Elektrotechnik

V.l.n.r.: Marcel Neff, Segmentleiter Wohn-/Gewerbebau bei der Hager AG, Marco Savia, Produkt Marketing Specialist KNX/Meters bei der ABB Schweiz AG, André Gross, Verkaufsleiter Schweiz/Österreich bei der Saia-Burgess Controls AG (SBC), und Turan Babuscu,Head of Product Line Comfort bei der Siemens Schweiz AG.

Trends im Smart-Building

Mit Automationssystemen werden Gebäude intelligenter, sicherer und effizienter. Um sie an die Anforderungen der Zukunft anzupassen, müssen die Produkte und Lösungen fortwährend weiterentwickelt werden. "ET Elektrotechnik" hat Experten zu ihren Neuheiten befragt.

Welche Produktneuheiten bieten Sie im Bereich der Gebäudeautomation an?

M. Neff: Unsere neuste Entwicklung bei Hager sind die kallysto und basico KNX-Bewegungsmelder, die wir im Oktober lanciert haben. Sie bieten eine Vielzahl an Vorteilen und sind für unterschiedliche Anwendungen im Trockenbereich einsetzbar. Neben der einfachen und eindeutigen Einstellung des Erfassungswinkels gibt es viele neue Software-Funktionen. So kann zum Beispiel die Ansprechhelligkeit automatisch gespeichert werden. Dies hilft unseren Kunden, den gewünschten Helligkeitswert noch schneller zu definieren.

Nebst neuen Produkten lanciert Hager auch immer wieder Software-Updates. Insbesondere unserer Visualisierungslösung domovea wurden verschiedene neue Funktionen hinzugefügt. Es können zum Beispiel weitere IoT-Geräte in domovea basic und expert integriert werden, der ETS-Fernzugriff für domovea expert ist jetzt möglich, und wir haben die Apple Watch, eine Wettervorhersage und eine Anwesenheitssimulation integriert.

M. Savia: ABB arbeitet an der intelligenten, zukunftsfähigen Vernetzung sowie Automatisierung im Gebäude und bietet zahlreiche Smart-Building-Neuheiten. Um mehr Komfort und Vielseitigkeit zu gewährleisten, hat ABB sein KNX-Schaltaktoren-Sortiment weiterentwickelt. Ausserdem setzt ABB mit meter2cash auf mehr Effizienz für ZEV. Die Energiekostenabrechnung wird damit ganz einfach. Und pro M compact InSite, ein System, das speziell dafür entwickelt wurde, um die Anforderungen des Energie- und Anlagenmanagements durch Überwachung und Steuerung des Energieflusses in Unterverteilern zu erfüllen, überträgt die Verbrauchsdaten sicher zum Serviceprovider für die Verrechnung.

Für mehr Sicherheit im Smarthome sorgt die neue Alarmmeldeanlage ABB-secure@home. Das funkbasierte System kann eigenständig genutzt, bequem nachgerüstet und in ABB-free@home integriert werden.

A. Gross: SBC hat mit QronoX ein SPS-System auf dem Secure Level 3 lanciert. Diese Steuerung bietet eine objektorientierte Hochsprachenprogrammierung nach der internationalen Norm IEC 61131-3, und ist mit PCD3-E/A Modulen kompatibel. QronoX eignet sich besonders für kritische Anwendungen wie die Wasserversorgung, Tunnel­infrastruktur, Fernwärme und -kälte, Energieproduktion sowie -verteilung.

Bei SBC ist auch die Gesundheit ein Leistungsindikator für intelligente Gebäude. Denn «Healthy Buildings» gehen über die Energieeffizienz hinaus, sie sorgen für das Wohlbefinden, das die Menschen benötigen, um eine produktive Leistung erbringen zu können. Wir haben eine ganzheitliche Systemlösung entwickelt, die alle gewünschten Gewerke integriert und miteinander vernetzt.

T. Babuscu: Menschen erwarten von ihren Gebäuden heute mehr Flexibilität, um Berufs- und Privatleben erfolgreich zu gestalten und miteinander vereinbaren zu können. Gleichzeitig wünschen sich Nutzer eines Gebäudes einen agilen Arbeitsplatz, der Kreativität und Innovation fördert. Hier sehen wir das Entwicklungspotenzial in Lösungen der künstlichen Intelligenz. Um diese Anforderungen zu erfüllen, bietet Siemens seinen Kunden die IoT-Lösungen Comfy und Enlighted an. Diese Lösungen ermöglichen es Unternehmen, ihre Angestellten umfassend zu informieren, ihre Produktivität zu steigern und den Mitarbeitenden gleichzeitig einen individualisierten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Aber auch Gesundheitsdienstleister und Spitäler stehen vor grossen Herausforderungen: Die IoT-Plattform von Enlighted und Comfy unterstützt Spitäler dabei, ihre Herausforderungen mit einer einzigen Lösung zu bewältigen. Durch kleine Sensoren, welche beispielsweise in Leuchten integriert werden können, sind Anwendungen wie Real Time Location Services (RTLS) sehr einfach zu realisieren. Somit hat man die Möglichkeit, Geräte, Personal und gegebenenfalls Patienten zu lokalisieren. Damit erzielen Spitäler massive Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen.  ❭

Sind diese Produkte bereits im Einsatz?

M. Neff: Die neuen kallysto und basico KNX-Bewegungsmelder sind ab sofort, die beiden domovea-Versionen (basic und expert) sind seit 2019 respektive Anfang 2020 verfügbar. Mit domovea basic wurden bereits einige Hundert Wohnbauprojekte erstellt. Der domovea expert Server eignet sich mit seinem grösseren Funktions­umfang hingegen eher für den gehobenen Wohn- und kleineren Gewerbebau.

M. Savia: Die neuen KNX-Schaltaktoren werden in zahlreichen Projekten installiert und in Betrieb genommen. Das sensationelle Preis-Leistungs-Verhältnis und die Sicherheit, für die anstehenden technologischen Trends (IoT) bereit zu sein, passt perfekt zu den Anforderungen des Schweizer Marktes. Auch unsere Abrechnungslösung für Eigenverbrauchsgemeinschaften (ZEV) stösst bei unterschiedlichen Anspruchsgruppen auf grosses Interesse. So durften wir zum Beispiel in einer Überbauung in der Zentralschweiz neben der Messung auch ein integrales Lastmanagement der Energieversorgung sicherstellen.       

A. Gross: Das QronoX-System ist bereits in verschiedenen Projekten im Einsatz. Und auch die «Healty Building»-Systemlösung findet Anwendung in Projekten, wir werden bald darüber informieren können.

T. Babuscu: Aktuell statten wir zum Beispiel ein Spital mit unserer Enlighted-Lösung aus. Dabei wird die erwähnte RTLS-Lösung eine wesentliche Rolle spielen. Siemens implementiert diese Lösungen auch im eigenen Unternehmen und stattet zurzeit weltweit 600 seiner Standorte mit der Workplace-App Comfy aus ‒ getreu dem Motto «Use what you sell». Die App unterstützt unsere Mitarbeitenden bei der sicheren Rückkehr während der Covid-19-Pandemie an den Arbeitsplatz und legt zugleich den Grundstein für ein agiles, zukunftsgerichtetes Arbeiten.

Welche Weiterentwicklungen sind bei Ihnen geplant, und wie schätzen Sie die Trends ein?

M. Neff: Von jeher setzt Hager auf den weltweit bewährten KNX-Standard. Nebst neuen Produkten arbeiten wir weiterhin an Software-Updates, um domovea für Systemintegratoren, Installateure und Endkunden noch effizienter zu machen. Wir sehen einen klaren Trend zu mehr Konnektivität zwischen den verschiedenen Systemen. So wird Hager weiterhin neue IoTs in domovea einbinden, um den Funktionsumfang noch mehr zu erweitern. Die Entwicklung neuer Systeme oder Produkte muss auch in die Richtung der Benutzerfreundlichkeit gehen. Schon heute stellen wir mit domovea und KNX easy sicher, dass sich der Aufwand für Schulung und Inbetriebnahme gegenüber anderen Systemen deutlich reduziert. Eine weitere wichtige Weiterentwicklung im Bereich der Gebäudeautomation ist die Verknüpfung zum Energiemanagement. Besonders im Wohnbau, aber auch im Zweckbau darf man auf neue Lösungen von Hager gespannt sein.

M. Savia: Die Entwicklungen werden sich weg von der reinen Steuerung, etwa der Beleuchtung oder Beschattung, hin zu vernetzten Gesamtlösungen, die alle Gewerke abdecken und auch Haushaltsgeräte oder Unterhaltungselektronik einbeziehen, bewegen. Prognosen rechnen im Jahr 2023 mit bis zu rund 1,2 Millionen Smarthome-Haushalten in der Schweiz. Das beinhaltet die Gebäudeautomation, das Energiemanagement, Sicherheit, Heimunterhaltung und altersgerechte Assistenzsysteme. Die Bedienung erfolgt zunehmend über mobile Geräte oder Sprach­-steuerung. Unser Portfolio mit vernetzten und softwarebasierten Lösungen ist auf diesen Trend ausgerichtet, und wir arbeiten weiter an innovativen Lösungen.

A. Gross: SBC hat mit dem neuen Saia PCD QronoX-System eine konsequent auf Cyber Secure (SL3) ausgerichtete Steuerung lanciert. Denn gerade in Bezug auf vernetzte Lösungen ist Internetsicherheit zentral. Neben der Verschlüsselung und Signierung aller Programme, Speichermedien und Nutzerverwaltung kommen gesicherte Kommunikationsprotokolle wie beispielsweise OPC-UA zum Einsatz. Applikationsbibliotheken und Web-Vorlagen, basierend auf HTML5, erleichtern das Engineering. Im weiteren Verlauf der Entwicklung wird die Steuerung unter anderem mit BACnet SC (secure) erweitert. Mit unserem «Heathly Building»-Angebot möchten wir zum Beispiel dazu beitragen, die Luftqualität zu messen, zu regulieren und zu visualisieren.

T. Babuscu: Mit IoT-Lösungen und der damit zunehmenden Konnektivität von Geräten mit der Cloud können Gebäude anfälliger für Cyberattacken werden. Nur durch ganzheitliche Sicherheitskonzepte lassen sich die Daten schützen. Mit BACnet Secure Connect (BACnet/SC) leitet die Bauindustrie wichtige Schritte ein, um Gebäudenetzwerke sicher zu machen. Auch Siemens hat als Hersteller von Gebäudetechnik daher einen neuen Ansatz bei Cybersecurity gewählt. Wir haben damit begonnen, Cybersecurity bereits beim ersten Entwurf von Produkten zu berücksichtigen (Cybersecurity by Design) und sichere Standardeinstellungen in ihren neuen Produkten und Portfolios vor der Auslieferung an die Kunden vorzunehmen (Cybersecurity by Default).