Wärmetechnik

Die Richtlinie SWKI BT102-01 und ihre Anforderungen bleiben eine Herausforderung für Planer, Installateure und Betreiber. Hochpräzise Analyse-Geräte (Bild: Labor Systamic) sind eine Grundvoraussetzung für das Verständnis von wasserchemischen Zusammenhängen und deren Auswirkungen. (Bilder: zVg)

Korrektur beim Umlaufverfahren: Entsalzungen oder Korrekturen können mehr oder weniger automatisiert durchgeführt werden, ohne grosse Präsenzzeiten vor Ort.

Wasserqualität in Heizungs- und Kühlsystemen

Das Thema Wasserqualität in Heizungs- und Kühlsystemen hat sich spätestens mit der Einführung der aktualisierten Richtlinie SWKI BT102-01 im Jahr 2012 quasi zu einem Dauerbrenner entwickelt. Die folgenden Abschnitte beleuchten den Sachverhalt aus der Perspektive eines Praktikers mit langjähriger, einschlägiger Erfahrung auf dem Gebiet des Wassers als Wärme- und/oder Kälteträger-Medium.

Im letzten Abschnitt zum Vorwort der Richtlinie sind Ziel und Zweck festgehalten. Nämlich Hinweise zu geben für die Verhinderung von Steinbildung, Schlammablagerungen, hygienischen Problemen und wasserseitigen Korrosionsschäden. Ohne Zweifel unwidersprochener Qualitätsanspruch in der Branche. Allein, wenn aus einer einfach formulierten Zielsetzung für das “Hinweise geben” ein 67-seitiges Dokument wird, dann liegt die Feststellung nahe, dass die Umsetzung für die Branche eine Herausforderung wird. Das ist, auf den Punkt gebracht, eine Erkenntnis, die sich in den letzten zehn Jahren herauskristallisiert hat!

Dabei zeigt sich, dass unterschiedliche Herausforderungen im Raum stehen. Insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie. Grenzwerte einzelner Parameter sind deshalb bewusst nicht Teil nachstehender Ausführungen.

Knackpunkte …

… beim Füll- und Ergänzungswasser:

Erfahrung bei der Aufbereitung und im Umgang mit vollentsalztem Wasser wird vorausgesetzt;

… beim Umlaufwasser:

Verständnis für den Einfluss der Betriebsbedingungen auf Veränderungen der Wasserqualität ist notwendig, um Ursachen richtig einordnen zu können.

Befüllungen - pH-Wert und Eigenalkalisierung

Die Aufbereitung (Entsalzung des Wassers) erfolgt in der Regel über ein Mischbett-Harz oder mittels einer Umkehr-Osmose-Anlage. Entsalztes Wasser neigt nun aber dazu, aus der Umgebungsluft Kohlendioxid zu lösen, was zur Bildung von Kohlensäure führt und den pH-Wert in einen Bereich <7 drückt.

Insbesondere eisenhaltige Werkstoffe neigen in einem solchen Medium dazu, sich korrosiv zu verhalten. Die chemische Reaktion an sich lässt sich nicht vermeiden. Das Verharren auf zu tiefem Niveau über einen längeren Zeitraum hingegen wohl. Wird eine Anlage während der Befüllung korrekt entlüftet von Sauerstoff, Kohlensäure und Restgasen und unmittelbar danach in Betrieb genommen, dann setzt die oft zitierte Eigenalkalisierung praktisch ohne Ausnahme ein und der pH-Wert bewegt sich selbständig in den gewünschten Bereich >8.2. Die Anlage ist damit vor Korrosion geschützt.

Anders verhält sich der Sachverhalt bei Befüllungen in Etappen. Zwar wird auch hier in der Praxis so gut wie möglich entlüftet. Das Ausdehnungs- und Druckhaltesystem ist aber meistens noch nicht in Betrieb und die Druckverhältnisse sind entsprechend fragil. Die Bedingungen für eine Eigenalkalisierung sind nicht gegeben. Rohrleitungen und insbesondere Speicher werden erhöhter Gefahr von Korrosionsaktivität ausgesetzt. Wird der pH-Wert wie im vorliegenden Fall weiter negativ beeinflusst durch Säure aus der Entwicklung von eisenhaltigen Korrosionsprodukten, ist eine Eigenalkalisierung nach Inbetriebnahme praktisch ausgeschlossen.

Zugabe eines Alkalisierungsmittels

Um zu verhindern, dass entstandener Rost und Magnetit später über die Zirkulation in das System gespült werden, empfiehlt sich in gefährdeten Anlageteilen die unmittelbare Anhebung des pH-Werts durch Zugabe eines Alkalisierungsmittels. Ein Umweg, der sich rechnet. Auf diese Weise können diese Anlageteile über Wochen oder sogar Monate schadlos gehalten werden.

Entsalzung im Umlaufverfahren

Kleinere Systeme und Anlagen also, welche zudem ohne Verzögerung in Betrieb genommen werden, sind im Sinne der klassischen Befüllung einfach zu handhaben. Trotzdem, um die Nachteile der oben erwähnten pH-Wert-Absenkung zu verhindern, wird in der Praxis anstelle der Befüllung mit entsalztem Wasser häufig die (nachträgliche) Entsalzung im Umlaufverfahren eingesetzt. Wie alle Methoden hat auch diese ihre Vor- und Nachteile, wobei erstere mehr ins Gewicht fallen:

Vorteile:

  • Die Anlage kann mit dem vor Ort verfügbaren Netzdruck gespült werden.
  • Nach der Spülung ist die Anlage voll, eine Entleerung und Neubefüllung mit weiterer Zufuhr von Sauerstoff entfällt.
  • Die Entsalzung läuft mehr oder weniger automatisiert ab.

Nachteile:

  • Die Entsalzungsmethode setzt eine Zirkulation in allen Anlageteilen voraus.
  • Allenfalls sind manuelle Eingriffe in das Gebäudeleitsystem erforderlich.

Der Verbrauch an Mischbettharz ist übrigens exakt der gleiche. Unabhängig davon, ob die Anlage mit entsalztem Wasser befüllt oder im Umlaufverfahren behandelt wird!

Anlagen in Betrieb - das Umlaufwasser

Dem Umlaufwasser misst dieser Artikel eine besondere Bedeutung zu. Aus Gründen die im Folgenden erläutert werden.

Wenn eine Anlage in Betrieb ist und die Wasserqualität die Anforderungen der Richtlinie nicht erfüllt, dann kann die Ursache zurückzuführen sein auf Mängel mit Langzeitwirkung bei der Befüllung. Auch wenn das immer wieder vorkommt, die Regel ist es nicht. Die Ursachen für eine Verschlechterung der Wasserqualität sind vielmehr in den Betriebsbedingungen zu suchen.

Allerdings muss man die Symptome überhaupt erst mal ausmachen. Die Bildung von Korrosionsprodukten wie Rost oder Magnetit läuft im Hintergrund versteckt und lautlos ab. Im Gegensatz zum Beispiel zu Luft, die ein wahrnehmbares Geräusch in Rohrleitungen oder Radiatoren verursacht. Entdeckt werden diese Symptome bei Jahreskontrollen zum Beispiel im Rahmen eines Service-Abos oder aber per Zufall. Das Schadenpotential ist oft bereits entsprechend hoch. Anlageteile müssen gespült und/oder Komponenten ersetzt werden.

Eine Korrektur der Wasserqualität wird notwendig, macht aber ohne die Beseitigung der Ursachen wenig Sinn.

Druckhaltung und Zirkulationspumpen

In der Rangliste der wichtigsten Ursachen wiederum steht die Druckhaltung ganz zuoberst, gefolgt von den Zirkulationspumpen. Der Grund dafür ist so einfach wie bedenklich. Die technischen Anforderungen für die korrekte Funktion beider Komponenten werden nicht respektiert. Punkt! Dadurch wird eine Spirale in Gang gesetzt, an deren Ende jene Symptome hängen bleiben, die als mögliche Ursache für eine schlechte Wasserqualität in Frage kommen.

Wie und mit welchen Hilfsmitteln das Umlaufwasser korrigiert werden kann, hängt ab vom jeweiligen Anwendungsfall und fusst auf vorhandener Erfahrung. Häufig zur Anwendung kommt eine:

  • Entleerung und Neubefüllung
  • Korrektur mittels Querspülung
  • Korrektur im Umlaufverfahren (vergleichbar mit jener der Befüllung).

Routinemässig geprüft (und ggf. angepasst) werden sollte überdies in allen Fällen der Vordruck im leeren Ausdehnungs- und Druckhaltegefäss sowie die Einstellungen der Zirkulationspumpe.

Werden die Betriebsbedingungen konsequent eingehalten, sind auch die Voraussetzungen für die geforderte Wasserqualität erfüllt. Es zeigt sich, dass im vorliegenden Kontext Erklärungen für Ursachen an der Richtlinie hängen bleiben, die überhaupt nichts mit ihr zu tun haben.

Und es lässt sich nicht wegdiskutieren: Die Richtlinie und ihre Anforderungen bleiben eine Herausforderung für Planer, Installateure und Betreiber. Aber nicht mehr und auch nicht weniger.

Ein abschliessendes Thema - Wer viel misst, misst M…

Wer kennt sie nicht: Die Messkoffer in den Autos der Service-Monteure. Fragt man den einen oder anderen, wie sicher er sich fühlt bei seinen Messungen …. - die Antworten sind ernüchternd. Und das aus gutem Grund. Viele pH- und Leitfähigkeits-Messgeräte sind schlecht oder nicht kalibriert. Das ist nichts weniger als ein Blindflug, und führt Messungen ad absurdum.

Messgeräte sollten im Idealfall vor jeder Anwendung kalibriert werden. Diesen Idealfall gibt es aber nicht. Im Wissen darum: eine regelmässige Kalibrierung alle 2 bis 3 Wochen wäre bereits ein grosser Schritt in die richtige Richtung.