Bei der Bierherstellung durchlaufen die Rohstoffe, vor allem Braumalz und Wasser, ein Wechselbad von Temperaturen, auf Erhitzung folgt Kühlung und umgekehrt. Dabei lässt sich durch Nutzung des Gegenstromverfahrens und der Wärmerückgewinnung viel Wärme in den Prozess zurückführen.
Die Potenziale der Prozessoptimierung sind enorm. Und viele Massnahmen lohnen sich, weil die Energiekosten hoch sind. Nach Einschätzung der Energieagentur Nordrhein-Westfalen entfallen 10 Prozent der Produktionskosten auf die Energie, bei kleineren Brauereien sind es gemäss Messungen von Siemens sogar 20 Prozent.
Zuerst intern, dann extern
Neben prozessinternen Verbesserungen bietet sich Brauereien auch die Auskopplung von Abwärme an. Gerade in Brauereien mit effizienten Prozessen, also mit weitgehender interner Wärmerückgewinnung, liegen die Temperaturen der Abwärme häufig nicht mehr im direkt nutzbaren Bereich.
Bei der Brauerei Feldschlösschen in Rheinfelden misst die Abwärme etwa 25 Grad. Doch für die Nutzung über Wärmepumpen sind das ideale Quellen, die ganzjährig verfügbar sind. Entsprechend hoch sind die Jahresarbeitszahlen der Wärmepumpen.
Dass in der Industrie anfallende Wärme in erster Linie innerhalb der Prozesse zur Verwendung kommt, hat vor allem exergetische Gründe. Denn die Anforderungen an die Temperaturen liegen in der Regel über jenen von Raumwärme. Dies zeigt das Beispiel der Brauerei Feldschlösschen: Die Bierherstellung braucht, beispielsweise für die Würzekochung, Wärme mit 85 bis 90 Grad. Diese «exergetische Stufung» ist Basis für eine ressourcenschonende und effiziente Energienutzung.
Unterstützung vom Förderprogramm
Häufig scheitern Projekte für einen Wärmeverbund an den hohen Kosten, wobei vor allem der bauliche Aufwand für das Netz und technische Installationen ins Gewicht fallen. In diesen Fällen heisst eine mögliche Lösung «Stiftung KliK» mit ihrem Förderprogramm «Wärmeverbünde». Für jede anrechenbare Tonne CO₂-Reduktion bis und mit 2030 zahlt die Stiftung 100 Franken, etwa 2 Rappen pro kWh Wärme.
Mit dem Wärmeverbund Rheinfelden Mitte kann bis ins Jahr 2030 voraussichtlich ein CO₂-Ausstoss von 14 000 Tonnen vermieden werden. Daraus ergibt sich ein Förderbeitrag von 1,4 Mio. Franken. Wichtig ist, dass die Anmeldung vor dem Investitionsentscheid stattfindet. Mehr Infos zum Förderprogramm finden sich auf der Website waermeverbuende.klik.ch.
Abwärme braucht Abnehmer
Fällt industrielle Abwärme in diesem Volumen an, ist eine sinnvolle Nutzung nur mit einem Wärmeverbund möglich. Und diese Verbindung zwischen dem «Schloss» und den Wärmebezügern stellt der «Wärmeverbund Rheinfelden Mitte» sicher.
Beliefert werden über 600 Haushalte, Gewerbebetriebe und Gebäude der Stadtverwaltung, mit jährlich rund 12 Mio. kWh Wärme, was dem Brennwert von 1,2 Mio. Liter Heizöl entspricht. Für die Notversorgung und die Deckung von Spitzenlasten speist der gasbeschickte Dampfkessel in der Brauerei Wärme in den Verbund ein.
Zwei Megawatt
Teil des Wärmeverbundes ist eine separate Technikzentrale in einem früher nicht benutzten Kellerraum der Brauerei. Installiert sind dort, neben den Wärmepumpen, Wärmespeicher, Expansionsgefässe und die Regelung des Verbundes. Mit den Wärmespeichern lässt sich der Wärmebedarf «glätten», was stark intermittierende Betriebsphasen verhindert (Fassungsvermögen: 180 000 Liter Wasser).
In der Zentrale arbeiten zwei Wärmepumpen (WP) mit einer Wärmeleistung von je 1 Megawatt. Aus der Abwärme von rund 25 Grad generieren die Wärmepumpen eine Netztemperatur zwischen 70 und 80 Grad. Diese Einspeisung ist witterungsgeführt, erreicht also vor allem im Winter den oberen Wert. Im Sommer ist, dem Bedarf entsprechend, lediglich ein Aggregat in Betrieb.
Die bisherigen Erfahrungen sind gemäss Jürg Frutiger von der AEW sehr gut. Die hohe Jahresarbeitszahl der Wärmepumpenanlage von mehr als 4,0 stützt diese Meinung. Die AEW betreibt den Verbund im Auftrag der Wärmeverbund Rheinfelden AG.
Lufthygienische Relevanz
Der Wärmeverbund Rheinfelden Mitte ersetzt viele Gas- und Ölheizungen. Kleinheizungen schneiden bezüglich Schadstoffausstoss ohnehin suboptimal ab. Die Abwärme stammt zwar indirekt aus einem mit Erdgas versorgten Dampfkessel, doch diese professionell gewartete Wärmeerzeugung weist diesbezüglich gute Werte aus. Die Abwärme gilt gemäss der Bewertung des Bundes und der Kantone als CO₂-neutral.
* Othmar Humm, Fachjournalist Faktor Journalisten AG, im Auftrag der Stiftung KliK