Welche Änderungen müssten, oder mussten eingeführt werden? Welche Lehren konnten bisher daraus gezogen werden und welches sind Einflussfaktoren in das Tagesgeschäft durch Corona? Friscaldo sprach mit Martin Minder, Geschäftsführer und Inhaber Zengaffinen AG, Urdorf und Renato Böni, Leiter Technik Brasser Kälte AG, Rhäzüns, über Massnahmen, Auswirkungen und Aussichten durch die Pandemie.
Der behördlich verhängte Lock Down im vergangenen März kam unerwartet und traf in der Folge die Wirtschaft sehr. Wie sieht es bei den Kälteinstallationsfirmen aus? Mussten ebenfalls drastische Massnahmen getroffen werden?
Martin Minder (MM): Auch wir wurden vom Lockdown nicht verschont und mussten umgehend reagieren. So haben wir unverzüglich ein Schutzkonzept erarbeitet, Homeoffice Arbeitsplätze eingerichtet, unsere Mitarbeiter und Kunden kontinuierlich über die aktuelle Lage und Massnahmen informiert. Weiter haben wir entsprechendes Schutzmaterial wie Atemschutzmasken, Handdesinfektionsmittel usw. beschafft, was unter jenen Umständen nicht einfach war. Ausserdem haben wir wo immer möglich die Montage- und Serviceteams aufgesplittet und möglichst im Homeoffice gearbeitet, damit im Falle einer Ansteckung nur ein Teil der Belegschaft in Quarantäne versetzt worden wären.
Renato Böni (RB): Plötzlich wird durch politische Entscheide die Wirtschaft gebremst. Für solche Szenarien gibt es keine Checklisten. Wir haben uns jedoch umgehend auf den schlimmsten Fall vorbereitet. Unsere Mitarbeiter haben vorgängig für alle Fälle die Anmeldung zur Kurzarbeit unterzeichnet. hat. Überzeitkompensation wurde ebenfalls diskutiert, aber drastische Massnahmen mussten glücklicherweise keine getroffen werden.
Auf Baustellen konnte, bis auf wenige Ausnahmen, während der ganzen Zeit reduziert gearbeitet werden. Gab es einen Rückgang bei den Aufträgen und wie stark sind Installationsfirmen durch die behördlichen Auflagen betroffen?
MM: Wir können auf den Baustellen arbeiten. Allerdings durch die behördlichen Auflagen stark eingeschränkt und nur in kleineren Teams. Ein Rückgang der Aufträge ist sicher auch zu spüren. Projekte, die zur Ausführung anstanden, sind teils aufgeschoben oder komplett annulliert worden. Ausserdem wirkt sich die anhaltende Unsicherheit auf die Investitionsfreudigkeit unserer Kunden aus.
RB: Die Wirtschaft wurde in eine Art künstlichen Schlaf versetzt und der Puls auf ein Minimum reduziert. Bei uns, wie vermutlich bei anderen Kältefachfirmen auch, laufen die Geschäfte soweit gut. Die Auftragslage war im Vergleich zu Vorjahren überdurchschnittlich positiv. Nie im Leben hätten wir mit einer solchen Situation gerechnet. Die Arbeiten konnten grundsätzlich normal weitergeführt werden. Die maximale Personenanzahl pro Raum stellte für die Mitarbeiter praktisch die grösste Hürde dar. Ob Krise oder nicht, Lebensmittel und Getränke müssen gekühlt werden und dadurch haben wir Kältefachleute Arbeit.
Die internationalen Lieferketten wurden beeinträchtigt und es gab Engpässe bei verschiedensten Produkten. Sind in der Kältebranche ebenfalls Engpässe entstanden und gewisse Produkte waren vorübergehend nicht mehr verfügbar?
MM: Ja, es gab solche Engpässe. Vor allem bei Produkten aus dem asiatischen Raum. Die Lieferbereitschaft unserer Lieferanten war allerdings sehr hoch, da viele Produkte als Lagerartikel in der Schweiz gehalten werden. Das hat uns in dieser Situation sehr geholfen. Das ist übrigens auch einer der Gründe, warum wir die eingesetzten Produkte nach Möglichkeit vom Schweizer Markt beziehen. Bei Artikeln, welche aus ausländischen Fertigungen kommen, gab es teilweise Lieferverzögerungen von bis zu zwölf Wochen.
RB: Ja, leider ist dies passiert. Durch die Werksschliessung der Firma Tecumseh in Frankreich waren Verflüssigungssätzen aller Art nicht mehr erhältlich. Die Arbeit und die Baustellen mit ihren Terminprogrammen liefen weiter und um Lieferfristen von 6 – 8 Wochen zu vermeiden, sind wir teilweise auf Alternativen ausgewichen. Ein ähnliches Bild zeigte sich im Handelsgeschäft, da die Werke in Italien alle geschlossen wurden, konnten verschiedene Produkte nicht mehr geliefert werden.
Wie konnten die Kundenkontakte während des Lockdowns aufrechterhalten bleiben und? An die Akquirierung von Neukunden war wohl auch kaum zu denken.
MM: Grundsätzlich auf Distanz, mittels Video-Konferenzen, telefonischen Kontakten oder Schrift- und Mailverkehr. Mit Störungs-, Wartungs- und Montageeinsätze sind wir unter Einhaltung der behördlichen Auflagen weitergefahren. Eine Neukundenakquise war unter diesen Umständen kaum möglich und aus unserer Sicht auch nicht unbedingt angemessen.
RB: Die Anfragen von Kunden und Neukunden kamen wie gewohnt per Telefon und Mail ins Haus. Anstatt einen Augenschein vor Ort zu nehmen wurden von den Kunden diverse Bilder der gewünschten Vorhaben per Mail gesendet. Diese Situation hielt rund acht Wochen an, danach kehrte, unter Einhaltung der BAG-Bestimmungen, wieder etwas Normalität ein. Erfolgreiche Verkäufe werden nicht nur über die Summe «unten rechts» generiert. Persönlichkeit, Kompetenz und Sympathie spielen dabei eine wesentliche Rolle.
Auch auf Baustellen mussten spezielle Vorschriften eingeführt werden. Gab es beispielsweise durch die verhängte soziale Distanz Einfluss auf die Arbeitsabläufe?
MM: Ja, diese gab es. Arbeiten, welche vorher mit grösseren Gruppen ausgeführt werden konnten, mussten in kleineren Teams oder gar durch einzelne Mitarbeiter erledigt werden. Hebe- oder Transportmittel und weitere Montagehilfen waren dabei unerlässlich. Die Personenanzahl auf den Baustellen musste allgemein reduziert werden, um den entsprechenden Abstand einhalten zu können. Das hatte natürlich auch einen Einfluss auf die Bauzeiten.
RB: Gemäss Rücksprache mit Monteuren, waren die Einschränkungen nicht wesentlich einschneidend. Auch bei der Überprüfung der Montagezeiten konnten keine grossen Abweichungen festgestellt werden. Im Service war die Einschränkung einschneidender.
In den Medien wurde empfohlen, dass Restaurants während der Schliessung anstehende Sanierungs- oder Reparaturarbeiten ausführen lassen sollen. Merkten das die Kälteinstallationsfirmen, oder war es eher Wunschdenken von behördlicher Seite?
MM: Tendenziell war dies eher Wunschdenken. Natürlich hätte sich der Lockdown für solche Massnahmen angeboten. Da aber erstmals eine grosse Unsicherheit und Liquiditätsengpässe die Betroffenen lähmten, wurden solche Vorhaben nicht umgesetzt. Wer über eine gute Liquidität verfügte, konnte sich dadurch gut auf die bevorstehenden Lockerungen vorbereiten. Grundsätzlich stellen wir aber eher eine zurückhaltende Investitionsfreudigkeit fest.
RB: Auf keinen Fall. Wie bereits erwähnt, wurden Investitionen überdurchschnittlich genehmigt. Weiter konnten wir zahlreiche Wartungsarbeiten ausführen, was einen positiven Einfluss auf die Geschäftsentwicklung hat. Ich persönlich hätte in einer unsicheren Situation als Betreiber vermutlich anders reagiert und gewisse Investitionen zurückgestellt.
Rund zwei Monate hat der Lockdown gedauert. Neben dem sozialen Leben wurde mit Bestimmtheit auch die Wirtschaft davon betroffen. Gibt es schon eine Art «Schadensbilanz der Kältebranche» oder ist das verfrüht?
MM: Ich denke, auch wir werden unseren Tribut zollen. Bei uns laufen die Geschäfte zwar weiterhin gut, das Jahr ist aber noch nicht zu Ende. Es hängt noch vieles von politischen Entscheidungen ab, wie das Jahr 2020 endet und sich das Jahr 2021 entwickeln wird. Wir schauen jedoch positiv in die Zukunft.
RB: Diese Frage stelle ich mir immer wieder. Für dieses Jahr wird es keine Schadensbilanz geben, aber was kommt im nächsten Jahr? Wird unsere Branche die Corona Situation und dessen Auswirkungen im Nachgang zu spüren bekommen? Werden nächstes Jahr weniger Investitionen getätigt? Wie gehen unsere Kunden aus der Krise? Auf diese Fragen gibt es noch keine zufriedenstellenden Antworten.
Es heisst, dass praktisch jedes Ereignis seine positiven Seiten hat. Trifft dies auch für das aktuelle Ereignis zu?
MM: Wenn man das so bezeichnen darf, dann ist sicherlich die Entschleunigung und die Fokussierung auf das Wesentliche ein positiver Aspekt. Gesellschaftliche Aktivitäten und soziale Kontakte bekommen künftig vermutlich wieder einen höheren Stellenwert. Allerdings ist davon auszugehen, dass uns das Virus noch eine ganze Weile in verschiedenen Bereichen beeinflussen wird.
RB: Unsere Unternehmung hat schon sehr früh Grundlagen und Infrastruktur für das Arbeiten im Homeoffice geschaffen. Somit konnte auch die komplette Disposition rasch und unkompliziert dezentral erfolgen. Dass wichtige Arbeiten im Homeoffice erfolgten, merkten unsere Kunden nicht. Offerten oder Projektierungsarbeiten wurden nicht mehr im Büro, sondern in den eigenen vier Wänden ausgeführt. Wir haben zudem festgestellt, dass bestimmte Arbeiten im Homeoffice sogar effizienter und rascher ausgeführt werden können. Jedoch sollte nach meiner Ansicht Homeoffice auf maximal zwei Tage pro Woche beschränkt werden, denn schliesslich entstehend viele gute Ideen durch den Austausch mit anderen Mitarbeitern. Regelmässige soziale Kontakte sind für das Wohlbefinden der Menschen unerlässlich.