Die Wärmepumpe dominiert seit langem den Neubau. Nun holt sie auch im Sanierungsmarkt auf: Dank leistungsfähigen, invertergeregelten Maschinen, höheren Leistungsklassen und einfacher Kaskadierbarkeit können nun auch anspruchsvolle Objekte mit einer zeitgemässen Heizung ausgerüstet werden. Wichtige Themen sind nach wie vor die Schallemissionen respektive deren Messung und Deklaration, die Energieeffizienz und der sich abzeichnende Wechsel zu weniger umweltschädlichen Kältemitteln. Auch wenn das CO2-Gesetz im Juni knapp abgelehnt wurde: Die Branche ist bereit, um den Schweizer Gebäudepark postfossil zu machen. Auskunft erteilten Aldo Buntschu, Leiter Wärmepumpen, Elcotherm AG, Rainer Gutensohn, Produkt Marketing Manager Wärmepumpen, Viessmann AG, sowie Thomas Rusch, Geschäftsführer, Weishaupt AG:
Die Preise für Wohneigentum in der Schweiz steigen nach wie vor, auch ältere Objekte sind sehr begehrt. Merken Sie eine Nachfrage bei Wärmepumpen im Sanierungsmarkt?
Aldo Buntschu (AB, Elco): Gemäss den Erfahrungen unserer Aussendienstmitarbeiter und Servicetechniker ist die Tendenz klar steigend. Der grosse Unterschied gegenüber der Marktsituation vor 10 Jahren ist, dass heute 90 Prozent der Bauherren schon mal von der Wärmepumpe gehört haben. Entsprechend höher ist auch die Nachfrage im Sanierungsmarkt.
Rainer Gutensohn (RG, Viessmann): Die Bedeutung des Sanierungsmarktes nimmt anhaltend zu. Als Komplettanbieter bieten wir heute und in Zukunft optimale kundenorientierte Lösungen für alle Anwendungsfälle. Dabei achten wir speziell auf die allgemeinen Klimaziele ganz nach unserem Motto «We create living spaces for generations to come.»
Thomas Rusch (TR, Weishaupt): Nein, die steigenden Immobilienpreise spüren wir im Sanierungsgeschäft nicht. Wir stellen bisher keine Veränderung gegenüber den Vorjahren fest.
Bestandsbauten galten lange als schwierige Kandidaten für die Wärmepumpe. Welche Leistungsklassen können Sie heute abdecken?
AB: Viele Bestandsbauten können problemlos saniert werden. Wenn der Vorlauf bei 65 Grad Celsius oder noch höher liegt, muss man besonders gut auf die Effizienz der gesamten Anlage achten. Die Leistung spielt in den meisten Fällen eine kleinere Rolle, da die Maschinen kaskadiert werden können. Doch bei grossen Leistungen ab 30 Kilowatt wird der Schall insbesondere bei Luft-Wasser Wärmepumpen ein wichtiges Thema.
RG: Unsere Lösungen sind im Leistungsbereich von 1,5 Kilowatt bis zu mehreren hundert Kilowatt als Serienprodukte verfügbar. Vorlauftemperaturen für Heizung und Warmwasser bis 70 Grad Celsius, im Industriebereich gar bis 90 Grad Celsius, sind mit den individuellen, auf die konkrete Anwendung optimierten Geräten allerorts bekannt und beliebt.
TR: Wir können die Bedürfnisse von Einfamilien- wie auch Mehrfamilienhäusern abdecken. Bei Bestandesbauten spielen die Vorlauftemperaturen jedoch eine wichtige Rolle, denn sie bestimmen massgeblich die Energiekosten und damit die Wirtschaftlichkeit, aber auch die Lebensdauer der Wärmepumpe. Bezüglich der Leistungsklassen können wir heute auf der Basis von Luft/Wasser-Lösungen mit Kaskaden bis 100 kW abdecken.
Split-Wärmepumpen sind kostengünstiger als Kompaktgeräte und deshalb für viele Bauherrschaften interessant. Wie gut verkaufen sich Ihre Split-Maschinen, und welche Bedeutung hat dieses Segment für Sie?
AB: Unser Splitgerät wird sehr gut nachgefragt. Das Hauptargument ist tatsächlich der Preis. Es freut mich, dass wir damit auch Bauherren mit kleinerem Budget die Möglichkeit bieten können, eine effiziente Wärmepumpenheizung zu installieren.
RG: Je nach Anwendungsfall sehen wir keinen Preisunterschied bei Wärmepumpen in Split-Ausführung respektive Monoblock-Ausführung. Beide Bauarten haben ihre Berechtigung. Im Sanierungsfall kommen aufgrund der kleineren Durchbrüche für die Verbindungsleitung oft Split-Ausführungen zur Anwendung. Kompaktgeräte mit integrierter Warmwasseraufbereitung sind ebenso als Split- und Monoblock-Ausführung in unserem Sortiment.
TR: Die Split-Maschinen sind für uns ein wichtiges Segment und haben einige Vorteile. Sie sind klein, einfach einsetzbar und durch den günstigen Preis auch für die Bauherren interessant. Andererseits sind sie oft etwas lauter und daher nicht überall einsetzbar. Unsere Biblock-Wärmepumpe, die in der Schweiz produziert wird, ist gerade bei hohen Schall-Anforderungen eine sehr gute Alternative zu klassischen Split-Maschinen.
Für welche Segmente im Sanierungsmarkt (z. B. grössere Mehrfamilienhäuser) sind bei Ihnen weitere Produkte oder Neuerungen in der Pipeline?
AB: Im Herbst wird unsere neue Wärmepumpen-Baureihe SG mit Leistungen von 8/10/12/14 Kilowatt mit Invertertechnik lanciert. Unser Portfolio wird zudem noch breiter werden, damit wir Maschinen anbieten können, die auch den zukünftigen gesetzlichen Vorschriften entsprechen, etwa bezüglich Kältemittel, Schall und Vorlauftemperaturen.
RG: In diesem Jahr werden wir die neue Generation von Monoblock- und Split-Geräten als Einzel- wie auch Kaskadengerät mit einer Vielzahl an Neuerungen etablieren. Neben umweltfreundlichen Kältemitteln sind die besonderen Highlights die neue Regelungs- und Kommunikationsplattform sowie das patentierte interne Hydraulikmodul. Heizen und Kühlen mit höchster Effizienz wird immer wichtiger. Unsere neue Generation von Luft-Wasser-Wärmepumpen wird beides gleichzeitig ermöglichen. Weitere Maschinen mit Leistungen ab 80 Kilowatt und umweltfreundlichem Kältemittel sind in Vorbereitung.
TR: Wir legen den Fokus auf die Kaskadierung unserer Wärmepumpen. Einerseits erreichen wir damit einen grossen Modulationsbereich, andererseits erhält der Kunde eine Redundanz und damit eine höhere Betriebssicherheit. Unsere neuen Produkte verfügen alle standardmässig über die entsprechende Regelung. Wie bereits erwähnt, sind hier Leistungen bis 100 Kilowatt möglich.
Bei vielen Sanierungen wie auch Neubauten ist die Kombination einer Wärmepumpe mit PV eine attraktive Option. Ist es für Sie vorstellbar, auch in den PV-Markt einzusteigen, oder bleibt diese Aufgabe bei Ihren Partnern?
AB: Zurzeit ist dies noch kein Thema bei uns, zumal bereits heute alle unsere Wärmepumpen mit der «Smart Grid Ready»-Funktion ausgerüstet sind. Es wäre aber sehr wichtig, dass alle mit denselben Schnittstellen arbeiten, um eine gewisse Vereinfachung des Gesamtsystems zu erreichen.
RG: Wir sehen wachsende Potentiale in der Kombination von PV, Wärmepumpe und Speichern. Den Einstieg in dieses Segment haben wir vor vielen Jahren gemacht und bieten auch hier Komplettlösungen an. Die Regelgeräte unserer Wärmepumpen besitzen mannigfaltige Funktionen für die Eigenstromnutzung, auch mit bestehenden PV-Anlagen.
TR: Unsere Produkte sind für die Einbindung von PV-Anlagen vorbereitet. Wir konzentrieren uns aber auf unsere Kernkompetenzen im Bereich der Wärmeerzeugung. Deshalb arbeiten wir bei PV-Lösungen mit unseren bewährten Partnern zusammen.
Eine weitere Option, gerade bei der MuKEn-kompatiblen Sanierung, ist die Solarthermie. Wie entwickelt sich dieser Markt aus Ihrer Sicht, und wie beurteilen Sie das Potential in Zukunft?
AB: Die Solarthermie ist und bleibt bezüglich Effizienz eine der besten Lösungen, wenn das nötige Speichervolumen vorhanden ist. Ich nehme jedoch an, dass es in Zukunft eher in Richtung PV gehen wird. Es bleibt einfach zu hoffen, dass man auch hier Lösungen findet, um die Speicherung energetisch und finanziell überzeugend zu ermöglichen.
RG: Mit unseren selbstregulierenden, schaltenden Kollektoren (ThermProtect) in flacher oder Röhrenform bieten wir kundenorientierte Lösungen nach MuKEn sowie individuell nach Kundenwunsch. Mit unserem eigenen Speichersortiment ist auch hier alles aus einer Hand möglich. Dies gilt für Neubau und Sanierung gleichermassen.
TR: Die Solarthermie ist eine sehr effiziente Lösung und insbesondere bei einer fossilen Heizung eine sehr gute Ergänzung. Je grösser der Warmwasseranteil des Gesamt-Energiebedarfs, desto grösser ist die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen. Leider ist die Nachfrage nach Solarthermie seit einiger Zeit rückläufig. Stattdessen nimmt die Nachfrage nach einer Kombination von PV mit Wärmepumpen zu, diese Anbindung haben unsere Produkte standardmässig.
Die kantonalen Förderbeiträge für Heizungssanierungen sind sehr unterschiedlich. Für ein und dieselbe Maschine erhält man je nach Wohnort nur geringe Beiträge oder aber bis zu 10 000 Franken. Spüren Sie diese Unterschiede auch bei den Verkaufszahlen?
AB: Ja, es gibt effektiv Unterschiede und diese sind auch im Verkauf spürbar. Diese Förderbeiträge ermuntern in gewissen Regionen die Bauherrschaften, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Dies zeigt sich natürlich auch in den Verkaufszahlen der Wärmepumpen.
RG: Für eine effiziente und umweltschonende Heizung bekommt man in den meisten Kantonen eine Förderung. Die Art der Nachfrage verändert sich entsprechend. In den regionalen Verkaufszahlen stellen wir aufgrund unseres Komplettangebots eine Verschiebung zu Gunsten von erneuerbaren Systemlösungen fest. In den Regionen mit vorteilhaften Förderbedingungen ist dieser Anteil grösser.
TR: Ja, diese Unterschiede zeigen sich auch bei den Verkaufszahlen. In Kantonen mit höheren Förderbeiträgen ist die Bereitschaft zur Sanierung spürbar höher, gerade beim Wechsel von fossilen auf oftmals teurere erneuerbare Lösungen. Die unterschiedlichen Fördergelder und -methoden führen aber auch zu einem beträchtlichen Mehraufwand für die gesamte Branche. Dies gilt für die Beratung, die Planung und auch für die Ausführung.
Bei Neubauten ist die Wärmepumpe der unangefochtene Leader für die Wärmeerzeugung. Die Invertertechnologie hat sich durchgesetzt, heutige Geräte sind sehr effizient. Wo gibt es noch Luft nach oben?
AB: Die Umsetzung der Richtlinien betreffend Kältemittel, Schall und Temperaturen zwingt die Industrie, noch innovativer zu werden. Es geht in Richtung leistungsstärkerer, kleinerer, leiserer Wärmepumpen und dies vor allem im grösseren Leistungsbereich. Dazu braucht es aus meiner Sicht aber neue Kompressortechnologien, Wärmepumpen, die nur noch mit natürlichen Kältemitteln arbeiten sowie Geräte, die kleinere Luftmengen umwälzen.
RG: Die Wärmepumpe hat sich im Neubau und der Sanierung längstens etabliert. Viele Hemmnisse gerade im städtischen oder dicht verbauten Umfeld erschweren jedoch den vollständigen Durchbruch. Föderalistische Auswüchse in den Baugesetzen und der Schallbeurteilung von Wärmepumpen erzeugen enormen Aufwand und schmälern die Ertragsmöglichkeiten.
TR: Die Effizienz wurde in den letzten Jahren sehr vorangetrieben. Dies auch im Zusammenhang mit dem verlangten tieferen Temperaturhub auf die Wärmeverteilung. In Zukunft werden vor allem Vorschriften und Bedingungen im Zusammenhang mit neuen, umweltverträglicheren Kältemitteln im Fokus stehen.
Auch beim Schallschutz gab es in den letzten 10 Jahren grosse Fortschritte. Mit dem Schallrechner der FWS steht ein gutes Werkzeug zur Verfügung, jedoch überzeugten die dort aufgeführten Werte nicht alle Akteure (vgl. p+i 01/21). Was ist Ihre Meinung dazu?
AB: Das aktuelle Reglement Webapplikation Lärmschutznachweis des FWS erlaubte aus meiner Sicht einen zu grossen Handlungsspielraum betreffend Deklarationen. Die neue überarbeitete Version ist in dieser Hinsicht präziser und sollte somit den Behörden das nötige Vertrauen zurückgeben. Ich hoffe, dass das neue Reglement in den nächsten Wochen in Kraft gesetzt wird. Der Schallrechner ist wirklich ein Top-Werkzeug. Für Standardschallberechnungen sollte er, und nur er, in der ganzen Schweiz benutzt werden.
RG: Bereits vor über 10 Jahren hatten wir angeregt, ein Werkzeug wie den Schallrechner zu schaffen. Nun ist es an der Zeit, dass eine einheitliche reglementierte Datenbasis auch gesamtschweizerisch angewendet wird. Die Qualitätssicherung wird über die eingerichtete Stelle sichergestellt. Nur Anbieter, die ihre Schall- und Leistungsdaten mit entsprechenden Nachweisen belegen können, werden künftig gelistet sein. Wir haben letztes Jahr das modernste Schalllabor in Europa eröffnet, um bereits während der Entwicklung Schalloptimierungen vorzunehmen. Aktuelle und künftige Geräte können hier detailliert vermessen werden.
TR: Die Idee des Schallrechners ist bestechend. Leider geniesst er aber nicht bei allen Beteiligten einen guten Ruf, was dazu führt, dass er im Rahmen des Vollzugs auf kantonaler und sogar kommunaler Ebene unterschiedlich angewendet wird. Dies ist nicht nur schwierig in der Planung und Umsetzung, sondern kann teilweise sogar marktverzerrende Ausmasse annehmen. Deshalb muss einerseits sichergestellt werden, dass die im Schallrechner hinterlegten Werte richtig und nachvollziehbar sind und dass andererseits eine national einheitliche Umsetzung des Vollzugs gewährleistet wird.
Die Ferndiagnose von Wärmepumpen ist ein gutes Mittel, um Störungen rasch zu erkennen und zu beheben. Auch der Service kann dadurch vereinfacht werden. Welchen Stellenwert geniesst die Ferndiagnose für Sie, und welches Potential sehen Sie?
AB: Die Ferndiagnose ist für den Service schon heute ein wichtiges Instrument und wird nur noch wichtiger. Viele Interventionen wie das Auslesen oder Nachjustieren von Anlagen können jederzeit von der Service-Zentrale aus erledigt werden. Das Auslesen von Fehlermeldungen und Störungen ermöglicht es dem Servicetechniker, bei Hardwareproblemen direkt mit den richtigen Ersatzteilen anzufahren. Wir entwickeln unsere Service-Organisation in diese Richtung weiter.
RG: «Internet inside» ist seit einigen Jahren Standard für unsere Heizgeräte. Mit unserer Kommunikationsplattform E3 sind wir für heutige und künftige Services und Dienstleistungen bereit. Die Energiewende verlangt nach solchen Lösungen. Energiemanagement ist das grösste Potential für die Zukunft, wir sind dafür bereit.
TR: Das Potential von Ferndiagnosen ist sicherlich gross. Jedoch handelt es sich primär um eine Diagnose. Störungen können damit nur bedingt behoben werden, Interventionen vor Ort werden weiterhin notwendig sein. Zu bedenken sind auch rechtliche Rahmenbedingungen wie die Zugangsberechtigung für das Gerät oder die Erfassung der Daten.