Das Thema Betriebsoptimierung ist wohl so alt wie die Menschheit. Jedenfalls war es schon in der Antike nicht damit getan, prachtvolle Bäder und andere technische Anlagen zu errichten. Die Meisterwerke der Bau- kunst mussten schon damals immer wieder überprüft werden, um einen zweckmässigen und benutzergerechten Betrieb sicherzustellen. Warmes Wasser war ein kostbares Gut, und so darf man zumindest annehmen, dass schon Griechen und Römer solche Prozessoptimierungen durchführten, die wir heute als «energetische Betriebsoptimierungen» bezeichnen.
In den 1970er-Jahren rief die Ölpreiskrise die Begrenztheit der fossilen Energieressourcen in Erinnerung und mahnte einen haushälterischen Umgang mit Energie an. Seither haben energetische Betriebsoptimierungen in Gebäuden starke Verbreitung gefunden. Jetzt wurde nicht mehr nur die Funktionstüchtigkeit der Heizung mit Inspektionen getestet, sondern man ging dazu über, vermehrt auch den Ressourcenverbrauch zu vermindern, indem die Heizkurve optimiert oder die Beheizung ungenutzter Wohn- und Geschäftsräume wenn möglich vermieden wurden.
Der effektiven Nutzung angleichen
Wie eine energetische Betriebsoptimierung ablaufen soll, hat der Schweizeri-sche Ingenieur- und Architektenverein (SIA) Mitte 2015 in einem Merkblatt (SIA2048:2015) festgeschrieben. Im Vorwort wird die Zielsetzung der Betriebsoptimierung mit folgenden Worten umschrieben: «Allein durch das richtige Betreiben gebäudetechnischer Anlagen und Geräte in bestehenden Gebäuden sind wesentliche Steigerungen der Energieeffizienz möglich. […] Das vorliegende Merkblatt klärt, wie bei energetischen Betriebsoptimierungen vorgegangen wird, welche Voraussetzungen dabei erfüllt sein sollen und welche Ansätze Erfolg versprechend sind.» Die Reduktion des Energieverbrauchs ist dabei eines von mehreren Zielen. Insgesamt geht es darum, den Betrieb der Anlagen der effektiven Nutzung bzw. dem effektiven Bedarf anzugleichen und darauf abzustimmen sowie die energetisch optimale Betriebsweise zu ermitteln, festzulegen, einzuführen und kontinuierlich beizubehalten, wie das SIA-Merkblatt festhält.
In sehr grossen Liegenschaften ist eine energetische Betriebsoptimierung heute schon Standard. Hier ist ein permanentes Monitoring schon deshalb angezeigt, weil Einsparungen bei den Energiekosten spürbar zu Buche schlagen. In Wohn- und Geschäftshäusern mittlerer Grösse werden Betriebsoptimierungen heute nicht permanent vorgenommen. In der Regel werden sie nur punktuell anberaumt, zum Beispiel nach einer Sanierung im Zuge der Garantieabnahme. Diese Zurückhaltung erklärt sich mit dem finanziellen Aufwand: Eine einmalige energetische Betriebsoptimierung bei Objekten mittlerer Grösse verursacht typischerweise Kosten in der Grössenordnung von 2000 bis 5000 Franken. Diese Ausgabe ist für einen Gebäudeeigentümer nur interessant, wenn er im Gegenzug bei den Energiekosten mindestens im gleichen Umfang spart.
500 Liegenschaften untersucht
Die Ergebnisse eines neuen Forschungsprojekts dürften Hausbesitzern helfen, diese Nutzen-Kosten-Abwägung in Zukunft noch faktenbasierter durchzuführen. Die Studie wurde vom Ingenieur- und Beratungsunternehmen Amstein+Walthert AG in Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern – Technik & Architektur durchgeführt. Die Wissenschaftler untersuchten darin die (einmaligen) energetischen Betriebsoptimierungen, die im Zeitraum 2012 bis 2016 in 500 Liegenschaften mit insgesamt 1300 Gebäuden – mehrheitlich mittelgrosse Wohngebäude (typischerweise 20 Wohnungen) im Immobilienportefeuille der Credit Suisse, verwaltet durch die Wincasa AG – vorgenommen wurden. Die Betriebsoptimierungen entsprachen den Anforderungen, die 2015 im oben erwähnten SIA-Merkblatt festgeschrieben wurden. Durchgeführt wurden sie vor allem durch die Siemens Schweiz AG.
Die energetischen Betriebsoptimierungen haben den Energieverbrauch im untersuchten Gebäudebestand um fünf Prozent gesenkt, lautet ein Hauptergebnis der Studie. Diese Durchschnittszahl zeigt, dass energetische Betriebsoptimierungen nachweislich Wirkung zeigen. Interessante Hinweise liefert eine differenzierte Betrachtung dieser Durchschnittszahl: Die Aufschlüsselung der Studienergebnisse macht deutlich, dass in vielen Gebäuden eine Einsparung von rund zehn Prozent erzielt werden kann, dass Einsparungen von 15 und mehr Prozent aber sehr selten sind. Fakt ist auch: Bei rund 30 Prozent der Gebäude führte die energetische Betriebsoptimierung zu keiner nachweisbaren Verbrauchssenkung – sei es, weil die Anlagen (ohne dass es die Betreiber wussten) schon optimal eingestellt waren, sei es, weil der Verbrauch aufgrund beseitigter Komfortmängel durch die Optimierung sogar anstieg.
Sinnvoll und tragbar
Urs Vogel, der die Untersuchung für Amstein+Walthert betreut hat, leitet aus den Ergebnissen Schlussfolgerungen für den gesamten Schweizer Gebäudebestand ab. «Nach unserer Einschätzung sind periodische Betriebsoptimierungen durch versierte Dienstleister für den gesamten Schweizer Gebäudebestand sinnvoll. Eine Durchführung der Betriebsoptimierung ungefähr alle fünf Jahre erscheint angezeigt, da in diesem Zeitraum Einstellungen durch sporadische Eingriffe (z. B. Störungsdienste) oder eingetretene Defekte vom energetischen Optimum abweichen können. Dieser Zeitrhythmus ist für die meisten Gebäude wirtschaftlich, weil sich die erneute Überprüfung dank der erzielten Einsparungen bei der Energie selber finanziert.»
Eine energetische Betriebsoptimierung dient nicht nur der Senkung des Energieverbrauchs, sie hat immer auch die Bedürfnisse der Nutzer im Auge und soll Heizung und Warmwasseraufbereitung nach den Wünschen der Nutzer steuern. Bei den in der Studie von Amstein+Walthert und der Hochschule Luzern ausgewerteten energetischen Betriebsoptimierungen wurden die Bedürfnisse der Nutzer nicht erhoben. Bei grösseren Wohngebäuden sind die Bedürfnisse der verschiedenen Bewohnerinnen und Bewohner oft sehr unterschiedlich, was es schwierig macht, allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Urs Vogel ist indes überzeugt, dass mit der Einbindung der Nutzer die Energiesysteme weiter verbessert werden könnten: «Ein Einbezug der Nutzer vergrössert das Potenzial von Energieeinsparungen», sagt Vogel. Im Unterschied zu den Wohnbauten sei das bei Geschäftsliegenschaften einfacher.
Insbesondere bei sogenannten «Single Tenants», wo eine Firma ein ganze Liegenschaft selber nutzt. Hier hätten die mit der energetischen Betriebsoptimierung betrauten Spezialisten mit dem Nutzer einen konkreten Ansprechpartner und es können verbrauchssenkende Massnahmen direkt mit dem Nutzer abgesprochen werden.
Auskünfte zu dem Projekt erteilt Rolf Moser (moser[at]enerconom.ch), Leiter des BFE-Forschungsprogramms Gebäude und Städte.
* Benedikt Vogel, Fachjournalist im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)