Licht

Sicherere Strassen durch richtige Beleuchtung

Eine gute Beleuchtung ist besonders bei Fussgängerstreifen und nicht markierten Fussgängerübergängen wichtig. Was sind aber die wichtigsten Aspekte und wie lassen sie sich mit Stromsparmassnahmen vereinbaren? Darauf ging die letzte Tagung der Schweizer Lichtgesellschaft (SLG) und der IG Strassenlicht ein.

Angesichts einer möglichen Mangellage ziehen viele Gemeinden in Betracht, auch bei der Aussenbeleuchtung Strom zu sparen. Doch wie kann man die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer auch mit weniger Licht garantieren? Was macht Fussgängerstreifen sicher? Solche Fragen beschäftigen viele Betreiber von Strassenbeleuchtungen. Die eine oder andere Antwort gab die ausgebuchte Tagung Aussenbeleuchtung Ende November 2022 in Zürich.

Beleuchtung von Fussgängerstreifen

Jörg Haller, Leiter Öffentliche Beleuchtung bei den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ), erhält derzeit vermehrt Anfragen von Gemeinden, die wissen möchten, wie Stromsparen und Sicherheit bei der Strassenbeleuchtung zusammengehen könnten. In seinem Referat wies er als erstes darauf hin, dass das Sparpotenzial eher klein ist, weil die öffentliche Beleuchtung nur 0,55 % Anteil am gesamten Schweizer Stromverbrauch hat. Die symbolische Wirkung von Stromsparmassnahmen hingegen sollte nicht unterschätzt werden: «Sie können ein Leuchtturm sein, der den einen oder andern zum Sparen motiviert», so Haller.

Auf die Frage, ob die Gemeinden die Strassenbeleuchtung nachts abschalten dürfen, gebe es keine allgemeinverbindliche Antwort. Kein Gesetz und keine Norm regelt, von wann bis wann eine Strasse beleuchtet werden muss. Das Abschalten ist ein politischer Entscheid, bei dem immer die jeweilige Situation berücksichtigt werden muss. Haller empfiehlt allerdings, an Fussgängerstreifen die Sicherheit in den Vordergrund zu stellen. Entscheidet eine Gemeinde, die Beleuchtung nachts abzuschalten und die Fussgängerstreifen beleuchtet zu lassen, dann sollen diese nach Norm beleuchtet sein, um möglichst gute Sicherverhältnisse zu gewährleisten.

Kein Problem am Fussgängerstreifen sind Leuchten mit einer anderen Lichtfarbe. Im Gegenteil: Bei Strassen, die allgemein mit Natriumdampflampen beleuchtet sind, kann die Sicherheit sogar profitieren, wenn nur bei den Fussgängerstreifen LED-Leuchten mit anderer Lichtfarbe installiert werden. Je nachdem kann das Aufmerksamkeit seitens des rollenden Verkehrs generieren. Von Bewegungsmeldern zum Steuern der Beleuchtung an Fussgängerstreifen rät Jörg Haller hingegen ab. Das Risiko sei zu gross, dass die relevante Zone nicht rechtzeitig beleuchtet werde.

Im Weiteren erklärte er die sichere und normgerechte Beleuchtung von Fussgängerstreifen. Sie soll vor allem die Fussgänger sichtbar machen und nicht die Markierung. Deshalb muss sie auch den Annäherungsbereich der Fussgänger und die Anhaltestrecke der Fahrzeuge ausreichend ausleuchten. Dafür braucht es in der Regel auf jeder Strassenseite zwei zusätzliche Leuchten. In Fahrtrichtung sollen sie jeweils in vor dem Fussgängerstreifen angeordnet sein, damit das Licht immer von vorne auf die Strasse Überquerenden fällt (Bild oben). Das hilft, sie rechtzeitig wahrzunehmen. Entscheidend ist, dass die Beleuchtung auf der gesamten Fläche die Normwerte für die Helligkeit und Gleichmässigkeit erfüllt.

Gestaltung von Fussgängerquerungsstellen

Patrick Eberling, Leiter Verkehrstechnik der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU), erläuterte, was es ausser einer guten Beleuchtung noch für sichere Fussgängerquerungsstellen braucht. Mit einer genauen Analyse der Situation kann die sicherste Querungsart ermittelt werden. Das ist nicht immer ein Fussgängerstreifen. «Ein Fussgängerstreifen ist eine Vortrittsregelung, keine Sicherheitsmassnahme», so Eberling. Die neue Norm VSS 40240 «Querungen für den Fussgänger- und leichten Zweiradverkehr» aus dem Jahr 2019 verlangt neben verkehrstechnischen Massnahmen auch eine Beleuchtung gemäss der SLG-Richtlinie 202. Eine normgerechte Beleuchtung erhöht die Sicherheit nachgewiesenermassen. Deshalb ist das BFU klar gegen eine komplette Nachtabschaltung der Strassenbeleuchtung. Eine Reduktion der Beleuchtungsstärke ist jedoch vertretbar.

Herausforderungen

Gemäss der Stiftung RoadCross Schweiz erfüllen Tausende Schweizer Fussgängerstreifen nicht die nötigen Sicherheitsstandards. Dies zu verbessern, gehört ins Aufgabengebiet von Marco Räber vom Tiefbauamt des Kantons St. Gallen. Er erörterte, welche Massnahmen es braucht, Fussgängerstreifen sicherer zu machen. Meistens seien dazu umfassende Umbauten des Strassenraums erforderlich. Eine normgerechte Beleuchtung sei zwar ein wichtiges Element, löse das Problem alleine aber nicht. Dies zeigte er anhand von zwei Praxisbeispielen. Dabei ging es um die Sanierung von zwei Fussgängerstreifen, die innerorts über eine stark befahrene Hauptstrasse führen und häufig von Kindern benutzt werden. In beiden Fällen wurde zwar mit neuen Leuchten auf beiden Seiten der Fahrbahn für eine normgerechte Beleuchtung gesorgt. Zusätzlich mussten aber auch die Markierungen verschoben, eine Fussgängerinsel eingebaut oder verbreitert und die Warteräume für die Fussgänger gesichert werden. Sicherheit an Fussgängerstreifen wird also durch viele Faktoren beeinflusst – Standardlösungen gebe es dafür nicht. «Jede Situation muss individuell betrachtet werden, immer unter der Maxime ‹Sehen und gesehen werden› », so Räber.

Beleuchtung und Sicherheit

Martin Rölli, Leiter Beleuchtung bei der CKW AG zeigte, was der Beitrag einer guten Beleuchtung für die Sicherheit im Strassenverkehr bedeutet. In der Dunkelheit nimmt der Mensch keine Farben wahr und Sehschärfe und Kontrastsehen sind wesentlich schlechter als bei Tageslicht. Deshalb sind Fussgänger nachts deutlich schlechter sichtbar. Tragen sie dunkle Kleider, werden sie erst wahrgenommen, wenn man sich nur 25 bis 30 Meter vor ihnen befindet. Bei hellen Kleidern erhöht sich diese Distanz auf das Doppelte und mit reflektierenden Materialien gar auf fast das Fünffache.

Gute Sichtbarkeit ist wichtig, weil zwischen dem Entdecken und dem Handeln Zeit vergeht. Während die menschliche Reaktionszeit bei einfachen visuellen Reizen 0,2 bis 0,3 Sekunden beträgt, kommt beim Autofahren noch die Fussumsetzzeit und das Ansprechen der Mechanik dazu. Das erhöht die Reaktionszeit auf gut eine Sekunde.

Zu den Qualitätskriterien einer Strassenbeleuchtung gehört neben gutem Kontrast und wenig Blendung auch ausreichende Helligkeit. Damit diese Anforderungen bei der Umrüstung auf LED erfüllt werden können, müssen speziell bei Fussgängerstreifen oft die Kandelaber versetzt oder zusätzliche Leuchten montiert werden. Falls die Strassensituation dies nicht zulässt, soll der Rückbau des Fussgängerstreifens geprüft werden.

Ebenfalls zentral für eine gute Strassenbeleuchtung ist die gleichmässige Ausleuchtung. Deshalb rät Rölli davon ab, jede zweite Leuchte aus Stromspargründen auszuschalten, denn «so entstehen gefährliche Dunkelzonen, welche die Unfallgefahr deutlich erhöhen». Sicherer sei es, die Beleuchtungsstärke aller Leuchten gleichmässig zu reduzieren oder die Beleuchtung zwischen 1 Uhr und 5 Uhr vollständig auszuschalten, falls die Strassensituation dies zulasse.

Dimmung versus Nachtabschaltung

Jörg Imfeld von der Elektron AG rief in Erinnerung, dass der Anteil der öffentlichen Beleuchtung am gesamten Stromverbrauch seit der Einführung der LED vor rund 20 Jahren konstant gesunken ist. Während er 2002 noch 0,87 % ausmachte, waren es 2021 noch 0,55 %. Imfeld schätzt, dass heute rund die Hälfte der Strassenbeleuchtungen in der Schweiz auf LED umgerüstet ist. Das bedeutet, dass mindestens nochmals die Hälfte des heutigen Verbrauchs – also 160 GWh – eingespart werden könnte.

Noch grösser ist das Sparpotenzial, wenn die LED-Beleuchtungen nachts gedimmt werden. Jörg Imfeld spielte das an einem konkreten Beispiel durch: Eine Gemeinde will aufgrund der möglichen Strommangellage zusätzliche Sparmassnahmen ergreifen und ihre nicht dimmbare Strassenbeleuchtung auf Basis von Natriumdampflampen nachts während vier Stunden abschalten. Dies spart 35 % Energie. Demgegenüber spart eine nach Norm gedimmte LED-Beleuchtung bereits 60 % Energie. Wie viel hier das zusätzliche Abschalten spart, hängt davon ab, ob die Leuchten vernetzt sind. Bei vernetzten Leuchten kann das Dimmprofil von der Zentrale aus so angepasst werden, dass die Beleuchtungsstärke bereits um 22 Uhr auf 75 % und um Mitternacht auf null reduziert wird. Das erhöht die Einsparungen um 15 %. Bei nicht vernetzten LED-Leuchten ist dies nur möglich, indem man das Dimmprofil bei jeder Leuchte vor Ort anpasst. Trennt man die Leuchten hingegen einfach um 1 Uhr vom Netz, wird ihr Dimmprofil gelöscht und es sind keine Einsparungen durch das Dimmen vor dem Ausschalten mehr möglich. Deshalb beträgt die zusätzliche Einsparung dieser Massnahme nur 5 %.

Imfeld wies im zweiten Teil seines Referats darauf hin, dass das Abschalten einer Strassenbeleuchtung die Situation auf der Strasse verändert. Bei Unfällen ist dann der Eigentümer der Strasse, also die zuständige Behörde, mitverantwortlich. «Das bedeutet nicht, dass man die Strassenbeleuchtung nachts nicht abschalten soll. Aber die Gemeinden müssen sich dessen bewusst sein und die Situation sorgfältig prüfen», so Imfeld. Wichtige Entscheidungsfaktoren sind dabei unter anderem das Verkehrsaufkommen, die technische Machbarkeit, die Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung.

Anreizsysteme

Im Kanton Aargau sind die Anforderungen an die Strassenbeleuchtung seit der Revision vom Januar 2021 im kantonalen Strassengesetz verankert. Tobias Blaser vom Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau gab Einblick in dessen Umsetzung.

Eine Besonderheit des Kantons Aargau ist dabei, dass die Beleuchtung der Kantonsstrassen innerorts in die Kompetenz den Gemeinden gehört. Dies hat zu einem Sammelsurium an Lösungen geführt: Die Nachtabschaltung, Dimmung, Steuerung und die Beleuchtung von Fussgängerstreifen wurden von den über 200 verschiedenen Eigentümern und mehr als 50 Betreibern sehr unterschiedlich gelöst.

Seitens der Politik wurde gefordert, dass sich der Kanton an den Kosten für die innerörtliche Beleuchtung beteiligt und eine flächendeckende Nachtabschaltung anstreben soll. All diese Anliegen wurden bei der Gesetzesrevision mitberücksichtigt. Neu muss die Strassenbeleuchtung an Kantonsstrassen, mit Ausnahme der Fussgängerstreifen, nachts gedimmt oder abgeschaltet werden, wenn es die Verkehrssicherheit zulässt. Die Beleuchtung innerorts bleibt im Eigentum der Gemeinde, aber der Kanton leistet seit 2022 pro Leuchte einen jährlichen Beitrag von 200 Franken, sofern sie gewisse Kriterien erfüllt. Gefordert werden unter anderem der Einsatz von energieeffizienten LED-Leuchten, ein Dimmprofil für eine situationsgerechte Nachtabsenkung oder Nachtabschaltung und die Einhaltung der Norm bezüglich der Gleichmässigkeit der Ausleuchtung der Fahrbahn und der Beleuchtung von Fussgängerübergängen. «Das ist Anreiz für die Gemeinde, ihre Beleuchtung nach dem neusten Stand der Technik auszuführen, auf die Energieeffizienz zu achten und die Normen einzuhalten», so Blaser.

Im ersten Jahr haben rund drei Viertel der Gemeinden Anträge auf Mitfinanzierung gestellt. Knapp die Hälfte der angemeldeten Leuchten erfüllen die geforderten Kriterien. Die übrigen Leuchten sind erst beitragsberechtigt, wenn die Mängel behoben sind. Die Gemeinden müssen beispielsweise auf LED umrüsten, ein Dimmprofil hinterlegen oder die Anlage auf die normgerechte Gleichmässigkeit auslegen.

Gefahren erkennen

Den Abschluss der Tagung machte Mauro Balestra, Forensiker und Unfallgutachter mit seiner Analyse von Verkehrsunfällen in den Nachtstunden. Er wies darauf hin, dass eine Gefahr nur vermieden werden kann, wenn sie sichtbar ist. «Ohne Wahrnehmung gibt es keine Reaktion. Deshalb ist Licht für die Verkehrssicherheit zentral», so Balestra. Früher leisteten die Fahrzeuge mit Abblend- und Fernlicht einen relevanten Beitrag. Neue Scheinwerfersysteme mit verschiedenen Szenarien für Stadt, Kurven oder Schlechtwetter bringen das Licht gezielt auf die Strasse und erhellen das Umfeld weniger stark. Damit sich Fahrzeuglenker und Fussgänger früh genug erkennen können, ist aber eine minimale Ausleuchtung des Umfelds wichtig. Damit steigt die Relevanz der Strassenbeleuchtung für die Sicherheit in der Nacht.

In einigen Punkten waren sich alle Referenten einig: Fussgängerstreifen müssen nachts gut beleuchtet sein und das Abschalten jeder zweiten Leuchte ist keine sichere Lösung. Die nächste SLG-Tagung zur Aussenbeleuchtung findet am 22. November 2023 statt. ■

Auf der gleichmässig ausgeleuchteten Strasse (links) ist die Velofahrerin gut sichtbar. Wird jede zweite Leuchte ausgeschaltet (rechts) verschwindet die Velofahrerin in der Dunkelzone.

IG Strassenlicht

Die Interessengemeinschaft (IG) Strassenlicht ist die neue Anlaufstelle für Gemeinden und Elektrizitätswerke für Fragen zur öffentlichen Beleuchtung. Das Projekt wurde von den Abteilungsleitern «Öffentliche Beleuchtung» der Energieversorgungsunternehmen CKW, EKZ und den St. Galler Stadtwerken lanciert. Gemeinsam mit weiteren Experten tauscht sich die Gruppe regelmässig zum Thema Strassenbeleuchtung aus und führt so die erfolgreiche Arbeit der letzten zehn Jahre von Topstreetlight fort. Neu liegt der Schwerpunkt nicht mehr allein auf der Energieeffizienz, sondern auf Themen wie Verkehrssicherheit oder Lichtemissionen.

Auf der Website strassenlicht.ch finden Gemeinden, Elektrizitäts-werke und andere Betreiber von öffentlichen Beleuchtungen Informationen zur Planung und Realisierung von effizienten und sicheren Strassenbeleuchtungen sowie Neuigkeiten zum Thema. Der neuste Ratgeber widmet sich dem Thema «Licht und Sicherheit im Strassenverkehr».

Einsparpotenziale bei der Nachtabschaltung von vernetzten und nicht vernetzten LED-Leuchten.