Die Wohnsiedlung «Im Guss» in Bülach ist eine von sechs Fallstudien im Rahmen des energylight-Projektes «SensoLight». Das Messprojekt soll das effektive Energiesparpotenzial von intelligenten Beleuchtungen gegenüber konventionellen Anlagen mit Standard-Sensorik aufzeigen und dies messtechnisch belegen.
In der 2019 neu erstellten Wohnsiedlung wurden die Beleuchtungsanlagen in zwei grösseren Treppenhäusern (mit und ohne Tageslicht) während mehrerer Wochen ausgemessen. Zuerst im unveränderten Neuzustand, dann in einem simulierten Referenz-Zustand und am Schluss im optimierten Zustand. Die Auswertung der Messungen zeigt: Die Einsparung zwischen Referenz- und optimiertem Zustand beträgt 85 Prozent.
Intelligente Leuchten
In den zwei Neunstöckigen Treppenhäusern sind insgesamt 87 Deckenleuchten mit einer Anschlussleistung von je 25 Watt installiert. Alle Leuchten haben integrierte Sensoren, die Tageslicht und Präsenz von Personen erfassen. Die Leuchten sind vernetzt, sodass sie untereinander Informationen (also z. B. Präsenz und Helligkeit) austauschen und über eine mobile Applikation von jeder beliebigen Leuchte aus justiert werden können (z. B. Nachlaufzeiten, maximale und minimale Lichtstrom-abgabe).
Betritt nun eine Bewohnerin das Treppenhaus – z. B. beim Verlassen ihrer Wohnung – schaltet das Licht vor ihrer Wohnungstür auf Volllicht. Gleichzeitig schalten die Leuchten in den benachbarten Stockwerken auf 5 % Schwarmlicht. Bewegt sich nun die Person treppenabwärts in Richtung Ausgang, dann dimmen die Leuchten auf den Stockwerken jeweils auf Volllicht, sobald die Person den Erfassungsbereich betritt. Die Leuchten hinter der Person dimmen nach einer kurzen Zeit wieder auf Grundlicht und nach einer gewissen Zeit schalten sie ganz ab. Auf diese Weise bewegt sich das Licht mit der sich bewegenden Person durch das Treppenhaus, wobei durch Grundlicht und Abschaltverzögerung sichergestellt wird, dass nie jemand in einem dunklen Raum schreitet. Ist es im Treppenhaus aufgrund des einfallenden Tageslichts genügend hell, schaltet das Licht auch beim Betreten nicht – oder nur teilweise, je nach Stärke des Tageslichts – ein.
Messung
Um den Energieverbrauch der intelligenten Beleuchtung beziffern und interpretieren zu können, wurden in der Elektroverteilung des untersuchten Gebäudes für jedes Treppenhaus je ein Energie- und Leistungsmessgerät installiert. Während mehrerer Wochen zeichneten die Geräte die elektrische Leistung der zwei Treppenhausbeleuchtungen im 1-Minuten-Intervall auf. Die Messdaten wurden auf einer SD-Speicherkarte abgelegt und später am Computer mit Excel ausgewertet.
Die erste Messung im unveränderten Neubauzustand zeigte, dass die Lichtregelung weitgehend optimal eingestellt war, die Beleuchtungsstärke aber deutlich zu hoch war. Die auf Nennleistung betriebenen Leuchten wiesen eine installierte Leistung auf, die einer herkömmlichen Installation mit Kompaktleuchtstofflampen entsprach.
Als Referenzmessung wurde die Beleuchtung mit Nennleistung betrieben. Dies entspricht einer Leistung, wie sie von PL-Leuchten benötigt wird. Die Präsenzmelder wurden im On-off-Modus betrieben und im gesamten Treppenhaus zu einer Gruppe zusammengefasst. Die Nachlaufzeiten der Sensoren betrug 15 Minuten. Dieser Betrieb entspricht einer typischen Installation für diese Nutzung, wie sie bis heute (auch in Zeiten von LED) üblich ist.
Im optimierten Zustand wurde die Leistung der Leuchten so eingestellt, dass keine Überbelichtung stattfindet und die mittlere Beleuchtungsstärke den normativen Anforderungen entspricht. Die intelligenten Leuchten werden im Schwarm betrieben: es brennen nur die Leuchten im Stockwerk mit Personenanwesenheit sowie die benachbarten Stockwerke im Schwarmlicht (5 %). Die Nachlaufzeit beträgt zwei Minuten.
Auswertung
Die Abbildung 4 illustriert eindrücklich den Vergleich eines Tagesganges der Leistung im Referenz- und im optimierten Zustand. In den Morgenstunden ist zudem die Wirkung der Tageslichtregelung im nach Osten ausgereichten Treppenhaus zu erkennen. Wie der Energieverbrauch der Treppenhausbeleuchtung in den drei Zuständen (Neubau-, Referenz-, Optimal-Zustand) zu bewerten ist, zeigt der Vergleich mit der SIA-Norm 387/4 «Elektrische Energie im Gebäude für Beleuchtung». Während der Verbrauch im Referenzzustand trotz Regelung über dem SIA Grenzwert liegt, erreicht er im optimierten Zustand einen Wert unterhalb des SIA-Zielwertes. Die Einsparquote beträgt 85 %. Mit diesem Wert wird das sehr hohe Einsparpotenzial aus einer vergleichbaren Fallstudie mit intelligenten Leuchten in einer Tiefgarage in Zürich bestätigt.
Von Interesse ist auch der Optimierungsschritt bei der Inbetriebnahme: Zwischen der «normalen» Inbetriebnahme der intelligenten Beleuchtung und der «optimalen» liegen ebenfalls 45 % Stromverbrauchssenkung drin. Diese hier bestätigte Erkenntnis zeigt, dass es auch ausserhalb von Fallstudien angezeigt ist, neue Beleuchtungsanlagen bei der Inbetriebnahme richtig einzustellen bzw. zu optimieren. Die SLG hat zu diesem Thema ein weiteres Projekt lanciert: optilight.ch.
«Fixe» Dimmung von Leuchten
Grundsätzlich sollte jede heute neu installierte Leuchte mit einem dimmbaren (DALI-)Betriebsgerät ausgerüstet sein. Nur bei DALI-Leuchten kann der maximale Lichtstrom bei der Inbetriebnahme begrenzt werden. Die in den letzten Jahren stetig gestiegene Energieeffizienz bei LED-Leuchten hat nämlich zu einer ebenso stetig steigenden Überdimensionierung vieler Beleuchtungsanlagen geführt. Treppenhäuser wie im beschriebenen Fallbeispiel, die mehr als 500 Lux Beleuchtungsstärke aufweisen, sind keine Seltenheit.
Eine dimmbare Leuchte soll aber keine möglichst gute Auslegung der Beleuchtung ersetzen, denn die Dimmung ist – v. a. im unteren Dimmbereich – mit grösseren Effizienzverlusten behaftet. Dies zeigt auch die Dimmkurve der in der Wohnsiedlung «m Guss» eingesetzten Leuchte.
Im Normalzustand gibt die Leuchte «Swisslux Aries-R35-B» mit integrierter Trivalite-Steuerung einen Lichtstrom von 2600 Lumen bei 24.8 Watt ab. Optimiert man die Leuchte im Treppenhaus auf die vorgesehene Beleuchtungsstärke, sinkt der Lichtstrom auf 1300 Lumen bei einer elektrischen Leistung von 13.2 Watt – statt auf 12.4 Watt – das ist kein Problem. Müsste man die Leuchte auf 10 % ihrer maximalen Lichtausbeute runterdimmen, wäre die Leuchten-Lichtausbeute nur noch rund halb so hoch, wie im Nennleistungsbetrieb.