«Zu einem Drittel für Mädchen, zu einem Drittel für Knaben, zu einem Drittel universal», sagte Christof Hindermann, Bureau Hindermann, Zürich, an einer Medieninformation zum Thema von Universal-Toiletten im öffentlichen/halböffentlichen Bereich. «Die im Juni 2022 aktualisierten Raumstandards für den Bau von Volksschulanlagen der Stadt Zürich erlangten mit ihrem Massstab zur Errichtung von genderneutralen WC-Anlagen eine weitdiskutierte öffentliche Aufmerksamkeit.» So führte die Stadt Zürich als kommunale Stelle eine Richtlinie ein, die Toiletten nutzbar für alle Geschlechter vorschreibt.
Über ähnliche Konzepte verfügen seit wenigen Jahren bereits die Städte Bern und Luzern. Abseits der Schulen sind vereinzelt in Restaurants oder Bars universale Toilettenanlagen ausprobiert worden. International gehören Universal-Toiletten in Ländern wie beispielsweise Schweden oder Kanada bereits zum alltäglichen Bild. «In der Schweiz gibt es jedoch kaum modellhafte Raumkonzepte und somit besteht oft Unklarheit über die Gestaltung dieser Räume», so Hindermann. «Wir vom Büro Hindermann engagieren uns für dieses Thema und wir sehen das aus der Sicht des Innenarchitekten als planerischen Ansatz.»
Universal Toiletten – für wen?
«Insbesondere für Menschen, die nicht den traditionellen Geschlechtsvorstellungen entsprechen, wie beispielsweise Trans-Personen, birgt die Nutzung öffentlicher Toiletten das Risiko von Diskriminierung und Gewalt.» Dies könne sich in Form von Blicken, Bemerkungen, Beleidigungen, Übergriffen oder sogar dem Verweigern des Zugangs zu den sanitären Anlagen äussern, so Hindermann. Wenn es nicht WCs für alle gebe, sei das diskriminierend, in der Schweiz gelten 3% der Bevölkerung als trans.
Universal-Toiletten, die geschlechtsneutral genutzt werden, können hier Abhilfe schaffen. Inklusivere Toiletten kommen gemäss Hindermann auch Menschen zugute, die auf eine Assistenzperson angewiesen sind oder Eltern mit ihren Kindern, zum Beispiel dem Vater und seiner Tochter. Von Toiletten ohne Geschlechtertrennung können also etliche Personen mit den unterschiedlichsten Ansprüchen profitieren.
In Dialog treten
In Interviews und Befragungen mit betroffenen Personen, Fachleuten sowie Behörden wurde den Bedürfnissen und Anforderungen von Universal-Toiletten auf den Zahn gefühlt. Wie gewährleistet man Sicherheit und Privatsphäre in öffentlichen Toiletten? Wie lässt sich Komfort und Hygiene für alle Nutzer garantieren, ohne dass es zu Kapazitätsengpässen kommt? Und vor allem: Wie lassen sich bestehende Anlagen einfach und effektiv umnutzen? «Die aufschlussreichen und spannenden Gespräche zeigten auf», betont der Innenarchitekt, «dass bereits mit kleinen Massnahmen, positive Veränderungen bewirkt werden können. Es bedarf nicht immer dem Einsatz eines Vorschlaghammers und umfangreicher Renovierungsarbeiten, um Universal-Toiletten einzurichten.»
Der Konsens ist klar
Eine durchdachte Beschilderung, die sogenannte Signaletik, sei eines der kraftvollsten Werkzeuge, um einen sicheren Ort herzustellen, so der Konsens der Befragten. Stereotypische Symbole für «weiblich» und «männlich» hielten veraltete gesellschaftliche Vorstellungen aufrecht und setzten so voraus, wie die Nutzer auszusehen hätten. Dies könne alle gefährden, die nicht in diese Schublade passen. Besser sei es, die Infrastruktur, beispielsweise «WCs und Pissoirs», auf den Türen zu nennen.
In Universal-Toiletten soll die Privatsphäre innerhalb der Kabinen zu mehr Sicherheit und Komfort tragen, während die Frequenz und Offenheit der angrenzenden Zonen zu mehr Sicherheit führen. Auch gelte es, Themen wie die persönliche Hygiene, Kinderbetreuung und Menschen mit erhöhtem Pflegebedürfnis zu berücksichtigen.
Beispiel Lausanne
Ein Sanierungsprojekt der Universität Lausanne beweise, wie ohne Einbusse in der Kapazität und Effizienz, eine Toilettenanlage erfolgreich umgebaut werden könne, erklärte Hindermann. Inmitten des hektischen Studienalltags bieten nunmehr 20 private Einzelkabinen, ausgestattet mit individuellen Waschbecken, ausreichend Privatsphäre, um sich den persönlichen Bedürfnissen hinzugeben. Dazu steigere die zentrale Lage an einem gut frequentierten Ort die Sicherheit. Des Weiteren stehe ebenfalls ein separater Raum mit abgetrennten Urinalen zur Verfügung.
«Durch die Gestaltung von Toilettenanlagen als Orte ohne geschlechtliche Trennung kann eine diskriminierungsfreie und inklusive Umgebung geschaffen werden, ohne Einbusse in der Kapazität und Effizienz», betonte Hindermann. «Richtig geplant, werden Wartezeiten verringert und der Komfort gesteigert – davon profitieren alle.»
Dabei sei von entscheidender Bedeutung, im Prozess betroffene Personen als Experten zu Rate zu ziehen, ihre Erfahrungen anzunehmen und situativ in die Gestaltung neuer Toilettenlösungen zu integrieren. Nur so könnten innovative Toilettenlösungen entwickelt werden, die den Bedürfnissen aller Nutzer gerecht würden.
Der vollständige Beitrag ist in p+i 05/23 erschienen