Internet of Things

Senderstandorte für öffentliche Mobilfunknetze

Planung und Konzeption eines öffentlichen Mobilfunknetzes sind sehr anspruchsvoll. Denn nur selten sind der Wunschstandort eines Senders und der spätere Standort identisch. Die wachsende Datenmenge im Netz bedingt ein deutlich höheres Tempo beim Netzausbau, der jedoch durch die schwierigeStandortsuche gebremst wird.

Die Schweiz ist seit über 730 Jahren eine Demokratie mit einem hohen Mass an Mitbestimmung. Darüber dürfen wir uns freuen, besonders wenn man andere Demokratien betrachtet. Die breite Mitbestimmung auf allen Ebenen (Bund, Kanton, Gemeinde) hat bisweilen auch Nachteile, etwa wenn es um Bauvorhaben der öffentlichen Infrastruktur geht. Dazu gehören neben Bahnlinien, Strassen und Kanälen auch Kommunikationsinfrastrukturen wie Glasfaser- und Mobilfunknetze.

Letztere werden durch privatrechtliche Firmen geplant, gebaut und betrieben, die sich im Gegensatz zu den anderen Infrastrukturen ausschliesslich über Einnahmen aus Kundenverträgen finanzieren. Dass Planung und Standortabklärung schwierige und heikle Aufgaben sind, liegt in Anbetracht der Einsprachenkultur unseres Landes auf der Hand. Dabei liegt es an den Netzbetreibern, die Anliegen von Kantonen, Gemeinden und der Wohnbevölkerung in ihre Planungen einzubeziehen. Diese wächst übrigens immer noch, weshalb jährlich rund 50 000 neue Wohnungen entstehen.

Vier digitale Generationen seit 1993

Mobilfunknetze bilden dazu eine Basisinfrastruktur, um Firmen, Verwaltungen und die Bevölkerung mit mobilen Diensten zu versorgen. In der Schweiz haben die drei Mobilfunknetzbetreiber mit 2G/GSM, 3G/UMTS und 4G/LTE eine nahezu flächendeckende Versorgung aufgebaut. 2G/GSM wurde von Swisscom und Salt auf Anfang 2021 abgeschaltet, während Sunrise damit noch bis Ende 2022 zuwarten will. 2G/GSM wurde wie 3G/UMTS primär auf die mobile Sprachkommunikation ausgerichtet. Die inzwischen längst dominierende mobile Datenkommunikation kam bei diesen beiden Generationen erst später hinzu und läuft entsprechend langsam. Zudem gehen beide sehr ineffizient mit den Frequenzen um, sodass z. B. Swisscom auch 3G/UMTS auf Ende 2025 abschaltet.

Dank 4G/LTE (seit 2012/13) sind eine hohe Qualität der Sprach- und Datenübermittlung sowie erweiterte Übertragungskapazitäten zum Standard geworden. Dieser IP-basierte Standard wurde von Anfang an dazu entwickelt, die Datenübertragungsraten und Signalqualität zu erhöhen und mehr Nutzer auf das Netz zu bringen. Denn mit der Einführung des Smartphones im Jahr 2010 sind Apps mit grossen Datenvolumina alltäglich geworden. Diese nehmen dank des Internet of Things (IoT) nochmals weiter zu, bei dem Milliarden von Sensoren Daten erfassen und an Server schicken, welche sie auswerten und weiterverarbeiten.

Wegen der jährlichen Verdoppelung der Datenvolumina wurde 2019 die neue Mobilfunkgeneration 5G eingeführt, die nochmals effizienter als 4G/LTE arbeitet und Signale praktisch verzögerungsfrei überträgt, was wichtige Echtzeitanwendungen ermöglicht. Der Ausbaustand von 5G variiert je nach Betreiber, von denen jeder eigene Schwerpunkte setzt.

Funkzellen

Jedes Mobilfunknetz ist geografisch in viele aneinandergrenzende Gebiete unterteilt, die von Funkzellen versorgt werden. Bis und mit 4G/LTE sprach man daher auch vom «zellularen Aufbau der Netze». Die Aufteilung in Funkzellen von begrenzter Grösse ermöglicht es, die beschränkte Anzahl verfügbarer Funkkanäle optimal zu nutzen. Denn die Menge verfügbarer Funkfrequenzen ist beim Mobilfunk durch staatliche Lizenzvergaben stark begrenzt. In einem Mobilfunknetz werden daher dieselben Frequenzen in ausreichendem räumlichem Abstand wiederverwendet.

Abgesehen von unzugänglichen oder unbesiedelten Gebieten im Alpenraum sind die gesamte Schweiz oder über 99 % der ständigen Bevölkerung mit Mobilfunkdiensten versorgt. Um diese Funkabdeckung zu erreichen, ist aufgrund der hiesigen Topografie sehr viel Aufwand nötig. Da sich die Technologie ständig weiterentwickelt, ist zudem eine permanente Nachjustierung und Aktualisierung nötig, die sich mehrheitlich im Hintergrund mit Software- und Firmware-Upgrades vollzieht.

Jede Funkzelle wird von einer fest installierten Sende- und Empfangsanlage versorgt, wobei die Funkzellen in ihrer räumlichen Ausdehnung und Struktur sehr unterschiedlich sind. So reicht der Durchmesser von Kleinstzellen mit unter 50 m in Fertigungsstädten und Shopping-Centern bis hin zu Makrozellen mit Zelldurchmessern von mehreren 3 – 6 km. Während Städte mit grossem Verkehrsvolumen über Kleinzellen mit Zelldurchmessern von 50 – 300 m versorgt werden, kommen in Vorstädten und Agglomerationen eher Mikrozellen mit Zelldurchmessern von 300 m bis 3 km zum Einsatz.

Gleich mehrere Dilemma

In den Frühzeiten des digitalen Mobilfunks existierten besonders im Mittelland oder in den Voralpen Makrozellen mit einem Durchmesser von 10 km, die eine Fläche von 100 km2 versorgten. Heute nutzt jedoch praktisch jeder Einwohner ein Smartphone und der zu bewältigende Verkehr ist einige Hundert Mal grösser. Derart grosse Zellen würden heute schnell unter der steigenden Verkehrslast zusammenbrechen.

Zudem unterliegen sämtliche Schweizer Mobilfunksender den sehr strengen Strahlenschutzgesetzen, welche nur 1/10 jener Sendeleistung zulassen, welche in der EU möglich ist. Die entsprechende «Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung» (NISV) wurde bereits 23. Dezember 1999 verabschiedet, also noch zur Zeit von 2G/GSM. Um die Bewohner hierzulande bestmöglich zu schützen, geht sie vom schlechtmöglichsten Szenario aus und rechnet grosszügige Reserven ein. Die NISV ist zudem veraltet und wurde für 5G-Sender mit adaptiven Antennen erst im Februar 2022 angepasst.

Sender mit tiefen Leistungen bedeuten wegen der kleinen Reichweite aber auch kleine Zellen. Weil hierzulande aber trotz unserer schwierigen Topografie eine flächendeckende Versorgung – notabene auch im Zug – erwartet wird, sind die Mobilfunkanbieter gezwungen, viele Senderstandorte zu betreiben. Im April 2019 waren dies noch rund 18 000, und da 5G vor allem bestehende Standorte nutzt und neue 5G-Sender nur langsam ans Netz gehen, geht man heute immer von etwa 19 000 Sendern aus. Nötig wären aber rund 26 000 Sender.

Die NISV hat daher im Grunde genau das Gegenteil dessen erreicht, was sie wollte. Denn Flächendeckung mit wenigen Sendern, hohen Bandbreiten sowie hoher Übertragungssicherheit und Verständigungsqualität sind in einem Alpenland divergierende Anforderungen.

Lokale Standortplanung

Somit gestaltet sich die Funknetzplanung komplex. Diese muss nicht nur die Befindlichkeiten der Anwohner in den 2172 Gemeinden und 26 Kantonen, sondern auch mögliche Einsprachen von Verbänden und anderen Bürgerinitiativen berücksichtigen. Der Widerstand gegen neue Senderstandorte ist jedenfalls gewaltig und die Standortsuche sehr schwierig. So sieht man besonders in Städten Antennen auf den Dächern, die alles andere als optimal aufgebaut wurden – nicht aus Unkenntnis, sondern weil die gewählte Lösung ein Kompromiss ist oder der kleinste gemeinsame Nenner.

An Orten mit sehr viel Verkehr werden bevorzugt vier Sendeantennen mit einem Segment von je 90 ° oder drei Antennen mit je 120 ° eingesetzt, etwa an Autobahnen, neben Bahnhöfen oder in eng besiedelten Innenstädten. Ausgerechnet an solchen Orten mit viel Verkehr werden jedoch Sender oft blockiert, was dazu führt, dass nicht selten nur einzelne Segmente realisiert werden.

Die immer wieder geforderte Nutzung eines Standorts für alle drei Betreiber lässt sich nur selten ohne Weiteres umsetzen. Denn neben gegenseitigen Störungen muss auch ein gewisser Abstand zwischen den Sendern gewährleistet und somit Platz auf dem Dach vorhanden sein, das zudem eine robuste Statik aufweisen muss. Hier ist meist jener Betreiber im Nachteil, der mit seinen Sendern zuletzt in dieselbe Gegend vordringt, weil zu viele Sender am Ort den Eindruck erwecken, dass es bereits genügend Antennen gibt.

Schnell steigende Datenvolumina

Die Netzplaner müssen sehr kreativ und flexibel sein, um einerseits eine gute Netzabdeckung zu erreichen, ohne bestimmte Bevölkerungskreise unnötig zu provozieren und zur Einsprache zu reizen. So können bei Kleinzellen in Innenstädten, Bahnhöfen und Flughäfen die Sender zum Beispiel in Strassenlaternen, Litfasssäulen, Kirchtürmen oder unter Kanaldeckeln verbaut werden. Neben der möglichst nahtlosen Versorgung steht wegen der weiter steigenden Datenvolumina eine möglichst hohe Netzkapazität im Vordergrund.

Dieser Trend besteht weltweit. So ist der mobile Datenverkehr gemäss Ericsson Mobility Report in den letzten zehn Jahren um das fast 300-fache gestiegen. Seit 2011 sind dank der Einführung von 4G/LTE-Netzen 5,5 Mia. neue Smartphone-Verträge unterzeichnet worden und mehr als 20 000 verschiedene 4G-fähige Modelle auf dem Markt erhältlich. Der Report zeigt, dass der technologische Lebenszyklus von 5G-Geräten früh startete und sie heute bereits 23 % des weltweiten Volumens ausmachen, während es bei 4G/LTE zum gleichen Zeitpunkt nur 8 % waren.

Dies erklärt neben der rasant wachsenden Anzahl von IoT-Anwendungen das exponentielle Wachstum des mobilen Datenverkehrs. Im 3. Quartal 2021 stieg der Datenverkehr im Mobilfunknetz im Vergleich zum Vorjahr um 42 % auf rund 78 Exabytes (EB), einschliesslich des von Fixed Wireless Access Services (FWA) generierten Datenverkehrs. In diesem Zeitraum wurde mehr mobiler Datenverkehr generiert als bis Ende 2016 der gesamte Mobilfunkverkehr ausmachte. Dieser soll gemäss neuen Prognosen bis Ende 2027 voraussichtlich 370 EB erreichen. Erweiterte Netzkapazitäten tun also Not, sonst droht bald der Datenstau.

Starkes Wachstum für 5G

Gemessen an der wachsenden Zahl der Kundenverträge ist 5G auf dem besten Weg, bis 2027 die dominierende mobile Zugangstechnologie zu werden. Den Prognosen zufolge wird 5G bis dahin voraussichtlich rund 50 % aller Mobilfunkabonnements weltweit ausmachen, 75 % der Weltbevölkerung versorgen und 62 % des weltweiten Smartphone-Verkehrs tragen. Dazu trägt die verzögerungsfreie und breitbandige Datenübertragung bei, die etwa beim beliebten mobilen Streamen oder Live-Übertragungen sofort ins Auge fällt.

Schon heute ist 5G laut Ericsson die bisher am schnellsten wachsende Mobilfunkgeneration überhaupt, was durch geschätzte fast 660 Mio. 5G-Verträge bis Ende 2021 bekräftigt wird. Der Anstieg ist auf eine unerwartet starke Nachfrage in China und Nordamerika zurückzuführen, zu der sinkende Endgerätepreise beitrugen. Allein im dritten Quartal 2021 gab es weltweit einen Nettozuwachs von rund 98 Mio. 5G-Verträgen, während es bei 4G/LTE lediglich 48 Mio. neue Verträge waren. Es wird geschätzt, dass 5G-Netze bis Ende 2021 von mehr als zwei Mia. Menschen genutzt werden.

In Westeuropa ist 4G die vorherrschende Zugangstechnologie, auf die Ende 2021 80 % aller Verträge entfallen. Es wird prognostiziert, dass 4G bis 2027 auf 16 % und WCDMA/HSPA, also 3G, auf praktisch 0 % der Verträge zurückgehen wird, da die Nutzer zu 5G migrieren. Rund 60 Netzbetreiber haben in Westeuropa bereits 5G-Dienste eingeführt. Der Anteil der 5G-Verträge wird bis Ende 2027 voraussichtlich 83 % erreichen.

Hiesige 5G-Blockade

Doch wie sieht es in der Schweiz aus? Auf kantonaler und kommunaler Ebene blockierten Ende 2021 rund 3 000 Einsprachen den weiteren Ausbau des 5G-Netzes. Viele Baugesuche blieben laut dem Branchenverband asut bei den Behörden liegen und wurden nicht bearbeitet. Zwar konnten bis Ende 2021 6 900 bestehende Standorte für 5G aufgerüstet oder neue 5G-Antennenstandorte neu errichtet werden. Jedoch sind für den flächendeckenden 5G-Ausbau unter Einhaltung der geltenden Anlagegrenzwerte rund 26 000 neue Antennenstandorte und 5 000 Nachrüstungen nötig. Erst der Ende 2021 getroffene Entscheid des Bundesrats, einzelne Elemente der Vollzugshilfe in der Verordnung über den Schutz nichtionisierender Strahlung (NISV) zum Umgang mit adaptiven Antennen zu regeln, schafft für 2022 Rechtssicherheit und Klarheit.