(Foto: GettyImages)

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Comeback der autoritären Führung?

Mitarbeiterführung im Befehlston ist schon lange nicht mehr zeitgemäss. Der autoritäre Vorgesetzte muss damit rechnen, vom Team hintenherum «verurteilt» zu werden. Der Begriff autoritär ist tatsächlich negativ besetzt, wird aber mit der Bezeichnung «durchsetzungsstark» auch mal positiv gesehen.

Autoritäre Führung - nur im Notfall
Als starker Leader hat der Vorgesetzte das Zepter in der Hand, delegiert nach dem „Top-Down-Prinzip“, von oben herab. Hat dieses Führungsprinzip nicht auch Vorteile? Ein unerfahrener Mitarbeiter braucht klare Ansagen und beurteilt Anweisungen nicht automatisch negativ. Für ihn wirkt das nicht autoritär. Der kooperative Führungsstil und das kollegiale Miteinander dürfen wegen eines Einzelfalls nicht generell in Frage gestellt werden.  
Bei autoritärer Führung sind Mitarbeiter reine Vollzugsorgane, die sich unterordnen müssen. Wer führt, sagt wo es lang geht, nimmt den Mitarbeitern das Denken weitgehend ab und macht sie auf Dauer unselbständig. Der Vorgesetzte hat immer das letzte Wort, es fällt ihm nicht leicht, eine andere Meinung zuzulassen. Widerspruch wird in der Regel nicht geduldet. Bemerkenswert: In manchen Betrieben wird dieser Führungsstil in leicht ausgeprägter Form praktiziert, weil Mitarbeiter keine andere Führung kennen oder Verantwortung für sich selbst nicht übernehmen möchten. Migranten im Arbeitsteam sind aus ihrer Heimat Anweisungen des Vorgesetzten gewöhnt, Unterordnung ist für sie normal. Autoritäres Führen entlastet sie von der Verantwortung, denn der Vorgesetzte hat ihnen den Weg gezeigt, den sie gehen sollen. Es ist wie beim Autofahren, das Navi gibt die Route vor, der Fahrer macht, was man ihm sagt.
Gut, wenn Vorgesetzte erkennen, ob ein Mitarbeiter durch Eigenverantwortung überfordert ist und ihm eine schwierige Aufgabe über den Kopf wächst. Die Angst vor Arbeitsfehlern führt eher zur Unterschätzung eigener Fähigkeiten. Mitarbeiter sprechen nicht gerne von Überforderung, es würde als Schwäche ausgelegt werden. Vor allem jüngere Mitarbeiter und Neueinsteiger, denen noch Erfahrung fehlt, brauchen klare Anweisungen und können erst später Verantwortung übernehmen und diskutieren. Autoritäres Führen wird bei der Einarbeitung sogar begrüsst. Manche Arbeitnehmer sind lieber weisungsgebunden und tragen nicht gerne die Verantwortung für die Arbeitsplanung und Organisation. Sie brauchen einen klaren Wegweiser, den „Navigator“. Sie akzeptieren Vorgaben und Kontrollen und empfinden keine Abwehr gegen feste Regeln des Vorgesetzten. Ideal ist es, wenn der Vorgesetzte flexibel reagiert und erkennt, wo er dem Mitarbeiter durch klare Anweisungen die alleinige Verantwortung abnimmt. Damit entfallen Diskussionen, wie etwas erledigt wird. Wenn schnelles Handeln in bestimmten Fällen oder in einer Notsituation erforderlich ist, sind Anweisungen, die einen autoritären Charakter haben, sinnvoll.

„Leitplanken“ oder „Anordnungen“?
Hinter dem Begriff „Anweisung“ steht für Mitarbeiter der erhobene Zeigefinger des Vorgesetzten. „Anweisung“ wird gleichgesetzt mit „Vorschrift“, und wirkt autoritär. Durch Anweisungen werden Handlungsspielräume des Einzelnen eingeengt, aber irgendwann ist Schluss mit Diskussionen, wie das im situativen Führungsstil typisch ist. Anweisungen schaffen Klarheit über die Verteilung der Aufgaben, schaffen Regeln und geben dem Mitarbeiter Orientierung.
Eine Anweisung lässt keinen Spielraum für die Mitarbeiter zu, kein „Wenn und Aber“. Es geht um festgelegte Kriterien, die zwingend eingehalten werden müssen, andernfalls kann es zu Konsequenzen kommen. Ein Verstoss dagegen ist eindeutiges Fehlverhalten.
Bestimmte Handlungsspielräume, die man dem Mitarbeiter überlässt, werden als „Leitplanken“ bezeichnet und begrüsst. Die Art und Weise der Arbeitserledigung wird nicht auf Punkt und Komma festgelegt wie im autoritären Führungsstil. Es gibt zwar Vorgaben, aber Details zur Arbeitsausführung bleiben dem Mitarbeiter selbst überlassen. Er hat sich nur an Grenzwerte und Vorschriften zu halten.
Im situativen Führungsstil begegnet der Chef seinen Mitarbeitern auf Augenhöhe. Führung gibt Orientierung, Sicherheit und Halt. Das Motto lautet im Idealfall: Autorität haben, ohne autoritär zu führen. Souveränes Auftreten und Organisationstalent machen den Vorgesetzten als Autorität glaubwürdig. Er wird respektiert, auch ohne dass er seine Position ausspielen muss. Mit Persönlichkeit und Ausstrahlung überzeugt er schneller als mit seiner Position. Und obendrein ist es wichtig, dass er beliebt ist.

Kritiker der autoritären Führung
Mit der Beteiligung an Entscheidungen und der Delegation zeigt der Chef sein Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter. Qualifizierte Mitarbeiter akzeptieren kooperative Personalführung, setzen sie sogar voraus. Der Chef ist nicht mehr Vorgesetzter, sondern Teil des Teams, er führt seine Mannschaft wie ein Coach beim Fussball das Team. Heute werden vom Chef andere Persönlichkeitswerte erwartet als früher in einer Zeit von Befehl und Gehorsam. Erfahrene Mitarbeiter möchten aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse in Entscheidungen einbezogen werden. Sie begrüssen die Übernahme von Verantwortung und fühlen sich ernst genommen, wenn sie etwas in eigener Regie durchführen. Selbstständigkeit und Kompetenz werden nicht durch autoritäre Führung gefördert, sondern blockiert.

Befürworter der autoritären Führung
Wer nur arbeitet, um zu verdienen, den interessiert der kooperative Führungsstil wenig, weil er dabei Verantwortung übernehmen müsste. Der Vorgesetzte sieht auch Vorteile: es wird nicht lange diskutiert, sondern per Anordnung Entscheidungen im Alleingang getroffen. Oft wird es sogar begrüsst, wenn der Chef den Ton angibt und nicht erwartet, dass der Mitarbeiter sich Gedanken macht und Vorschläge einbringt. Es soll Arbeitskollegen geben, die akzeptieren, dass der „Obere“ den „Unteren“ anweist.

Fazit
Viele meinen, dass Führung bei einem geringen Personalstand nicht ganz so wichtig ist, weil bisher alles automatisch läuft. Schliesslich hat sich noch kein Mitarbeiter über mangelnde Führung beschwert. Auch wenn der Arbeitgeber stark ins Tagesgeschäft eingebunden ist, muss Zeit sein, sich aktiv um Personalführung zu kümmern. Denn jeder Mitarbeiter ist immer so gut wie er geführt wird. Dabei muss Führung nicht spürbar sein, so wie eine Injektion am besten ist, wenn der Patient sie gar nicht spürt.


Unterschiedliche Führungsstile
1. autoritär: Führung aufgrund von Anweisungen
2. teamorientiert: Konzentration auf ein funktionierendes Team
3. motivierend: Motivation der Mitarbeiter für die Betriebsziele steht im Mittelpunkt
4. delegierend: Grundsatz ist die Delegation von Aufgaben und Verantwortung
5. situativ: Auf die unterschiedliche Situation des Mitarbeiters eingehen