Es fehlt in der Schweiz weder an gutem Trinkwasser noch besteht ein Mangel an Wasser. Trinkwasser aus dem Leitungsnetz ist als Durstlöscher eine saubere Alternative zu Mineralwasser und wesentlich günstiger zu haben als das in den abgefüllten Flaschen. Und es steht fast kostenlos in jedem Haushalt auch für die tägliche Körperhygiene, zum Kochen und Geniessen bereit.
«Trinkwasser ist nicht nur ein streng kontrolliertes Lebensmittel, es ist auch preiswert. Der durchschnittliche Wasserpreis liegt bei zwei Franken pro 1000 Liter. Dies entspricht durchschnittlich 30 Rappen pro Person und Tag», schreibt der Schweizerische Verein des Gas- und Wasserfaches (SVGW) auf seiner Website. In der Stadt Zürich beispielsweise kostet der Kubikmeter Trinkwasser (1000 Liter) für den Bau, Betrieb und Unterhalt der Aufbereitungswerke, der Reservoire sowie des Leitungsnetzes im Durchschnitt CHF 1.85.
Steigender Konsum
Trinkwasser ist ein unersetzliches Lebensmittel, das wir täglich in genügender Menge und guter Qualität brauchen. Ein ausreichender Wasserkonsum ist gesund und hält vital. Dass das Wasser bei der Schweizer Bevölkerung beliebt ist, bestätigte eine repräsentative Umfrage des SVGW im Jahre 2011. «Die Trinkwasserqualität wird durch die eidgenössische Gesetzgebung genau vorgegeben und genügt höchsten Ansprüchen», sagt Paul Sicher, Leiter Kommunikation SVGW.
Die Beliebtheit des Hahnenwassers habe in den letzten zehn Jahren kontinuierlich und signifikant zugenommen. Der Konsum ist mit rund 80 Prozent regelmässigen Nutzern auf einem erfreulich hohen Niveau angelangt, fasst Sicher die Resultate der Umfrage von 2011 zusammen. «Die Gruppe der ‹Hahnenwasser-Abstinenten› ist seit 2001 fast um die Hälfte geschrumpft und umfasst heute noch rund ein Achtel der Bevölkerung.» Das Vertrauen ist hoch und die Umfrage bestätigte den guten Eindruck, den die Bevölkerung in ihr Wasser hat.
Parallel zur Zunahme des Konsums ist seit 2001 auch die Qualitätseinstufung gestiegen. Auch ohne neuere Umfrage gibt es nach Einschätzung des SVGW keine Anzeichen, dass sich dieser Eindruck verändert hat. Im Gegenteil. «Der Trend bis 2011 war ungebrochen positiv für das Trinkwasser, unterstützt durch den allgemeinen Wertwandel in der Bevölkerung, bei der das Nahe, Lokale und Umweltfreundliche auf enorme Resonanz stösst.»
Trinkwasser ist ein Lebensmittel
Trinkwasser wird in der Schweiz in hervorragender Qualität bis ins Haus geliefert, und es ist per Gesetz ein Lebensmittel. «Die Hausinstallationen und allfällige Reparaturen werden demnach in der Lebensmittelgesetzgebung geregelt», sagt Sicher, und diese gibt die Qualitätsanforderungen verbindlich vor. Es seien verschiedene Faktoren entscheidend. Als ersten Punkt nennt Sicher einen nachhaltigen Schutz der Wasserressourcen. Genügend und qualitativ gutes Rohwasser, das heisst Grund-, Quell- und Oberflächenwasser, gelte es wirksam zu schützen und nicht unnötig zu verschmutzen. «Zum Beispiel fordert der SVGW einen Verzicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Trinkwasserfassungsbereich der Schutzzonen und einen vernünftigen Umgang mit Medikamenten und Haushaltchemikalien.»
Ebenso sichern verbindliche kantonale Richtpläne und eine Nutzungsplanung die Wasserressourcen für kommende Generationen ab. Und letztlich zahlen sich auch die Investitionen in die Infrastruktur und in die Ausbildung des Personals aus. «Das Leitungsnetz muss fortwährend saniert werden. Es braucht weiterhin Investitionen ins Leitungsnetz von 1,25 bis 2 Prozent des Wiederbeschaffungswerts.» Die notwendigen Gelder seien mit kostendeckenden Gebühren und Beiträgen sicherzustellen sowie zweckgebunden einzusetzen. Die Wasserversorgung muss auch weiter professionalisiert werden, meint Paul Sicher vom SVGW. Einerseits durch gut aus- und stetig weitergebildetes Personal, andererseits durch eine wirtschaftliche und optimierte Struktur der Wasserversorgung.
Wirksame Kontrollen
In ihren Wassernutzungsgesetzen halten die Kantone die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Gemeinden fest. Dabei kommen den Kantonen Aufsichts- und Koordinationsfunktionen zu. Die Wasserversorgungen sind verpflichtet, eine dauernde Bereitstellung von Trinkwasser in einwandfreier Qualität, unter genügendem Druck und in ausreichender Menge zu gewährleisten.
«Im Kanton Aargau obliegt es den Gemeinden, die Wasserversorgung für die Bezüger im Gemeindegebiet sicherzustellen. Der Kanton fördert und koordiniert die diesbezüglichen Tätigkeiten der Gemeinden », sagt Irina Nüesch. Die Leiterin der Sektion Trink- und Badewasser im Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau ergänzt, dass das kantonale Wassernutzungsgesetz die Nutzung der öffentlichen ober- und unterirdischen Gewässer sowie die Inanspruchnahme der Oberflächengewässer regelt.
Mit dem Selbstkontrollsystem stellen die Wasserversorger sicher, dass das Trinkwasser jederzeit den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dabei werden zum Beispiel Erfahrungswerte der Wasserqualität bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen erhoben. So lassen sich auch die natürlichen Schwankungen erkennen. Die rechtliche Grundlage für die Anwendung dieses Qualitätssicherungsinstrumentes sind die Bestimmungen zur Selbstkontrolle gemäss der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenstände-Verordnung (LGV). Die kantonalen Amtsstellen überprüfen, ob die Lebensmittelbetriebe ihre Pflicht zur Selbstkontrolle wahrnehmen.
«Trinkwasserversorgungen werden einmal pro drei Jahre inspiziert», erklärt Nüesch. Die Untersuchungen der Trinkwasserproben umfassen ein ganzes Bündel von Kontrollen. So unter anderen den Nachweis von Bakterien oder Bakteriengruppen, die Bestimmung von charakterisierenden anorganischen und organischen Inhaltsstoffen mittels Chromatographie und anderer spezifischer Nachweisverfahren. «Oder die Bestimmung von Trübung, Temperatur, Leitfähigkeit, pH-Wert und Lichtabsorption mittels physikalisch-chemischer Messverfahren sowie auch die Bestimmung von Geruch, Färbung, Bodensatz mittels Sensorik », ergänzt Nüesch.
Rost kein hygienisches Problem
Die Wasserversorgung ist bis zum Hausanschluss für die Qualität des Trinkwassers zuständig. Für die Verteilung im Haus zeichnet der Liegenschaftseigentümer verantwortlich. «Trinkwasser, das an Mieter, Angestellte oder sonstige ‹Dritte› abgegeben wird, muss eine einwandfreie Qualität gemäss den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen aufweisen», bestätigt auch Nüesch. Es liegt in der Verantwortung des Gebäudebesitzers, dafür zu sorgen, dass die Hausinstallationen korrekt ausgerüstet und unterhalten sind. «Reklamationen über mangelhaftes Trinkwasser sollen von den Liegenschaftsverantwortlichen ernst genommen werden. Unsere Amtsstelle wird dann aktiv, wenn die Ursachen des Qualitätsmangels unklar sind oder eine Gesundheitsgefährdung entstehen könnte.»
Der häufigste Grund für mangelhaftes Wasser aus Trinkwasserhausinstallationen ist gemäss der Leiterin der Sektion Trink- und Badewasser die fortgeschrittene Korrosion von älteren Eisenrohren, die das Wasser braun oder gelblich färben. «Wenn Rostwasser aus der Leitung fliesst, liegt die Ursache oftmals in einer unzureichenden Durchströmung der Installation», schreibt der SVGW auf der Website. Dabei handelt es sich um gelöstes Eisen und fein verteilte Rostpartikel aus korrodierten Leitungen. Fast unvermeidlich in Altliegenschaften, und in der Regel sind die Warmwasserleitungen stärker betroffen als die Kaltwasserleitungen.
Für das Departement und auch für Nüesch ist das kein Grund zur Panik. «In unserer Ernährung ist Eisen ein unverzichtbarer Mineralstoff. Aus gesundheitlicher Sicht ist solches Leitungswasser unproblematisch, denn Rost ist eine chemische Verbindung aus Eisen und Sauerstoff und nur ein geringerer Teil des vorhandenen Eisens wird vom Körper aufgenommen.» Der Rest werde unverändert ausgeschieden. «Rost im Trinkwasser ist in der Regel kein hygienisches Problem. Er führt aber zu einem schlechten Image des Trinkwassers, dass es durch die Verfärbung nicht den Anforderungen der Lebensmittelgesetzgebung – geruch-, geschmack- und farblos – entspricht», stellt Paul Sicher dar.
Nachbehandlungen nicht nötig
Weit problematischer sind gemäss Irina Nüesch andere Ursachen für mangelhaftes Trinkwasser. Sie und ihr Team stellen bei ihren Inspektionen auch immer wieder fest, dass Enthärtungsanlagen unsachgemäss betrieben werden oder Installationen wie Armaturen, Schläuche oder Beschichtungen mit Werkstoffen eingesetzt werden, welche nicht die erforderlichen trinkwasserhygienischen Qualitäten aufweisen. Bei mangelhafter Beschaffenheit oder Wartung der Anlagen entstehen ein modriger Fremdgeruch und eine starke Verkeimung des Leitungswassers oder es treten Schwermetalle oder andere unerwünschte Stoffe auf.
«Grundsätzlich braucht Trinkwasser ab dem Eintritt ins Gebäude keine Nachbehandlung, sondern einen möglichst kurzen, korrekt ausgerüsteten Weg bis zum Wasserhahn», meint Nüesch. Doch Trinkwasser wird zunehmend einer Nachbehandlung im Haushalt unterzogen – eine Entwicklung, der auch die Wasserversorger kritisch gegenüberstehen. «Im Gegensatz zum industriellen Bereich oder der Gastronomie, bei der eine Trinkwassernachbehandlung für gewisse Arbeitsprozesse oft technisch notwendig ist, ist im Wohnungsbereich der Einbau einer Trinkwassernachbehandlung in den allermeisten Fällen eine Frage des Komforts», sagt Paul Sicher vom SVGW. In diesem Zusammenhang sollten Liegenschaftseigentümer bei der Anschaffung beispielsweise einer Enthärtungsanlage den geringeren Reinigungs- und Entkalkungsaufwand von Plattenbelägen, Wassererwärmern, Waschautomaten, WC-Spülkästen, Strahlreglern usw. den Beschaffungs-, Betriebs- und Unterhaltskosten gegenüberstellen, empfiehlt der SVGW.
Herausforderung Rohrsanierung
Die Sanierung von Trinkwasser-Hausinstallationen ist kostspielig und eine eingehende Information darüber lohnt sich – der Gesundheit zuliebe. «Wenn unsere Amtsstelle an Abklärungen beteiligt ist und Qualitätsmängel feststellt, wird als Massnahme die Wiederherstellung und Absicherung einer einwandfreien Wasserqualität verlangt», betont Nüesch. Eine beliebte Sanierungsmethode ist in letzter Zeit stark in die Kritik gekommen: die Neubeschichtung der Rohre mit Epoxidharz.
«Rohrinnenbeschichtungen sollen – wie alle Werkstoffe für die Trinkwasserversorgung – so beschaffen sein, dass sie das Trinkwasser nicht verunreinigen», meint Nüesch. Insbesondere dürfen sie Stoffe nur in Mengen abgeben, die gesundheitlich unbedenklich sind, und sie dürfen nicht zu Veränderung von Geruch, Geschmack, Färbung oder Trübung des Leitungswassers führen. «Bei einer Sanierung mit Zwei-Komponenten-Epoxidharz wird das Rohr nach der Reinigung inwendig mit einer Lackschicht versiegelt.
Die lebensmittelrechtlich korrekte Herstellung einer solchen Innenbeschichtung ist sehr anspruchsvoll. Ein ungeeignetes Harz oder Fehler bei der Verarbeitung, Leitungsvorbereitung, Temperaturführung usw. verursachen eine lang anhaltende Verunreinigung des Leitungswassers.» Epoxidharz ist tatsächlich eine verbreitete Sanierungstechnik, meint auch Sicher vom SVGW. «Seit den 1980er-Jahren wird Epoxidharz für die Sanierung von Trinkwasserinstallationen verwendet.» Diese Lösung scheint günstig und einfach zu sein, bringe aber eine Reihe von nicht zu unterschätzenden Problemen mit sich, beispielsweise sich in Wasser auflösende Substanzen, die das Leitungswasser beeinträchtigen oder den Geschmack verändern können, oder die Harzablagerungen können die Rohre verstopfen.
Als Reaktion auf diverse Schadensfälle mit massiv verunreinigtem Trinkwasser nach Rohrinnensanierung haben die zuständigen Schweizer Behörden die Harzhersteller und Sanierungsfirmen spezifisch und detailliert über die lebensmittelrechtlichen Anforderungen für diesen Tätigkeitsbereich informiert und die Einhaltung der Vorgaben gefordert. «Nur wenn die Sanierungsfirma alle genannten spezifischen Anforderungen einhält, hat der Bauherr eine ausreichende Gewähr für die korrekte Qualität der Sanierung resp. der Trinkwasserqualität nach der Sanierung», betont Nüesch.
Vertrauen in die Wasserversorgung
Die Schweizer Bevölkerung hat einen guten bis sehr guten Eindruck von ihrer Wasserversorgung. In der letzten Umfrage im Jahre 2011 vertrauten über 80 Prozent der befragten Personen der Wasserversorgung. Die drei Hauptstärken der lokalen Wasserversorgung, die genannt wurden, sind die Zuverlässigkeit, die Effizienz und die Leistungsstärke. Die Wasserversorger haben dafür zu sorgen, dass sie qualitativ hochwertiges Trinkwasser bis vor die Haustüre liefern. Ab da beginnt die Eigenverantwortung der Hauseigentümer und die letzten Meter können entscheidend sein. «Falsche Materialien, falsch installierte oder schlecht gewartete Nachbehandlungsgeräte sowie falsch installierte Anlagen oder unzulässige Verbindungen mit Nicht-Trinkwasserinstallationen können zu massgeblichen hygienischen und chemischen Qualitätsproblemen führen. Wichtig scheint uns, dass Installationsarbeiten nur von qualifiziertem Personal vorgenommen werden dürfen», sagt Paul Sicher.
Eine Qualitätssicherung ist sicherlich die Zertifizierung von qualitativ einwandfreien Installationsteilen sowie installationsberechtigte Personen durch den Schweizerischen Verein des Gas- und Wasserfaches. Die Schweizer Verordnung über Trink-, Quell- und Mineralwasser verlangt, dass Anlagen, Apparate und Einrichtungen zur Wasserversorgung nach den anerkannten Regeln der Technik eigerichtet, betrieben, erweitert oder abgeändert werden und verpflichtet die Inhaberin oder den Inhaber, diese durch entsprechend ausgebildete Fachpersonen regelmässig überwachen und unterhalten zu lassen.
In der SVGW-Richtlinie W3 / Ergänzung 2 sind für die wesentlichen Apparate und Armaturen, die in einer Trinkwasserinstallation eingebaut werden, Inspektions- und Wartungsintervalle festgeschrieben. Die Intervalle betragen je nach Armaturentyp ein halbes bis zu einem Jahr. Bei einem Fahrzeug ist es gemäss Sicher selbstverständlich, dass es jährlich kontrolliert und ein Service durchgeführt wird. Dies sei auch bei den Bauteilen einer Trinkwasserinstallation notwendig, damit diese die für sie gedachte Lebenserwartung von rund 50 Jahren erreichen kann.