Unbestrittener Fakt ist: In acht von zehn neu gebauten Einfamilienhäusern kommen heute zwecks Wärmeerzeugung Wärmepumpen zum Einsatz. Diese nutzen die Umweltwärme aus der Luft, aus Gewässern oder aus dem Erdreich, sofern das Abteufen von Erdsonden vor Ort möglich ist. «Grosswärmepumpen finden dagegen immer noch zu selten Einsatz, obwohl gerade diese einen grossen Beitrag zur Energiewende leisten könnten», betonte Ständerat Dr. Beat Vonlanthen, Präsident der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS), bei seiner Begrüssung der rund 250 Teilnehmer des Kongresses.
Fehlende finanzielle Anreize
Einleitend zeigte Ernst Müller, Geschäftsführer Verein Infrawatt, den künftigen Wärmebedarf der Schweiz auf. Dieser entfällt zu 35 % auf Einzelgebäude, wobei der Bedarf durch kleine Wärmepumpen abgedeckt werden kann. Rund 40 % beansprucht die Prozesswärme, welche durch Holzheizungen und fossile Energieträger abgedeckt werden und noch sehr begrenzt durch Wärmepumpen. 25 % entfallen auf Wärmeverbünde, welche ein interessantes Einsatzgebiet für Grosswärmepumpen darstellen. Für den bislang noch ungenügenden Einsatz von Grosswärmepumpen macht Müller das billige Heizöl und fehlende finanzielle Anreize verantwortlich. Wärmeverbünde sieht der Experte jedoch zweifelsfrei als Markt für Grosswärmpumpen. Schweizweit sieht er einen künftigen Markt von rund 10 000 Grosswärmepumpen mit je 1 Megawatt Leistung.
Schweizer Rechtsgrundlagen
Für den Betrieb von Grosswärmepumpen sieht Rita Kobler, Fachspezialistin für Erneuerbare Energien beim Bundesamt für Energie (BFE), ein grosses Potenzial zur Nutzung von Grund- und Seewasser. Zuständig für solche Projektentwicklungen sind die Kantone und Gemeinden. Die rechtliche Grundlage dazu bieten gemäss Kobler Art. 74 des Umweltschutz-, Art. 75 des Raumplanungs- und Art. 89 des Energiegesetzes. Die Kompetenzen sind dabei nach dem Subsidiaritätsprinzip auf Bund, Kantone und Gemeinden verteilt. «Aufgrund von Art. 45 des Energiegesetzes könnten schon heute bei Gebäuden grosse Mengen an CO2-Emissionen von fossilen Energieträgern ohne Komforteinbussen substituiert werden», betonte die Fachfrau beim Bund. Sie zeigte zudem eine Reihe von bereits realisierten Projekten in den Kantonen auf.
Eigenverbauchslösungen
Für Tobias Stahel, Geschäftsführer Smart Energy Link AG, ist ein Umdenken im Energiebereich längst überfällig. Für ihn ist die Schweiz im Bereich Gebäude und Verkehr noch immer eine grosse Umweltsünderin und der Klimaschutz hat im Gebäudesektor inzwischen eine hohe Dringlichkeit. «Der Anteil an Ölheizungen ist weiterhin zu hoch. Zudem produzieren die Energieversorger jährlich mehr Kohlendioxid (CO2)», so Stahel. Deshalb gelte es, die Gebäude in Zukunft noch vermehrt als Kraftwerke zu nutzen. Für ihn kommt der Solarstrom-Nutzung durch mehrere Parteien eine wichtige Bedeutung zu. «Dabei ist auch ein Zusammenschluss zum Eigenverbrauch sinnvoll», so der Experte.
Dazu bestünden heute neue Möglichkeiten zur Eigenverbrauchsnutzung in Mehrfamilienhäusern und Arealen. Die Sektorenkopplung biete dabei den Schlüssel zur Energiewende. Die Elektromobilität wirke als Treiber für die Koppelung. Stahel zeigte auf, dass verschiedene Areallösungen bereits realisiert und das Energieerfassungs- und Abrechnungssystem vorhanden sind. Ebenso sind Vertragsgrundlagen für die saubere Darstellung der Rechtsgrundlagen von Verbrauchsgemeinschaften verfügbar.
Breite Anwendungen
Grosse Chancen für den Einsatz von Grosswärmepumpen bei Hotels, Schulhäusern und Altersheimen sieht künftig Simon Galliard, Produktmanager Wärmepumpen bei der Hoval AG. Für ihn steht dabei der Ersatz von fossilen Wärmeerzeugern durch Wärmepumpen im Zentrum der Bemühungen. «Wesentliche Treiber für deren Substitution bilden zum einen die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKen 2014), welche bis 2050 eine Wärmeversorgung zu 100 % ohne fossile Brennstoffe vorsehen. Zum andern gelte es, bis 2030 den Stromverbrauch in der Schweiz um 20 % zu senken», erläuterte Galliard den Kongressbesuchern. Am Beispiel eines Areals mit sechs Mehr- und 12 Einfamilienhäusern zeigte der Fachmann die Wirtschaftlichkeit des kompletten Ersatzes von fossilen Wärmeerzeugern auf. Durch den Ersatz der bisherigen Dreizugkessel (Baujahr 1996) und Brenner konnte der Ölverbrauch von 50 000 Litern pro Jahr substituiert und damit ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz geleistet werden.
Politik ist gefordert
«Für mich als Kongressteilnehmer steht fest, dass Wärmepumpen das Instrument sind, um die Energie- und Klimaziele zu erreichen. Seit heute ist die stets gestellte Frage der Wirtschaftlichkeit obsolet. Vielseitige Lösungen sind heute möglich. Die Politik in den drei Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz muss diese nur noch umsetzen. Dabei müssen sich aber die nationalen Verbände der drei Länder vermehrt mit der Politik auseinandersetzen. Dies unter dem Motto: Wir müssen in Zukunft gross denken, um grosse Lösungen realisieren zu können», so das Fazit von Richard Freimüller, Präsident Wärmepumpen Österreich (WPA), aus insgesamt neun Fachvorträgen.
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