Kälteanlagen

Gegenüber dem heute üblichen Betrieb bestehen beträchtliche technische und betriebliche Möglichkeiten, diese Grosskältesysteme energieeffizienter zu betreiben.

KÄLTE

Ganzheitliche Systemoptimierungen bei industriellen Grosskälteanlagen ermöglichen substanzielle Energieeinsparungen und reduzieren die Betriebskosten nachhaltig

Fachlicher Hintergrund: Existierende Grosskälte-Anlagesysteme, bestehend aus der Erzeugung, Verteilung und Nutzung der Kälte, sind meist in Teilen nicht dynamisch geregelt und werden daher hinsichtlich Energiebedarf und Energiekosten nicht optimal betrieben. Die Möglichkeiten für eine energetische Optimierung sind jedoch vielfältig.

Zum Beispiel führen die konstante Förderung des Kältemediums und die Verwendung eines Bypasses zu sehr hohen Pumpenergieverbräuchen, da das Kältemedium im System zirkuliert. Insbesondere bei stark schwankendem Kältebedarf und einer konstanten Förderung sind die Durchflüsse des Mediums zu hoch und die Nutzung der Kälteenergie ineffizient. Erkennen lässt sich dies an geringen Temperaturdifferenzen über den Teilsystemen. Eine solche bedarfsunabhängige Produktion und Verteilung führt dazu, dass Kältesysteme teilweise energetisch nicht optimal betrieben werden.

Für die Ausarbeitung von nachhaltigen Energieoptimierungsmassnahmen ist eine ganzheitliche Systembetrachtung von zentraler Bedeutung. Diese verhindert, dass es lediglich zu einer Verschiebung des Energieverbrauchs zwischen den einzelnen Teilsystemen kommt. Eine Reduzierung des Temperaturhubs beispielsweise erhöht zwar den EER der Kältemaschine im engeren Sinn, reduziert aber, je nachdem, welche Soll-Temperaturen geändert worden sind, die Kälteleistung des Systems und erhöht den Stromverbrauch der Pumpen und Rückkühlventilatoren. Eine sektorale Betrachtung gilt es zu vermeiden.

Optimierungsmöglichkeiten bei Kälteanlagesystemen

Gegenüber dem heute üblichen Betrieb bestehen beträchtliche technische und betriebliche Möglichkeiten, diese Grosskältesysteme energieeffizienter zu betreiben. Eine davon ist die Umstellung auf variable Volumenströme, wodurch der Strombedarf für das Pumpen massiv reduziert werden kann. Durch die daraus resultierende Zunahme der Temperaturdifferenz kann zusätzlich der variable Betrieb der Kältemaschine verbessert werden, was zu einer weiteren Reduktion des Strombedarfs pro erzeugte Kältemenge führt. Erreicht wird dies über einen frequenzgesteuerten und bedarfsgeregelten Betrieb der Teilsysteme durch die Installation von Frequenzumrichtern (FU) an Pumpen und, falls benötigt, Ventilatoren (Wärmeabgabe an die Umwelt) sowie einer entsprechenden Regelung bei den Nutzern. Bei einem gleichzeitigen Einbau entsprechender Sensorik und Steuerungskomponenten können die Betriebsparameter des gesamten Systems kontinuierlich und in Echtzeit gemessen und ausgewertet werden. Basierend auf diesen Daten und dem jeweils aktuellen Lastprofil können im Betrieb die optimalen (dynamischen) Temperatur- und Druck-Sollwerte in den Kreisläufen erreicht werden.

SOKAS – das Förderprogramm für Grosskälteanlagen

Das Förderprogramm SOKAS richtet sich an Betreiber von mittleren bis grossen industriellen Kälteanlagen und unterstützt die professionelle Durchführung nachhaltiger und energetischer Betriebs- und Systemoptimierungen. Optimiert werden die Kälteproduktion, -verteilung und -nutzung in einer ganzheitlichen Betrachtung. Die Massnahmen werden dabei in enger Zusammenarbeit mit dem Anlagenbetreiber und den Kältenutzern erarbeitet und umgesetzt, sodass die Optimierung ideal auf die betrieblichen und technischen Umstände abgestimmt ist. Die Umsetzung erfolgt in der Regel im laufenden Betrieb ohne einen Ersatz der Kältemaschinen. Gefördert wird die Optimierung mit einem attraktiven Beitrag von bis zu 40 Prozent der Gesamtkosten. Das Interesse der Anlagenbetreiber an einer Programmteilnahme ist gross, denn sie profitieren nicht nur von reduzierten Energiekosten und einer finanziellen Förderung, sondern auch vom eingebrachten Expertenwissen der von SOKAS zertifizierten Programmpartner.

Lonza – ein erfolgreiches Beispiel einer ganzheitlichen Systemoptimierung

In enger Zusammenarbeit mit dem Chemie- und Pharmaunternehmen Lonza haben die Fachingenieure der Programmpartner das gesamte Kälteanlagesystem in Visp – die Produktion, Verteilung und Nutzung – im Detail untersucht. In diesem mehrstufigen und ganzheitlichen Analyseprozess wurden mit den verantwortlichen Produktionsleitern der einzelnen Kältenutzer (Produktionsbetriebe) folgende betriebliche und systemtechnische Aspekte betrachtet:

  • Hydraulik des Kältenetzes und die
    Übergabe und Verwendung der Kälte in den Betrieben
  • Betriebsinterne Prozesse und deren
    Kälteanforderungen
  • Betrieb der Netzpumpen und Steuerung der Kälteanlagen

Aus diesen Analysen konnten verschiedene Optimierungsmassnahmen formuliert und zusammen mit Lonza erarbeitet werden. Diese Massnahmen zielen auf eines der beiden Optimierungsziele ab:

  1. Einrichtung einer bedarfsgerechten und kontinuierlichen Regulierung der Volumenströme bei den Verbrauchern. Bei gleichbleibender Kühlleistung reduziert sich durch dieses Massnahmenpaket der Energiebedarf für die Kälteförderung um rund 30 Prozent.
  2. Einführung eines neuen und effizienten Lastmanagement der Kälteanlagen, welches den Betrieb des Maschinenparks im jeweils optimalen Effizienzpunkt sicherstellt. Dabei werden bei einer Teilauslastung des Systems einzelne Maschinen abgeschaltet und die restlichen Anlagen besser ausgelastet. Diese optimiert Steuerung führt zu einer Verbrauchsreduktion von circa 1.0 Prozent des Strombedarfs der zentralen Kälteversorgung.

Durchgeführte Optimierung im Detail

Die für die Erreichung der Optimierungsziele umgesetzten Massnahmen umfassen sowohl technische als auch betriebliche Systemanpassungen. Auf der technischen Ebene wurden für die Temperatursteuerung der Kältesole diverse Regelventile und weitere MSR-Komponenten eingebaut. Ergänzt wurden diese Massnahmen mit der Anpassung der Regelungssoftware für die Kompressoren und die Ansteuerung der einzelnen Teilbereiche. Der bestehende Bypass wurde durch den Einbau von Lochblenden hydraulisch angepasst und die Leitungen der Werksole besser isoliert.

Auf der betrieblichen Ebene wurde die interne Energieabrechnung für die bezogene Kälte durch die einzelnen Produktionsbetriebe überarbeitet. Durch diese Anpassung konnten firmeninterne finanzielle Anreize zur effizienten Kältenutzung geschaffen werden. Das neue Abrechnungssystem basiert auf der Messung des Volumenstroms bei möglichst allen Verbrauchern. Um die Verbraucher zu motivieren, eine möglichst grosse Temperaturdifferenz zu erreichen, wird die in Rechnung gestellte Kältemenge mit dem gemessenen Volumenstrom und einer fiktiven Temperaturdifferenz von 5°C (Auslegungstemperatur der Kälteanlage) berechnet. Erreicht ein Verbraucher eine Temperaturdifferenz von 10°C bekommt er die Kältemenge zu halben Preis, beträgt aber die Temperaturdifferenz nur 1°C, bezahlt er den fünffachen Preis.

Erreichte Stromeinsparung

Durch die umgesetzten Optimierungsmassnahmen erzielt Lonza eine nachhaltige Stromeinsparung von voraussichtlich 800  MWh/a, das sind ca. 4.5 Prozent des Stromverbrauchs der zentralen Kälteversorgung. Die definitive Quantifizierung und die Auszahlung erfolgen nach Projektabschluss (Mitte 2018) aufgrund der erstellten Wirkungsdokumentation.


Weitere Informationen:
sokas.tep-energy.ch

Programmleitung:
TEP Energy, Dr. Martin Jakob, sokas(at)tep-energy.ch 

Durchführung der Optimierung:
Siemens Schweiz AG, Hansjörg Sidler, hansjoerg.sidler(at)siemens.com 

Emch+Berger ImmoConsult AG, Dr. Stephan Möller, stephan.moeller(at)emchberger.ch