Den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes bildet die Arbeitsmethode Building Information Modeling (BIM) digital ab: vom Entwerfen und Planen des 3D-Modells über den Bau und Betrieb bis hin zum Abriss eines Baus. Anhand des Modells erhalten alle Beteiligten Zugriff auf digitale Pläne, die Steuerung von Prozessen und umfangreiche Datenbanken. Damit können alle Beteiligten Hand in Hand arbeiten. Die Voraussetzung für Unternehmen, die sich an Ausschreibungen mit BIM-Vorgabe beteiligen wollen, ist die Einführung von IT-gestützten Prozessen und -Technologien sowie der Aufbau des entsprechenden Know-hows.
Infrastrukturprojekte in Deutschland
Ausgangspunkt für die Digitalisierung der Planungs- und Baubranche ist der Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Dieser sah den Rollout von BIM bis 2020 vor. Für Infrastrukturprojekte des Bundes ist die Arbeitsmethode seitdem verpflichtend. Im Hochbau hingegen ist die BIM-Anforderung noch weniger verbreitet. Zwar gibt es grössere Projekte wie z.B. den Neubau des Klinikums Frankfurt-Höchst oder das Bürogebäude der Volkswagen Financial Services in Braunschweig. Die Bauherren schrieben sie direkt als Projekte mit BIM-Anforderungen aus. Für die meisten Neu- und Umbauten ist BIM allerdings noch kein Standard. Dementsprechend sieht es auch auf Planungsseite sehr unterschiedlich aus, was die Kompetenz in diesem Bereich angeht. Während viele Planungsbüros und Baubetriebe noch erste Erfahrungen mit der neuen Arbeitsmethode sammeln, ist das digitale Planen und Bauen für andere bereits Standard.
Wunsch und Wirklichkeit
Eine Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers PWC «Digitalisierung der Bauindustrie 2020» (Dezember 2020) belegt die Lücke, die viele Planende und ausführende Unternehmen der Baubranche noch zwischen den Potenzialen und der für die Umsetzung nötigen Expertise sehen: Trotz des zukünftig verpflichtenden Einsatzes in öffentlichen Infrastrukturprojekten bewerteten 68 Prozent der befragten Bauunternehmen ihre Fähigkeiten als ausbaufähig. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Planungsbüros: 73 Prozent empfinden die Anwendungen des digitalen Planens und Bauens als Chance, aber nur 27 Prozent schreiben sich in diesem Bereich gute Fähigkeiten zu.
Kompetenz aufbauen, BIM umsetzen
Zwar ist BIM im Hochbau noch kein Standard, aber das Thema verbreitet sich rasant in der Baubranche. «Die Digitalisierung von Bauprozessen und damit auch die Verwendung von BIM hat durch das Arbeiten im Homeoffice einen starken Schub bekommen», weiss Amir Abbaspour, Construction Manager bei omniCon, Gesellschaft für innovatives Bauen mbH.
Sind die Projekte präzise angelegt, kann der Planende die Abläufe auf der Baustelle auch von zu Hause steuern. Beispielsweise ist es möglich, Firmen, die Zugang benötigen, einfach in der dazugehörigen Datenbank zu hinterlegen. Durch die Kombination von BIM, Big Data und die Integration aller verfügbaren Informationen können heute schon komplette Projekte rechtssicher erfasst werden.
«Dennoch müssen Planende und Bauende häufig noch von den Vorzügen der Arbeitsmethode überzeugt werden. Aber die Zeit drängt, denn die Projekte nehmen zu», so Abbaspour. Er empfiehlt Planungsbüros, Kompetenz in diesem Bereich aufzubauen: «Auch wenn aktuell kein konkretes Projekt ansteht, zahlt es sich später aus, bereits jetzt Kompetenz in diesem Bereich aufzubauen. Denn es braucht in jedem Fall praktische Erfahrung. Wenn dann der Auftrag kommt, hat das Planungsbüro bereits einen Wettbewerbsvorteil und kann direkt loslegen.»
Offene Standards
Durch offene Standards und Spezifikationen für die Arbeitsmethode BIM soll zukünftig eine herstellerübergreifende Produktdatenbank die Planung erleichtern. Sie setzt auf Standardisierung zur Bereitstellung der Produktdaten, unter Beachtung des buildingSmart Data Dictionary (bSDD). Im internationalen Merkmaleserver erhält zum Beispiel die Beleuchtungsstärke eines Leuchtmittels einen eindeutigen internationalen Code, an dem sich jeder Hersteller orientiert. Fachplaner, Handwerker und Betreiber haben somit eine Datenquelle. Diese ist sowohl der Ursprung für Berechnungen rund um das Gebäude als auch Basis für Dokumentationen und das Qualitätsmanagement. Über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes sorgt das 3D-Modell für mehr Klarheit und bessere Planbarkeit.
BIM auf der Light + Building 2022
Das Top-Thema «Electrification & Digitalisation» der Light + Building befasst sich mit allen Bereichen von Gebäuden, für die zukünftig durch Digitalisierung, Automation und Vernetzung neue Potenziale im Hinblick auf Effizienz und Komfort entstehen. Als Gewerke übergreifende Schnittstelle ist «Digital Planning + Building» Teil des Top-Themas.
Die internationale Leitmesse «Light + Building» findet vom 13. bis 18. März 2022 auf dem Gelände der Messe Frankfurt in den Hallen 9, 11 und 12 statt.
Link zu weiteren Details zur Messe Light + Building