschutz-planenden Spezialisten austauschen, der seinerseits Anforderungen an die Bauteile festlegt und hierzu die Brandschutzbehörde miteinbezieht. Zuletzt erfolge die Prüfung und Bewilligung letzterer.

Dazu erklärt Arnaldi weiter: «Die Baubranche wird stetig digitaler und es besteht allseitig ein starker Drang nach Effizienzsteigerung. Selbstredend lösen Computer Standardaufgaben rascher und eine einheitliche Sprache wird hierzu vorangetrieben.» Konkrete Ideen und Konzepte würden vorliegen, welche weit mehr ermöglichen, als «bloss» den Umgang mit digitalen Modellen im Brandschutz. Allerdings weiche Brandschutz oft vom Standard ab und komplexe Objekte benötigten Spezialkonzepte. Auch sei Kreativität gefordert, aber Computer seien schnell, jedoch nicht kreativ ... «Konklusion: Spezialisten bleiben wichtig für risikobehafteten Brandschutz – selbst in Zukunft und mit Unterstützung von BIM!»