Installations- und Gebäudetechnik

Ein gutes Schema spart Zeit bei der IBS (Bild: Marcel Schöb).

Das Elektroschema früher und heute

Elektroschemas verärgern oftmals so manchen Elektroinstallateur – falsche oder fehlende Angaben, unvollständig und vieles mehr. Wir beleuchten, was sich im Laufe der Jahre verändert hat und wie und durch wen Schemas heute erstellt werden. Denn das «Wer» führt in vielen Projekten und Anlagen immer wieder zu Diskussionen.

 

Es ist noch gar nicht lange her, da haben wir unsere Elektroschemas mit Bleistift auf Papier gezeichnet. Diese wurden dann kopiert und an die Unternehmer abgegeben. Die Anlage wurde so gebaut, Nachträge hat es kaum gegeben oder wurden schnell mit dem Kugelschreiber nachgetragen. Nach Abschluss der Arbeiten hat der Ersteller dann das Original nachgeführt und so die Schlussdokumentation des ausgeführten Werkes erstellt.

Während der Ausführung hat es kaum neue Versionen gegeben, es wurde nicht wegen jeder neuen Klemmenbezeichnung ein neues Schema abgegeben – nicht vergessen, wir haben die Dokumente damals noch per Post verschickt (oder ev. per Fax). In grösseren Projekten wurden die Schemas durch den Elektrozeichner im Ingenieurbüro gezeichnet. Damals schon hatten wir Termindruck, dieser war jedoch kleiner und die benötigten Angaben kamen meist knapp, aber rechtzeitig. Ein kleiner Auszug aus Arbeiten, die wir damals teilweise mühsam von Hand gemacht haben: Blattkopf ausfüllen (Stand meist als Kleber zur Verfügung), Verweise innerhalb des Schemas und auch extern in andere Schemas, Kontaktspiegel zeichnen und nachführen und vieles mehr.

Und heute?

Wir erstellen die Schemas mittels CAD, das uns viel Fleissarbeit abnimmt. Schemaverweise werden «automatisch» verlinkt und nachgeführt, wenn wir Blätter einfügen und/oder verschieben. Wir nutzen eine Vielzahl von Zusatztools und Online-Datenbanken, Symbolbibliotheken etc. Doch sind die Ergebnisse besser geworden? Der Zeitdruck ist wie überall stetig gestiegen, immer wieder müssen grösste Schemas in Kürze erstellt werden.

Der Informationsgehalt eines Schemas hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Einige Beispiele:

Geräte sind meist bis auf die Bestellnummer und Lieferant definiert

Sämtliche Anschlussklemmen sind bezeichnet

Kabel sind dimensioniert und der Typ ist bestimmt

Meist sind auch die Anschlussklemmen am Ziel der Kabel definiert und aufgeführt

Zusatzinformationen wie Messbereiche von Messeinrichtungen, Leistungen von Antrieben etc. sind ebenso aufgeführt.

SGK-übergreifende Verweise werden automatisch erstellt und nachgeführt

Ebenfalls sind diverse Zusatzdokumente zu einem Elektroschema lieferbar. So seien neben den Stücklisten auch die Kabellisten erwähnt. Vorbei die Zeit, als der Elektroinstallateur die Schemas studiert und dabei herausgeschrieben hat, welche Kabel zu bestellen sind. Heute bekommt er meist eine Liste, auf der die Kabel dimensioniert, der Typ bestimmt und die Anschlüsse beidseitig aufgeführt sind. Böse Zungen behaupten gar, dass der Elektroinstallateur so gar nicht mehr in der Lage sein muss, Elektroschemas lesen zu können …

All diese Infos können aber nur geliefert werden, wenn das Elektroschema vollständig und richtig gezeichnet ist. Denn das Studieren hat uns das CAD (noch) nicht abgenommen, auch wenn dies teilweise angenommen wird. Die Vorlagen (Markos) und Symbole können noch so gut sein, wenn falsch dimensioniert, falsch verknüpft oder dgl. wird. Nicht alle Infos sind in den diversen Unterlagen und Tools enthalten, daher ist es umso wichtiger, dass unter allen Beteiligten kommuniziert wird. Hier führt in vielen Fällen ein klärendes Telefon schneller zum Ziel als ein Mailverkehr über zehn Tage.

Was wird benötigt?

Jedes Elektroschema ist so gut wie deren Basis bzw. dessen Grundlagen. Daher ist der Grundlagenbeschaffung VOR Beginn der Arbeiten grösste Beachtung zu schenken. Genau hier scheitert leider ein gutes Ergebnis/Endprodukt bereits. Was braucht es den, um mit der eigentlichen Arbeit zu beginnen, welche Angaben muss der Ersteller greifbar haben, um ein gutes Elektroschema zu erstellen? Wir haben uns in der Branche umgehört.

Aggregateliste auf Ausführungsstand, sprich alle anzuschliessenden Geräte, Verbraucher etc., sind abschliessend definiert (und nicht nur provisorisch)

R+I-Schema auf Ausführungsstand inkl. allfällige Kennzeichnung (Nummer)

Funktionsbeschrieb vorhanden

EMSRL-Richtlinien und Konzepte sind bekannt bzw. definiert/abgesegnet

Ausführungspläne sind erstellt und freigegeben (Licht, Steckdosen, Standorte etc.)

Der Auftrag für die Schaltgerätekombination ist vergeben und die Komponentenliste des Lieferanten liegt vor (Wo wird welches Produkt etc. eingesetzt)

Material- und Produktvorgaben des Kunden liegen vor   ❭

Auftrag «Automatisierung» ist vergeben und Details wie Netzwerke etc. sind geklärt. Auch hier liegt die Komponentenliste vor

Alle Aufträge wie z. B. Prozessmesstechnik etc. sind vergeben und die Komponentenlisten der Lieferanten liegen vor

Details wie Lichtsteuerung, Steuersicherungen, USV und/oder Notstrom Berechtigungen etc. sind geklärt und bereinigt

Lieferumfang der jeweiligen Komponenten geklärt («Wer liefert was?»)

 

Genau jetzt, und nicht vorher, ist der Zeitpunkt gekommen, mit der eigentlichen Schemaerstellung zu beginnen. Mit der nötigen Konzentration und dem Fachwissen kann nun das Elektroschema erstellt werden, welches die Basis für die Erstellung der Elek-troinstallation, die Schaltgerätekombination und Software auf der Automatisierung bildet. Selbstverständlich treten auch bei der Erstellung noch Fragen aus, welche es gilt, mit den Betroffenen zu klären. So ist die Schemaerstellung nicht eine monotone Arbeit in einem Kämmerchen, sondern verlangt von dieser Fachperson eine grosse Portion Kommunikationskompetenz. Auftretende Fragen gilt es, mit den jeweiligen Personen und/oder Firmen zu klären. Auch hier gilt, ein klärendes Gespräch ist meist zielführender als zehn Tage Mailverkehr. Werden wichtige Entscheide gefällt, lassen sich diese immer noch im Anschluss an das (Telefon-)Gespräch mittels Mails festhalten.

Auch wenn wir es dem Ausdruck oder der PDF-Datei nicht unbedingt ansehen, ist es immens wichtig, dass sämtliche Tools im CAD richtig und gemäss den Vorgaben des Lieferanten bzw. Betriebes angewendet werden. Denn ein «Chnorz» holt uns meist schneller als gewünscht ein.

Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser

Ist das Produkt erstellt, gilt es, dieses nicht einfach blind in die Ausführung zu verschicken. Sobald die Produktion der Schaltgerätekombination, die Erstellung der Elektroinstallation oder Software begonnen hat, kostet jeder festgestellte Fehler Zeit und auch Geld.

Fehlende Kontrolle hat immer wieder die gleichen Fehler an den Tag gebracht. Es gilt nun also, das Ergebnis gewissenhaft zu kontrollieren. Viele Firmen vertrauen dabei auf eine entsprechende Checkliste (wie im Flugzeug), die es nun gewissenhaft abzuarbeiten gilt. Nachfolgend wollen wir uns ein paar Punkte aus diesen Checklisten anschauen.

Sind die allgemeinen Infos vorhanden (SGK-Grösse, Farbe, Klemmensteg oben/unten etc.)?

Wurde das Überspannungsschutzkonzept eingehalten?

Wurde die Selektivität von neuen/zusätzlichen Leistungsschutzschaltern etc. überprüft?

Wurde der RCD-Schutz beachtet und die Selektivität und Back-up-Schutz eingehalten (auch SGK-übergreifend)?

Sind alle abgehenden Kabel definiert/dimensioniert?

Ist jeder Draht auf einer Klemme (intern und extern)?

Ist bei «Lieferung bauseits» der Lieferant definiert?

Sind alle Komponenten definiert (Typ etc.)?

Sind Verweise zu anderen SGK klar und nachgeführt (auch auf der «Gegenseite»)?

Sind alle Datenpunkte auf der Automatisierung vergeben (inkl. Adressen)?

Sind alle Bezeichnungen korrekt (keine Kopierfehler)?

Wurde die Rechtschreibung geprüft?

Sind alle geänderten Seiten mit Datum/Index versehen?

Ist der Prüflauf im CAD gemacht und alle Pendenzen berabeitet?

Ist das Änderungsverzeichnis nachgeführt (inkl. entfallener Seiten)?

Ist das Inhaltsverzeichnis neu generiert?

Wurde das Titelblatt angepasst (Verteiler/Datum/Geprüft/Version)

Hat die Kontrolle durch den Projektleiter oder ein anderes Augenpaar stattgefunden (Vieraugenprinzip)?

Diese Aufzählung ist nicht abschliessend und zeigt, welche Verantwortung beim Ersteller des Schemas liegt. Ein gutes Schema spart massiv Zeit bei der Ausführung der Anlage bis zur Inbetriebnahme! Wir haben mit den Alltagsproblemen der Baustelle im Zusammenhang der Schemaerstellung noch genügend am Hut. Auch hier nur ein paar typische Probleme, wie sie leider immer wieder auftreten.

Auf der Anlage ist ein anderes Gerät als angegeben montiert

Der Lieferant hat kurz entschlossen von 230V- auf ein 24V-Gerät gewechselt

Aus Preisgründen hat ein Lieferant noch den Typ geändert

Statt eines 4–20-mA-Signals soll plötzlich ein 0-10V-Signal eingebunden werden

usw.

Leider sind sich immer noch nicht alle Beteiligten über diese kurzfristigen Änderungen, meist ohne Meldung, bewusst. Solche kurz entschlossenen Handlungen können in anderen Aufträgen massive Mehrkosten auslösen. Auch hier gilt – reden wir doch miteinander!

Allen Beteiligten ist klar, dass es kaum ein Elektroschema mit 100 % Richtigkeit gibt. Immer wieder kommen kleine Differenzen oder Schreibfehler vor. Diese verzeiht man dem Ersteller aber sicher, wenn das Wesentliche stimmt und nicht bei jedem zweiten Anschluss eines Drahtes oder Kabels Unklarheiten auftreten.

Wer ist der Ersteller eines Schemas?

Die erwähnten Punkte sind alle sehr gut, nur was ist, wenn sich niemand für diese Arbeiten zuständig fühlt? Leider ist es in vielen Projekten nicht immer klar, wer die Schemas erstellt. Fest steht, dass die Erstellung des Stromlaufschemas zu den Grundleistungen des Planers/Ingenieurs gehört (SIA 108:2020 Art. 4.51). Ist diese Leistung also nicht explizit im Vertrag des Ingenieurs ausgeschlossen, hat dieser die Stromlaufschemas zu erstellen. Diese Leistung kann somit nicht einfach einem Unternehmer oder dgl. angelastet werden.

Fazit

Diese hochtechnische und interessante Arbeit benötigt entsprechendes Fachpersonal, an dem es immer mehr fehlt. Auch modernste CAD-Systeme verlangen immer noch Fachpersonal, das mitstudiert und sich bestens auskennt (mindestens ausserhalb der Serienproduktion). Packen wir es an und bilden solches Personal aus. Bieten wir unseren Kunden Elektroschemas, auf die wir stolz sein können (Stichwort Berufsstolz!).

Gleichzeitig schaffen wir mit der Erstellung der Elektroschemas auch für den Unterhalt eine gewisse Kundenbindung und generieren so bereits die Aufträge von morgen! Nutzen wir unsere Chance! Immer weniger Firmen erstellen Elektroschemas. Dies ist für alle, die es noch tun, eine Chance und gleichzeitig immer mehr eine Marktlücke, denn verzichten können wir auf dieses Arbeitsmittel nicht.