Nachdem Verordnungen wie die Europäische F-Gase-Verordnung (EU 517/2014) und zukünftige zu erwartende Regelungen, die sich aus dem Kigali-Abkommen ergeben werden, einen weiteren Ausstieg aus Systemen mit hohem Treibhauspotentzial (Global Warming Potential, GWP) vorantreiben, stellt sich in praktisch allen Anwendungsbereichen der Kälte- und Klimatechnik die Frage nach den Lösungen für die Zukunft.
Vor allem im Bereich kleiner bis mittlerer Leistungen in der Gewerbekälte stellt die F-Gase-Verordnung die Branche vor eine spannende Herausforderung. Einerseits erschwert der Phase down zukünftig den Einsatz der zwischenzeitlich etablierten Alternativen zu den Hoch GWP HFC-Kältemitteln – andererseits stellen Lösungen mit natürlichen Kältemitteln nicht in jedem Anwendungsfall eine geeignete und marktgerechte Lösung dar. So haben beispielsweise Systeme zur Direktexpansion mit Propan (R290) sowohl durch die aktuelle, wie auch durch die geplante Füllmengen-Limitierung innerhalb der Normgebung ihre Grenzen – und Systemen mit CO2 (R744) sind durch ihre Komplexität und teilweise mangelnde Komponentenverfügbarkeit die Grenzen nach unten gesetzt.
Genau diese Lücke könnten zukünftig die sogenannten Ultra-Low-GWP-Kältemittel – wie R454C – schliessen. Diese auf Hydrofluorolefin (HFO) basierenden Kältemittel besitzen im Vergleich zu R404A (GWP 3922) ein um 45 bis 96 Prozent geringeres GWP. Gleichzeitig sind diese Kältemittel mit einem GWP von weniger als 500 jedoch in einem gewissen Masse brennbar, was den zur Erfüllung der F-Gase-Verordnung notwendigen Umstieg nicht gerade einfacher und attraktiver macht – und das sowohl für Anlagenbauer wie Anlagenbetreiber.
Um aber die Vorgaben des F-Gase-Ausstiegsszenarios final zu erfüllen, werden in Neuanlagen zukünftig wahlweise natürliche Kältemittel oder eben solche gering brennbaren Ultra-Low-GWP-Kältemittel wie beispielsweise das Chemours Produkt Opteon™ XL40 (R-454A) zum Einsatz kommen müssen – selbstverständlich immer unter Einhaltung der in den Normen und Vorschriften vorgesehenen Sicherheitsmassnahmen für solche brennbaren Kältemittel.
«Vor allem im Bereich kleiner bis mittlerer Leistungen in der Gewerbekälte stellt die F-Gase-Verordnung die Branche vor eine spannende Herausforderung.» Eric Frese
Nächster Schritt der F-Gase-Verordnung bereits 2020
Branchenweit besteht Einigkeit darüber, dass Handlungsbedarf besteht, sich über die zukünftigen Kältemittelszenarien Gedanken zu machen. Denn der nächste einschneidende Schritt durch die F-Gase-Verordnung nähert sich schon bereits Ende 2020. Spätestens dann sollten neben natürlichen Kältemitteln verstärkt Low- und Ultra-Low-GWP-Kältemittel (GWP unter 300) in Systemen zum Einsatz kommen (siehe Abbildung 1), um den nächsten Schritt des Phase down zu meistern. Gleichzeitig darf bei aller Fokussierung auf den reinen GWP-Wert der in Diskussion befindenden Alternativen nicht deren Effizienz in der jeweiligen individuellen Aufgabenstellung ausser Acht gelassen werden.
Dem COP kommt bei einer ganzheitlichen Betrachtung der Nachhaltigkeit einer alternativen Kältemittellösung eine bedeutende Rolle zu. Dieser wurde jedoch zwischenzeitlich in mancher Diskussion regelrecht ausser Acht gelassen. Alternative Lösungen, wie natürliche oder Low-GWP-Kältemittel, können in bestimmten Konstellationen einen deutlich höheren Energieverbrauch mit sich bringen und somit auch höhere Treibhausgasemissionen verursachen. Ein Effekt, der die durch den reduzierten GWP-Wert erreichte Verbesserung der Nachhaltigkeit dieser Systeme wieder zunichte macht. Dass der Einsatz von Low-GWP- und Ultra-Low-GWP-Kältemitteln gegenüber dem etablierten Kältemittel R404A keinen Rückschritt bedeutet, zeigt der Vergleich der Leistungseigenschaften von R404A im Vergleich zum Low-GWP-Kältemittel R449A (blau) sowie R454A (orange).
«Natürliche oder Low-GWP-Kältemittel können in bestimmten Konstellationen einen deutlich höheren Energieverbrauch mit sich bringen und somit auch höhere Treibhausgasemissionen verursachen.» Eric Frese
Neben den mittlerweile etablierten und bekannten, nicht brennbaren Low-GWP-HFO-Mehrstoffkältemitteln (Sicherheitsklasse A1) R449A und R452A sind zwischenzeitlich die ersten Ultra-Low-GWP-Kältemittel auf dem Markt.
Sehr geringer GWP gefragt
Diese beispielsweise von Chemours unter der Bezeichnung Opteon XL vertriebenen Gemische aus den HFO-1234yf und R-32 besitzen einen sehr geringen GWP (unter 300), haben allerdings den bereits erwähnten Nachteil einer geringen Brennbarkeit. So wurde beispielsweise Opteon XL20 (R454C) mit einem GWP von 148 für Anwendungen entwickelt, die nach dem Inkrafttreten der in der F-Gase-Verordnung vorgesehenen Reduktion einen GWP von weniger als 150 erfordern. Es besitzt sehr gute Leistungseigenschaften, eignet sich für Neuanlagen, in denen der möglichst niedrigste GWP gefordert ist und um A1-Kältemittel mit einem hohen GWP, darunter R404A, zu ersetzen.
Ein weiteres Produkt der Opteon™ XL-Serie ist XL40 (R454A), das zwar einen geringfügig höheren GWP von 238, aber sehr ähnliche Leistungseigenschaften wie R404A und andere Alternativen mit Sicherheitsklasse A1 in Neuanlagen besitzt.
Bis 2010 existierten bei der Kategorisierung von Kältemitteln drei Entflammbarkeitsklassen: 1 bedeutete nicht brennbar (z.B. R134a), 2 bedeutete brennbar (z.B. R152a) und 3 bedeutete hoch brennbar (z.B.Propan). Nachdem sich im Zuge der Entwicklung der Kältemittel der nächsten Generation herausstellte, dass viele der infrage kommenden Low-GWP-Alternativen brennbar sind, jedoch ein geringeres Sicherheitsrisiko als bisherige in A2 klassifizierte Stoffe mit sich bringen, begann man zu untersuchen, worin die relativen Risiken einer Entzündung bestanden und wie sich die einzelnen Kategorien voneinander abgrenzen liessen.
Sicherer Einsatz von A2L-Kältemitteln
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen mündeten in dem Vorschlag, in der Klasse 2 eine Untergruppe einzuführen. In diese Klasse 2L sollten Kältemittel eingestuft werden, die nicht nur eine Verbrennungswärme (HOC; Heat of Combustion) < 19 000 kJ/kg und eine untere Entflammbarkeitsgrenze (LFL, Lower Flammability Limit) > 0,1 kg/m3 besitzen, sondern deren Brenngeschwindigkeit (Su) auch weniger als 10 cm/s beträgt (Abbildung 3).
Neben einer geringeren Brenngeschwindigkeit und Verbrennungswärme braucht es bei A2L-Kältemitteln eine grössere Energiezufuhr, um die untere Entzündbarkeitsgrenze zu erreichen. Zudem ist die Mindestzündenergie (MZE) um ein Vielfaches höher als die zur Entzündung eines A3-Kältemittels erforderliche Energie. Nach der formalen Aufnahme der Sicherheitsklasse 2L in die Normen ASHRAE Standard 34 (2010) und ISO 817 (2014) wurde die Klassifizierung durch die ASHRAE-Norm 15 «Safety Code for Mechanical Refrigeration» (USA) und ISO 5149 «Kälteanlagen und Wärmepumpen – Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen» anerkannt und schliesslich in die europäische Norm EN 378:2016 aufgenommen. Diese bildet die Grundlage zur Beurteilung der Voraussetzungen für einen sicheren Einsatz von A2L-Kältemitteln. Dabei ist Teil 1 dieser Norm von besonderem Interesse, denn er definiert die zulässigen Höchstfüllmengen.
«Wirtschaftlich betrachtet stellen Ultra-Low-GWP-Kältemittel einen hervorragenden Kompromiss dar.» Eric Frese
Was sind die maximalen Füllmengen dieser A2L-Kältemittel?
Die Frage nach der maximalen Füllmenge eines A2L-Kältemittels in einer Anlage lässt sich nur nach einer Bewertung der individuellen örtlichen Gegebenheiten beantworten. Die DIN EN 378 sieht aus Sicherheitsgründen eine Reihe von Einschränkungen vor.
Ungeachtet dieser Massgabe gibt es jedoch einen Grenzwert, unter den eine Vielzahl an einfachen Gewerbekälte-Anwendungen fällt: 1,842 kg. Solange die Kältemittelfüllmenge sich unter diesem Grenzwert bewegt, sind keinerlei Sicherheitsmassnahmen oder Einschränkungen erforderlich!
Beträgt die Kältemittelfüllmenge ein Gewicht von 1,842 kg bis max. 11,973 kg, sind die Füllmengen jeweils im Kontext der vorhandenen Raumvolumen, Raumflächen sowie Sicherheitseinrichtungen individuell zu bewerten.
Schlussfolgerungen
Mit den Ultra-Low-GWP-Kältemitteln der nächsten Generation lassen sich die Herausforderungen durch die in der F-Gase-Verordnung vorgesehene schrittweise Reduktion des mittleren verfügbaren GWP und das Verbot von Kältemitteln mit hohem GWP meistern. Gleichzeitig sind gerade im unteren und mittleren Leistungsbereich der Gewerbekälte die erforderlichen Massgaben, die sich aus der EN 378 hinsichtlich Füllmengen und Sicherheit ergeben, handhabbar.
Wirtschaftlich betrachtet stellen Ultra-Low-GWP-Kältemittel einen hervorragenden Kompromiss dar. Einerseits ermöglichen sie einem auf lange Sicht einen sicheren Betrieb, da sie bis mindestens 2030 keinerlei Einschränkungen aus der F-Gase Verordnung unterliegen und andererseits mit nahezu den identischen Komponenten und Systemdesigns, die in H-FKW-Kreisläufen verwendet werden. Das wiederum vereinfacht sowohl die Installation wie auch Wartung von Systemen. Im Vergleich zu den bisher mehrheitlich eingesetzten H-FKW-Kältemitteln sowie den derzeit für den Retrofit verwendeten A1-HFO-Blends weisen die neuen Ultra-Low-GWP-Kältemittel von Chemours zudem eine verbesserte Energieeffizienz auf und reduzieren den durchschnittlichen GWP in Systemen um bis zu 80 Prozent.
Somit stellen diese Kältemittel in Ergänzung zu natürlichen Kältemitteln Alternativen wie CO2, NH3 und Propan gerade im unteren und mittleren Leistungsbereich eine langfristige und nachhaltige Lösung für die Gewerbekälte dar. Derzeit befinden sich diese Ultra-Low-GWP-Kältemittel in den Laboren bei nahezu allen führenden Komponentenherstellern. Sie finden bereits heute im Produktprogramm von Fischer Kälte-Klima Wärmetauscher sowie vielfältige Kreislaufteile für A2L-Systeme. Mit einer breiten Qualifizierung und Verfügbarkeit von Verdichtern und Verflüssigungssätzen ist Anfang nächsten Jahres zu rechnen.
Über den unten stehenden Link und QR-Code gelangen Sie zu einem Whitepaper unseres Partners Chemours, der Ihnen in einer konkreten Fallstudie die Möglichkeiten durch eine Implementierung eines A2L-HFO-Blends in der Gewerbekälte aufzeigt.
*Eric Frese, Mitglied der Geschäftsleitung Christof Fischer GmbH, Stuttgart
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