Damit wir uns ein Bild machen können, müssen wir uns einleitend kurz mit dem Beruf selbst auseinandersetzen. Ein Blick in den Bildungsplan bzw. die entsprechenden Unterlagen der Berufsberatung helfen hier weiter. Zum Berufsbild kann man etwa Folgendes sagen: Gebäudeinformatiker*innen EFZ koordinieren und installieren Systeme in den Bereichen Gebäudeautomation, Kommunikation und Multimedia (GKM-Systeme), einschliesslich der entsprechenden Geräte, Komponenten und Netzwerke. Sie stellen die Verbindung dieser Systeme zu übergeordneten Managementsystemen sicher. Mit ihrem systemübergreifenden Know-how gewährleisten sie, dass Schnittstellen zu einer funktionierenden technischen Infrastruktur integriert werden und streben ein energieeffizientes Gesamtsystem an.
Sie sind aber auch auf einer der drei Fachrichtungen Planung, Gebäudeautomation oder Kommunikation und Multimedia spezialisiert. Umfassende Kenntnisse in der Netzwerktechnik sowie im Bereich der IT-Sicherheit bilden die Basis ihrer Kompetenzen.
Aufgabengebiete
Gebäudeinformatiker*innen EFZ arbeiten in Betrieben, welche sich an der Schnittstelle von Gebäudetechnik, Elektroinstallation und Informatik positionieren. Dies sind einerseits Dienstleistungsfirmen, welche GKM-Systeme installieren, andererseits aber auch Planungs- und Ingenieurbüros. Gebäudeinformatiker*innen EFZ Fachrichtung Planung verantworten zudem die Koordination der verschiedenen Systeme in der Projektierungsphase und unterstützen die Projektleitung bei der Angebotsentwicklung auf der Basis von Kundenbe-dürfnissen. Gebäudeinformatiker*innen EFZ Fachrichtung Gebäudeautomation verantworten die reibungslose Vernetzung der technischen Infrastruktur in einem intelligenten Gebäude. Sie sorgen dafür, dass gebäudetechnische Systeme wie etwa Heizungen, Kälte- und Lüftungsanlagen sowie elektrische Energieverbraucher über ein funktionierendes Netzwerk intelligent und energieeffizient gesteuert werden können.
Gebäudeinformatiker*innen EFZ Fachrichtung Kommunikation und Multimedia ermöglichen die Vernetzung moderner Kommunikations- und Multimediamittel im privaten und geschäftlichen Umfeld. Sie stellen sicher, dass Endgeräte sowie Anwendungen (z. B. Kommunikationsdienste wie VoIP) in ein funktionierendes Netzwerk installiert und integriert sind. Diese Fachrichtung löst den bisherigen Beruf des Telematikers ab.
Gebäudeinformatiker*innen EFZ legen grossen Wert auf die Einhaltung von sicherheitsrelevanten Anforderungen. In ihrem beruflichen Alltag stehen sie in Kontakt mit unterschiedlichsten externen Anspruchsgruppen, wie Kundinnen und Kunden, Personen von Planungs- und Installationsbetrieben verschiedenster Gewerke etc.
Handlungskompetenzen
Gebäudeinformatiker*innen EFZ führen einfache Projekte oder Teile von Projekten selbstständig durch. Dazu gehören Projektmanagement-Aufgaben wie die Erstellung von Terminplänen und die laufende Kontrolle des Projektfortschritts. In technischer Hinsicht planen sie die Umsetzung eines Projekts. Auf der Basis von Vorgaben und Kundenbedürfnissen erstellen sie Pflichtenhefte, planen die konkreten Aufgaben und stellen Materialien und Werkzeuge für Arbeitseinsätze bereit.
In der Fachrichtung Planung koordinieren und projektieren sie Lösungen für GKM-Systeme. Sie analysieren Schnittstellen systematisch, stellen diese visuell dar und erarbeiten damit eine übersichtliche Grundlage für die Umsetzung. Ausserdem erstellen sie in Zusammenarbeit mit der Projektleitung Kostengrundlagen und entwickeln Angebote für die Vernetzung von GKM-Systemen.
Die Fachrichtung Gebäudeautomation installieren und konfigurieren Komponenten von Gebäudeautomationssystemen. Sie konfigurieren Schnittstellen, parametrieren und programmieren Anwendungsprogramme und nehmen die Systeme schliesslich in Betrieb.
In der Fachrichtung Kommunikation und Multimedia installieren und konfigurieren sie Kommunikations- und Multimediasysteme. Sie konfigurieren ebenfalls Schnittstellen von Datennetzen sowie Peripheriegeräte. Nach der Inbetriebnahme der Geräte und Systeme stellen sie deren Funktionsfähigkeit sicher.
Die Fachpersonen dieses neuen Berufes dokumentieren die eingerichteten Systeme und erstellen Bedienungsanleitungen für die Nutzer und Nutzerinnen. Sie führen integrale Systemtests durch und stellen damit sicher, dass die verschiedenen Systeme reibungslos funktionieren. Während der Betriebsphase unterstützen sie ihre Kundinnen und Kunden, analysieren Störungen oder führen Instruktionen durch. Durch eine regelmässige Wartung der GKM-Systeme sorgen sie für einen einwandfreien Betrieb.
Berufsausübung
Die Dienstleistungen von Gebäudeinformatiker*innen EFZ zielen auf die physische und virtuelle Infrastruktur in Gebäuden ab. Sie sind daher häufig unterwegs, zu Hause bei Kunden oder auf Baustellen von Neubauten oder Sanierungen. Mobiles Arbeiten gehört zu ihrem Arbeitsalltag. Sie wenden dabei digitale Hilfsmittel und betriebsspezifische Projektmanagement-Anwendungen an. Für die Installation von Gebäudeautomations- und Multimediageräten beherrschen sie verschiedene Arbeitstechniken und setzen Maschinen, Messgeräte und Werkzeuge ein. Mit der Infrastruktur im Betrieb oder bei Kundinnen und Kunden gehen sie sorgfältig um.
Gebäudeinformatiker*innen EFZ sind in allen Projektphasen gefordert, die Schnittstellen zu verschiedenen Bereichen und Systemen im Gebäude im Auge zu behalten und zu bearbeiten. Sie verfügen über eine gute Übersicht der verschiedenen Systeme im Zusammenhang mit intelligenten Gebäuden. Die Bearbeitung von Schnittstellen erfordert schliesslich auch eine gute Koordination und Kommunikation mit Fachpersonen der verschiedenen Bereiche im Gebäude. Mit ihren Schnittstellenkompetenzen sind sie in der Lage, Konsequenzen eines Projektes abzuschätzen und Fehler in der Umsetzung zu vermeiden. Datenschutz und IT-Sicherheit stellen für sie Anforderungen von höchster Wichtigkeit dar. Sie sind sich der technischen und rechtlichen Aspekte bewusst und treffen im Umgang mit sensiblen Daten die entsprechenden Massnahmen.
In allen Projektphasen stehen sie mit Kundinnen und Kunden in Kontakt. Sie formulieren technische Probleme und Anweisungen in einer einfachen, verständlichen Sprache. Gebäudeinformatiker*innen EFZ zeichnen sich durch ein ausgeprägtes technisches Verständnis aus. Der rasche technologische Wandel erfordert eine hohe Bereitschaft zur ständigen Weiterbildung und zum lebenslangen Lernen.
Anforderungen an den Ausbildungsbetrieb
Damit eine Firma Lernende ausbilden kann, genügt es nicht, einen möglichen Kandidaten zu rekrutieren und einen Lehrvertrag mit diesem abzuschliessen – fertig. Es sind diverse weitere bzw. vorgängige Schritte nötig. Diese Schritte wollen wir uns anhand eines Beispiels nun etwas näher anschauen.
Die Geschäftsleitung dieses Engineering-Unternehmens entschied im Sommer 2020 zusammen mit dem Lehrlingsverantwortlichen der Gesamtfirma die Schaffung einer Lehrstelle für Gebäudeinformatiker*innen mit Fachrichtung Planung. Dieser Lernende soll im Sommer 2022 seine Ausbildung beginnen. Erste Abklärungen des Lehrlingsverantwortlichen im Herbst 20, der im Groben über diesen neuen Beruf im Bild ist, ergaben folgende Ergebnisse:
Die rechtlichen Grundlagen (BiVor etc.) stehen bereit, waren aber vom Bundesrat noch nicht in Kraft gesetzt worden (ist per 1.1.2021 geschehen).
Die Berufsberatungen in verschiedenen Kantonen kannten den Beruf nicht, oder nur am Rand.
«Marketingmaterial» wie Broschüren sind noch keine vorhanden.
Auf der Homepage des Verbandes sind bis jetzt nur wenige Infos vorhanden.
Der Lehrlingsverantwortliche setzte sich also ans Telefon und beschaffte sich via sein Netzwerk Infos zur Ausbildung. Ebenfalls sichtete er die wenigen vorhandenen Unterlagen und Dokumente. Mit diesen Unterlagen erstellte er dann folgendes Grobkonzept.
Grobkonzept
Das Engineering-Unternehmen ist im gesamten Spektrum der Elektroplanung tätig. Von der Planung von Versorgungsnetzen (Mittelspannung von ganzen Städten und Dörfern) über die «klassische» Elektroplanung in Gewerbe und Industrie bis hin zur Gebäudeautomation, ICT und Prozessautomation. Dieser Umstand soll auch für die Ausbildung der Gebäudeinformatiker*innen genützt werden. Diese Rahmenbedingungen zusammen mit Bildungsplan und BiVor führen zu nachfolgendem Grobkonzept.
Angliederung des Lernenden in der Abteilung Gebäudeautomation.
Pro Lehrjahr – 2 Monate in der Abt. ICT.
1. Lehrjahr – 3 Monate in der Abteilung Elektroplanung.
2. Lehrjahr – 3 Monate Praktikum in der Fachrichtung Kommunikation und Multimedia.
3. Lehrjahr – 3 Monate in der firmen-internen IT.
3. Lehrjahr – 3 Monate Praktikum in der Fachrichtung Gebäudeautomation.
Restliche Zeit in der Abteilung Gebäudeautomation.
Ausbildungsbewilligung
Damit eine Firma Lernende ausbilden darf, bedarf es eine Ausbildungsbewilligung durch den jeweiligen Kanton (Standortkanton der Firma). Hat eine Firma verschiedene Standorte, benötigt er für jeden Standort eine entsprechende Bewilligung. Dies unabhängig davon, ob sich diese im gleichen oder in einem anderen Kanton befindet. Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens werden durch den Kanton die von der BiVor vorgeschriebenen Rahmenbedingungen an die Firma wie auch an den Berufsbildner überprüft. Werden diese erfüllt, erteilt der Kanton die Ausbildungsbewilligung.
Obwohl die Firma bereits über 20 Elektroplaner*innen an sämtlichen Standorten in der Nordostschweiz ausbildet, benötigt sie für die Ausbildung von Gebäudeinformatiker*innen eine zusätzliche Bewilligung.
Da im September 2020 die nötigen rechtlichen Grundlagen noch nicht in Kraft waren, konnte das Engineering-Unternehmen auch noch keine Ausbildungsbewilligung beantragen. Die Firma wurde auf eine Warteliste gesetzt.
Im November 2020 konnte der Betrieb dann den Antrag auf Ausbildungsbewilligung dem zuständigen Kanton einreichen. Dieser bearbeitete das Gesuch speditiv und die in diesem Zusammenhang nötige «Kontrolle» des Betriebs mittels eines Betriebsbesuches wurde Mitte Dezember 20 angekündigt und durchgeführt. Die Kontrolle erfolgt dabei meistens durch den Chefexperten der jeweiligen Prüfungsregion. Da die gesamte Organisation des Qualifikationsverfahrens jedoch noch nicht steht, erfolgte die Kontrolle durch den Projektleiter des Verbandes, welche der Schaffung des neuen Berufes vorsteht. Noch vor Weihnachten erfolgte dann die Erteilung einer Ausbildungsbewilligung für den Hauptsitz der Firma. Parallel dazu erfolgte die Einreichung des Gesuches für einen weiteren Standort der Firma. Nach der obigen Kontrolle der Niederlassung wurde Anfang 2021 auch diese Bewilligung erteilt.
Rekrutierung und Marketing
Mit dem grünen Licht der beiden Lehrlingsämter konnte nun die Rekrutierung bzw. das Marketing für diesen Beruf starten. Dabei wurden folgende Schritte eingeleitet und umgesetzt.
Erweiterung Homepage mit Infos und Links zum neuen Beruf.
Publikation der Lehrstelle wahlweise im Hauptsitz oder der Niederlassung.
Bekanntmachung des Ausbildungsplatzes an regionalen Berufsmessen und Infoveranstaltungen.
Bekanntmachung des Berufes und der Lehrstelle an den Oberstufen der jeweiligen Standorte.
Die Nachfrage und das Interesse an der Lehrstelle waren sehr gross. Nach einem umfangreichen Rekrutierungsverfahren und Prüfung der über 20 Kandidaten konnte schliesslich im Dezember 2021 der Lehrvertrag mit dem ersten Lernenden unterzeichnet werden. Start der Ausbildung ist Mitte August 2022. Zurzeit wird das oben beschriebene Grobkonzept verfeinert, damit die Firma im August 2022 bereit ist, mit der Ausbildung zu starten.
Fazit
Die Einführung einer neuen Ausbildung bzw. die Schaffung einer Lehrstelle ist mit einem nicht kleinen Aufwand verbunden. Schliesslich ist die Wirtschaft an der Schaffung von guten Ausbildungsplätzen interessiert. So werden die Fachkräfte von Morgen «gezüchtet». Das Bekenntnis zur dualen Ausbildung ist mit einem Aufwand verbunden, der sich aber für alle lohnt. Packen wir es an.