Spenglerei

Sicht au das perfekt realisierte Doppelfalzdach in Rheinzink vorbewittert schiefergrau, leider von unten nur teilweise sichtbar.

Eine Materialwahl für einen exklusiven Ort: Zum anspruchsvollen Doppelfalzdach mit dem Werkstoff Rheinzink passt die aussen gedämmte Fassade mit starkem Verputz und eingeritzten Déco-Motive.

Montage bei 45°-Gefälle und fertige Deckung mit Traufe und allen Dachaccessoires.

Dalibor Martinovic, dipl. Spenglermeister, G.Bosshard AG

Wohnhaus in den Bergen mit komplexem Dach

Das Projekt Andermatt Swiss Alps wird zur neuen attraktiven Ganzjahresdestination. Das aus einem Wettbewerb hervorgegangene Wohnhaus «Edelweiss» verkörpert gute Architektur und perfektes Handwerk in einer anspruchsvollen Umgebung. Mit einer einmalig attraktiven Dachdeckung in Titanzink.

Die grossen Pläne von Samih Sawiris in Andermatt werden Stück für Stück Realität. Nach dem Start mit dem Luxus Hotel The Chedi folgte der Bau eines grösseren Neu-Dorfes mit individuell gestalteten Häusern und Wohnungen. Über 40 Architekturbüros waren an den Resort-Entwürfen beteiligt. Die Chancen, dass ein baulich heterogenes, somit wenig «retortenhaftes» Dorf entstehen wird, stehen laut Kritiker gut da. Das beim Wettbewerb angemeldete Haus «Edelweiss» ist einer dieser schönen, exklusiven Bauten, der unterdessen von ersten Bewohnern bezogen wurde.

Individuelle Architektur

Die Architektur aller Gebäude überzeugt durch ihre Individualität. So auch das Apartmenthaus Edelweiss. Es zeichnet sich durch das kompakte Volumen und sehr aussergewöhnliche Dachgeometrie aus. Auf die bemalte Fassade werden rautenförmige Flächen geritzt, die durch ihre Wellenform dem Gebäude Leichtigkeit geben. Die markanten, geometrischen Fensterläden stehen im Kontrast zu den runden Arkadenbögen. Das Gebäude steht auf einem Infrastrukturbau, in welchem unterirdisch die Parkplätze sowie die Techniknutzung untergebracht sind. Die Lage gibt den Wohnungen viel Raum und Licht. Im Erdgeschoss entsteht eine Verkaufsfläche, darüber sind auf vier Etagen 15 Apartments realisiert. Unter dem Dach befinden sich zwei exklusive Maisonette-Wohnungen.

System und Materialwahl

Der Architekt hat sich für das Metalldach mit Doppelstehfalz-System entschlossen. Angesichts der komplexen Dachgeometrie und der exponierten topografischen Lage ist das die beste Wahl. Das 700 m2 grosse und von allen Seiten sichtbare Dachgefüge besteht aus vielen einzelnen Flächen, wobei sich die Symmetrie auch nach längerem Suchen nur schwierig finden lässt.
Als Werkstoff für die Deckung wurde Titanzink, passend zur wildromantischen Umgebung, gewählt. Zum Einsatz kam Rheinzink vorbewittert schiefergrau, Dicke 0.7 mm, insgesamt 5 Grosscoils von je 1000 kg für die Bedachung und 12 Rollen von je 100 kg für die Anschlussbleche.

Komplexe Dachgeometrie

Die Meereshöhe von 1450 m, die schneereiche innenalpine Lage und die komplexe Dachgeometrie stellten einige Herausforderungen dar. In Andermatt können extreme Windverhältnisse auftreten. Die häufigsten Ursachen sind die Winterstürme am Gotthardmassiv, der Föhn und die Wettereinflüsse der Alpensüdseite mit dem Mittelmeerklima und der Alpennordseite, wo atlantischer Einfluss herrscht.

Dachaufbau im Detail

Für das Dach wurde folgender Aufbau bestimmt:  
•    Doppelstehfalz-Metalldach aus Titanzink 0,70 mm
•    Strukturierte Trennlage ohne Dichtigkeitsfunktion
•    Holzschalung 27 mm, im Traufbereich 3 mm dünner
•    Hinterlüftungslattung, Breite x Höhe 60x80 mm
•    Fugenloses Unterdach, in Dachrinne entwässert
•    Dreischichtplatte 27 mm, über Sparren verlegt
•    Sparrenlage und Mineralwolldämmung 240 mm
•    Dreischichtplatte 27 mm, unter Sparren montiert
•    Installationsebene mit Lattenrost, Breite x Höhe 30 x 50 mm
•    Holztäferdecke 15 mm, weiss lasiert

Planung und Spenglerwissen

Der Planung von Befestigungen kam höchste Priorität zu. Die Berechnung der Schiebe- und Festhaften und der Schneefanganlage erfolgt konsequent mit den hierfür geschaffenen Dimensionierungstools von suissetec.
Die verschiedenen Kriterien und die starte Windexposition im offenen, bergigen Gelände führen in der Randzone zu Haftenabstände um die 20 cm, in der Mittelzone bei Schiebehaften um 30 cm; der Abstand der Schneefänger ergab sich bei 91 cm, sodass die Schneelasten auf die ganze Fläche verteilt werden.

Festhaften und Schiebehaften

Da die Schubkräfte der gesamten Schneelast nur über die Festhaftenzone in die Holzunterkonstruktion übertragen werden, wurden die Blechbahnen in diesem 3 m breiten, abhängig der Dachneigung positioniertem Bereich, mit Festhaften starr in den Untergrund befestigt. Das gewählte Blechbahnen Achsmass von 330 mm ermöglichte die Verlegung der geforderten Befestigungen pro m2. Um den Tragwiderstand der Festhaften von 2000 N zu erreichen wurden selbstgefertigte, fast durchgehenden Haftstreifen aus CrNi-Stahlblech 0,40 mm eingesetzt. In der Schiebehaftenzone wurden die Lang-Schiebehaften Typ SM-ESL30 der Firma SM-Systeme montiert. Sämtliche Haften sind mit 25 mm langen Rillennägeln aus CrNi-Stahl V2A in Holz befestigt.

Einsatz vom Einrohr-Schneefangsystem

Auf dem Metalldach sind bis zu 11 Schneefangreihen pro Dachfläche montiert. Die unterste Reihe ist immer an der Traufe, die anderen Reihen sind im Abstand von 90 bis 95 cm gleichmässig aufgeteilt. Im Bereich der Schneefangreihen sind in der Schiebhaften-Zone keine Haften montiert, damit die Ausdehnung der Blechbahnen nicht eingeschränkt wird.
Um die Zuständigkeiten bei Dachdurchdringungen zu klären, wurde die Koordination der Schnittstellen rechtzeitig angepackt. Die Dachschichten sind vorschriftsgemäss angeschlossen. Die Einfassungen sind optisch in die homogene Dachlandschaft integriert. Damit kein Kondensat entsteht, sind die Lüftungskanäle wärmegedämmt. Bei den Entlüftungen bilden die in RAL 7043 pulverbeschichteten Lamellhüte den krönenden Abschluss. Auf den Dachflächen finden sich kaum rechte Winkel. Ortbleche mit versenkter Rinne erschienen die technisch angebrachte Lösung zu sein. Der Rinnenquerschnitt ist grosszügig ausgebildet, damit das Wasser bei der Dachneigung nicht überschiesst und die Selbstreinigung einwandfrei funktioniert.

Bauphysik

Das Gebäude wird bis unter das Dach als Wohnraum genutzt. Das führt zu erhöhter bauphysikalischer Beanspruchung der gesamten Konstruktion. Der Aufbau wird über die Untersicht belüftet und über die Entlüftungsfirste entspannt. Die oberste Dachfläche mit der Neigung von 3° wird von Traufe zur Traufe durchlüftet. Der Querschnitt der Durchlüftung ist mit 80 mm Höhe grosszügig dimensioniert, die Verminderungen durch Lochbleche berücksichtigt und der Durchlüftungsraum nirgends unterbrochen. Bei Anschlüssen und Dachübergängen ist es gelungen, zeitlose Architektur und einwandfreie Funktionalität ohne Kompromisse zu vereinen.

Entwässerung

Das Meteorwasser wird in den vorgehängten Dachrinnen aufgefangen. Eine Dachstelle, an welcher drei steile Dachflächen zusammentreffen, wurde mit überlaufsicherer Auffangrinne und Sammelkasten realisiert. Damit die Entwässerung auch bei Schnee und Eis funktioniert, sind die Rinnen, Kehlen und Rohre mit selbstregelnder Rinnen- und Rohrheizung ausgerüstet.
Damit die 2 m langen Rohre nicht klemmen, erfolgte die Montage der Rohrschellen unmittelbar unterhalb der Ausweitung.

Blitzschutz

Das Objekt ist gemäss Vorgaben der Vereinigung kantonaler Feuerversicherungen mit der Blitzschutzanlage der Klasse 3 ausgestattet. Alle Ableitungen sind hinter der verputzten Fassade bzw. Mineralwolldämmung verlegt, geerdet wird über die Fundamenterder. Die Fangeinrichtung beschränkte sich angesichts des metallischen Deckmaterials auf vergleichsweise viele Verbindungen zwischen den einzelnen Dachflächen und Dachrandprofilen. Der innere Blitzschutz inklusive Potenzialausgleich wurde durch den Elektroinstallateur erstellt.

Kommentar Jury

Das «Haus Edelweiss» verkörpert Architektur, Kunst, Ideen, und perfektes Handwerk. Die vielen anspruchsvollen Bedingungen, gestellt durch die Architektur, die Geometrie des Daches, die Gefälleverhältnissen, die Schnittstellen zwischen den Flächen, das Funktionieren der Bauphysik, das Einhalten der Lüftungsquerschnitte, das konstruktives Verhindern von Eisschanzenbildungen, und natürlich die extremen Wetterbedingungen, waren in grossem Masse vorhanden.