Natürliches Phänomen für die StromproduktionKirschbauern fürchten kurz vor der Ernte nichts so sehr, wie einen kräftigen Regenschauer. Denn dieser kann die Kirschen platzen lassen. In den Kirschen ist der Zuckergehalt grösser als im Regenwasser. Und um den Konzentrationsunterschied auszugleichen, strömen die Moleküle des Regenwassers durch die Haut ins Innere der Früchte. Dort steigt dadurch aber der Druck an, bis die Kirsche platzt. Genau dasselbe passiert mit der Haut einer Wurst, wenn man sie in ungesalzenem Wasser kocht.
Diesen osmotischen Druck nutzen nun die Norweger in einem Kraftwerksprototyp. Auf der einen Seite wird salzhaltiges Meerwasser in eine Kammer gepumpt, auf der anderen Seite wird salzärmeres Flusswasser in eine zweite Kammer gepumpt. Beide Kammern sind durch eine semidurchlässige Membran von einander getrennt, welche nur die Wassermoleküle durchlässt. Dadurch entsteht ein Druckunterschied, der auf der Meerwasserseite höher ist – wie in der Kirsche. Dieses unter hohem Druck stehende Wasser wird in eine Turbine geleitet, die ihrerseits dann den Strom produziert.
Prototyp am Hafen von TofteDie eingesetzte Membran aus Kunststoff hat eine Fläche von insgesamt 2000 m², die aber in handliche «Rollen» gepackt ist, um Platz zu sparen. Das Druckausgleichsprinzip funktioniert trotzdem. Und der weltweit erste Prototyp des Osmose-Kraftwerkes unterscheidet sich von anderen Stromkraftwerken dadurch, dass es keinen Lärm verursacht, kein CO2 ausstösst und auch sonst komplett umweltfreundlich ist. Nach einem Schornstein sucht man übrigens auch vergeblich. Am 24. November eröffnet die norwegische Kronprinzessin Mette-Marit offiziell das Osmose-Kraftwerk am Hafen des kleinen Küstenortes Tofte (50 Kilometer südlich von Oslo).
Weiterführende Informationen
- «Osmotic Power» - Webseite des norwegischen Energiekonzerns Statkraft zum Thema Osmosekraftwerk
- Erläuterung des Osmose-Prinzips von Statkraft (PDF, englisch)
- «Erneuerbare Energien: Norwegen nimmt erstes Osmosekraftwerk in Betrieb», Zeit Online vom 23. November 2009
- «Konzentrierte Energie», von Roland Wengenmayr, NZZ am Sonntag, 8. November 2009, Seite 71 (hier in der online-Fassung)
Georgraphische Position des norwegischen Osmose-Kraftwerkes
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