Internet of Things

5G-Campusnetze statt WLANs

Schweizer Industriebetriebe, Dienstleister und Verwaltungen sind hausintern auf eine schnelle Datenübermittlung angewiesen. Hier haben Wireless LANs (WLANs) das traditionelle Ethernet längst abgelöst. WLANs ermöglichen jedoch keine verzögerungsfreie Kommunikation in Echtzeit. Hier bieten sich 5G-Campusnetze an.

WLANs sind omnipräsent geworden, ob im Büro, der industriellen Produktion, daheim oder sogar in Hotels und Spitälern. Es ist bis heute die einzige im Gesundheitswesen zugelassene, drahtlose Sendetechnik,was vor allem dem offenen Netzzugang und den tiefen Sendeleistungen von 100 – 200 mW zuzuschreiben ist.

Für hohe Anforderungen ungeeignet

Unterdessen nimmt die Verbreitung der sechsten Generation (Wi-Fi 6) weiter zu, was man sowohl an den Access Points (AP) als auch an Wi-Fi-6-tauglichen Endgeräten wie Notebooks, Smartphones und TV-Boxen ablesen kann. WLAN lassen sich schnell und kostengünstig installieren und benötigen kaum Wartung. Trotz weiterer Verbesserungen betreffend Geschwindigkeit und Wellenausbreitung bleibt jedoch der Nachteil, dass auch Wi-Fi 6 für die Echtzeitkommunikation nicht taugt.

Dies trifft besonders auf «mission-critical»-Anwendungen im Gesundheitswesen, in der Industrie oder im Bereich der Sicherheit zu. Denn die verwendeten WLANs garantieren weder einen Netzzugang mit definierter Bandbreite und tiefer Latenz noch irgendeine Ausfallsicherheit. Zudem sind sie störungsempfindlich (Stahl, Glas, Beton) und haben keine grosse Reichweite, was bei den tiefen Sendeleistungen auch nicht verwundert.

Auch ein Handover ist nicht vorgesehen, was besonders bei bewegten Objekten in der Produktion höchst problematisch ist. Wenn beispielsweise ein mit Teilen beladener Roboter durch die Produktionshalle rollt und die Verbindung zu einem AP abbricht, befindet er sich in einem undefinierten Zustand. Im besten Fall stoppt er sofort, sucht sich einen anderen freien AP in der Umgebung und setzt seine Fahrt erst dann fort, was neben dem Kollisionsrisiko auch wertvolle Zeit kostet (etwa 15 – 30 s).

Höhere Qualität, besserer Service

Nun befinden sich im Hochlohnland Schweiz zahlreiche, hoch spezialisierte Produzenten qualitativ hochstehender Präzisionsprodukte einzigartiger Qualität. Solche Firmen, aber auch die Sicherheitsbranche sind auf eine hohe und klar definierte Quality of Service (QoS) der internen und externen Datenkommunikation angewiesen. Hier bieten sich 5G Campusnetze an – ein in der Schweiz sehr seltener Anwendungsfall. Ein bekannter Anwender ist die Firma Ypsomed, welche die Produktion qualitativ hochstehender Produkte der Medizinaltechnik dank 5G-Inhouse-Sendern perfektionieren und rationalisieren konnte. Dank 5G kann Ypsomed in Echtzeit, aber auch rückblickend nachweisen, welche Komponenten wann und an welchem Ort der Produktionshalle auf welche Weise produziert wurden.

Zudem nutzen einige Schweizer Bauunternehmer 5G zur Organisation ihrer Baustellen, etwa um lokal benötigtes Material und Werkzeuge schneller aufzufinden. Auch der Schweizer Haushaltsgerätehersteller V-Zug zeigte bereits früh Interesse an 5G, um die Servicetechniker schneller mit passenden Infos und Teilen vor Ort zu versorgen. So wäre es möglich, den genauen Wartungs- und Teilebedarf der Geräte intern zu planen und die Servicetechniker erst dann bestens vorbereitet und ausgerüstet zu den Kunden zu schicken. Logistik und Service würden verbessert, und auch unnötige Fahrten würden entfallen. Es bedingt aber eine interne und externe perfekte 5G-Abdeckung, die heute nicht gegeben ist.

Neue Geschäftsidee ohne Frequenzen

An Ideen zur Nutzung von 5G fehlt es also nicht, denn mit 5G könnte man nicht nur öffentliches, sondern auch firmeninternes Terrain bestens mit ultraschnellen mobilen Verbindungen versorgen. Warum es hierzulande harzt, liegt abgesehen von der zu Unrecht schlechten Reputation von 5G an mehreren Faktoren. So gibt es in der Schweiz keine industrielle Massenproduktion wie etwa in Deutschland oder Frankreich. Und man trifft nur selten auf Politiker, welche unsere Kommunikationsnetze im Fokus haben und sich dafür einsetzen. Dies ist auch an der Genehmigung adaptiver Antennen bei der Einführung von 5G abzulesen, um das jahrelang gerungen wurde, bis ein Kompromiss gefunden wurde, der nun aber weiterhin an der Front bekämpft wird.

Bei den 5G-Campusnetzen scheint es noch dramatischer, weil sie in der Politik kaum wahrgenommen werden und in Konsequenz auch keine Frequenzen dafür vorgesehen sind. Ob 5G-Campusnetze bei der nächsten Frequenzauktion im Blickfeld des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM) oder der Versteigerungsinstanz ComCom sind, ist unbekannt. Interessierte Firmen können heute beim BAKOM lediglich eine Funkversuchskonzession beantragen, die nur während eines Jahres gültig ist. Diese Möglichkeit hat die Stürmsfs AG, ein Stahlhändler in Goldach, genutzt und setzt 5G als Netztechnologie für ihr Werksgelände ein.

Natürlich könnten Interessenten wie die 5G-Betreiber ganze Regionen ersteigern, was aber am Anwenderbedarf vorbeigeht und mit exorbitanten Kosten verbunden ist. So nutzen einige Firmen einen öffentlichen 4G- oder 5G-Sender in der Nähe des Firmengeländes, was aber sicherheitstechnisch bedenklich ist. Denn keine Firma schätzt es, wenn interne Daten über öffentliche Mobilfunknetze transportiert werden, auch wenn die Anbieter stets die hohe Sicherheit ihrer Netze anpreisen.

Blick nach Deutschland

In Deutschland vergibt die zuständige Bundesnetzagentur (BNetzA) entsprechende Frequenzen für 5G-Campusnetze recht freizügig. Dafür werden jeweils nur wenige Tausend Euro fällig, was die Hürden für 5G-Campusnetze bewusst tief hält. So erfolgten bis Februar 2022 bereits 186 Frequenzzuteilungen durch die BNetzA. Für 2022 stellte das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) 33 Mio. € für sieben Projekte mit 56 Partnern bereit. Weitere vier deutsch-französische 5G-Kooperationen werden mit weiteren 17.7 Mio. € gefördert. In der Schweiz hingegen erhält kein Netzbetreiber öffentliche Fördergelder.

Das grösste deutsche 5G-Campusnetz betreibt die Messegesellschaft in Hannover. Das Messegelände Hannover befindet sich im Süden der Landeshauptstadt Hannover und ist mit einer überdachten Fläche von 496 000 m2 und 26 Messehallen das grösste Messegelände der Welt. Zu der 131 Hektar grossen Kernfläche gehört auch ein Tagungszentrum. Die Betreiberin des Geländes ist die Deutsche Messe AG (DMAG), die auch Messen ausserhalb des Geländes veranstaltet und mit der traditionellen Hannover-Messe auch vielen Schweizer Firmen eine ideale Vermarktungsplattform bietet.

Kampf der Anbieter und Lieferanten

Besonders die in der asut engagierten Anbieter, aber auch deren Lieferanten kämpfen seit Jahren bei diversen Bundesämtern und in der Bundespolitik um bessere Rahmenbedingungen für 4G und 5G. So berichtet Patrick Schönbächler (Head of Nokia Enterprise Schweiz) am letzten asut-Lunch-Forum von zahlreichen Beispielen für nützliche Anwendungen für 5G-Campusnetze. So dient 5G in Japan der Echtzeitkommunikation in Bahntunnels, was den Betrieb vereinfacht und die hohen Kosten für Kabel einspart. Ob dies der Grund dafür war, dass auch Vertreter der SBB sowie der Rhätischen Bahn anwesend waren, ist hingegen reine Spekulation.